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Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Titel: Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Panov
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vorbereitet.«
    »Das war voreilig. Der Grüne Hof wird in nächster Zeit gewiss keine ernsthaften Kriegshandlungen vom Zaun brechen. Ich erwarte die Barone heute Abend im Palast. Ich hoffe, dass wir dann im Großen Königsrat gemeinsam eine Strategie für die Zukunft des Herrscherhauses Lud festlegen werden.«
    »Jawohl, Eure Majestät.«
    Die Priesterinnen neigten die Köpfe. Wseslawa war nun wieder die unumstrittene Herrscherin des Grünen Hofs.
    »Ich erwarte euch um Mitternacht. Zusammen mit den Baronen.«
    Als sie wieder allein war, trat Wseslawa vor einen großen Wandspiegel, nahm das Seidentuch ab, mit dem er verhüllt war, und betrachtete sich zufrieden. Die tiefen, vertikalen Furchen in der Stirn, die grauen Augenringe, die Sorgenfalten – nicht umsonst hatten ihre Visagisten mehrere Stunden daran gearbeitet, ihr eine Maske des Grams anzulegen. Bestimmt hat es den Priesterinnen gefallen, dachte sie, wie die schlimme Neuigkeit ihre sonst so strahlende Königin mitgenommen hat.
    Vor den Baronen würde sie indes ganz anders auftreten, nicht gramgebeugt, sondern selbstsicher und verehrungswürdig. Keinen Augenblick durften die Barone an der Autorität ihrer Königin zweifeln, besonders jetzt, da ihre Schicksale wieder aufs Engste verknüpft waren.
    Die Miene der jungen Frau verfinsterte sich. Das Wichtigste stand erst noch bevor.

    Sie trat an den Totenschrein heran, zog ein kleines Kristallfläschchen aus den Falten ihres Kleides hervor und hielt es dem Jungen unter die Nase. Im Saal breitete sich ein stechend-würziger Geruch aus. Das leblose Gesicht des Boten bekam allmählich eine rosige Farbe, seine Halsschlagader begann zu pulsieren und seine schmalen Lippen zuckten. Lubomirs Herz hatte wieder zu schlagen begonnen.
    Welch gewaltige Kräfte müssen in dir schlummern, dachte Wseslawa, während sie den rasch zum Leben erwachenden Boten betrachtete. Selbst die Priesterinnen des Grünen Hofs hast du mühelos getäuscht. In diesem Moment beschlich sie ein Anflug von Selbstzweifel: Würde sie es tatsächlich schaffen …?
    Der Junge stöhnte und öffnete die Augen. Wseslawa verdrängte ihre Bedenken und nahm sich zusammen. Sie schraubte den goldenen Deckel des Fläschchens zu und steckte es weg. Dann beugte sie sich über den Jungen.
    »Wie fühlst du dich?«
    »Bestens«, erwiderte Lubomir lächelnd, setzte sich auf und sah sich um. »Sind sie weg?«
    »Ja.«
    »Gut.«
    Behände kletterte er aus dem Schrein, doch als er auf den Beinen stand, begann er zu taumeln. Die Königin musste ihn stützen. Das Schauspiel hatte den Boten augenscheinlich viel Kraft gekostet. Immer noch auf Wseslawa gestützt, betrachtete er verwundert seine zitternden Hände.
    »Hätten wir uns das nicht sparen können?«, nölte er.

    »Nein«, widersprach die Königin entschieden. »Die Priesterinnen und Barone des Grünen Hofs müssen davon überzeugt sein, dass du tot bist. Wir haben das doch besprochen.«
    »Aber wenn es unter ihnen doch welche gibt, die mir feindlich gesinnt sind, warum töten wir sie dann nicht?«
    »Weil der Bote gekommen ist, um das Herrscherhaus zu einen und nicht, um Fehden auszutragen«, erwiderte Wseslawa schroff.
    Diesen einfachen Gedanken hatte sie dem Jungen so oft eingebläut, dass sie inzwischen selbst daran glaubte. Doch der Jungspund war stur.
    »In zwei oder drei Jahren wirst du unbesiegbar sein, dann inszenieren wir deine triumphale Rückkehr. Du wirst den Thron besteigen und niemand wird es wagen, sich dir zu widersetzen.«
    »Ja, ich werde meinen Thron besteigen«, bekräftigte der Junge. »Er steht mir zu.«
    »Ganz recht, mein kleiner Prinz.« Die Königin neigte den Kopf.
    »Trotzdem verstehe ich nicht, warum jemand etwas dagegen haben sollte, dass ich König werde«, sagte Lubomir und machte einen kindlichen Schmollmund. »Von meiner Herrschaft würde doch der gesamte Grüne Hof profitieren.«
    »Weißt du, mein kleiner Prinz«, antwortete Wseslawa und überlegte sich dabei jedes Wort ganz genau. »Dein Erscheinen stellt eine Bedrohung für das bestehende Machtsystem dar.«

    »Für die Macht der Königin?«, fragte Lubomir ungeniert.
    Kluges Kind, dachte Wseslawa innerlich kochend und schüttelte gleichzeitig souverän den Kopf.
    »Für die Macht der Priesterinnen. Die absolute Monarchie im Grünen Hof ist ein Mythos. Die meisten Entscheidungen kann ich nur mit Zustimmung der Priesterinnen treffen und innerhalb der Domänen machen sie ohnehin, was sie wollen.« Die Königin seufzte. »Mit

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