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Die verborgene Wirklichkeit

Die verborgene Wirklichkeit

Titel: Die verborgene Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Greene
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Oberfläche einer Raumregion ungeheuer gewaltig. Ein Stapel aus fünf handelsüblichen 1-Terabyte-Festplatten passt bequem in eine Kugel mit einem Radius von 50 Zentimetern, deren Oberfläche sich in ungefähr 10 70 Planck-Zellen gliedert. Eine solche Oberfläche hat demnach eine Speicherkapazität von rund 10 70 Bit, das sind eine Milliarde Billionen Billionen Billionen Billionen Terabyte und damit ungeheuer viel mehr als alles, was man heutzutage an Speicherplatz kaufen kann. Solche theoretischen Beschränkungen bereiten niemandem im Silicon Valley auch nur die geringsten Sorgen.
    Als Leitfaden für die Funktionsweise des Universums dagegen sind solche Speicherbegrenzungen aufschlussreich. Stellen wir uns einmal eine Raumregion vor, beispielsweise das Zimmer, in dem ich schreibe, oder das Zimmer, in dem Sie lesen. Nehmen wir eine Wheelersche Perspektive ein und stellen wir uns vor, dass alles, was in dieser Region geschieht, Informationsverarbeitung ist – Information darüber, wie die Dinge jetzt sind, wird durch die Gesetze der Physik in Information darüber umgesetzt, wie sie in einer Sekunde, einer Minute oder einer Stunde sein werden. Da die physikalischen Prozesse, die wir miterleben, ebenso wie jene, denen wir unterliegen, anscheinend in dieser Region stattfinden, ist es eine natürliche Erwartung, dass die in diesen Prozessen enthaltene Information sich ebenfalls in der Region befindet. Die zuvor abgeleiteten Befunde legen jedoch eine andere Sichtweise nahe. Im Kontext mit den Schwarzen Löchern haben wir erfahren, dass der Zusammenhang zwischen Information und Oberfläche über die rein zahlenmäßige Bilanz hinausgeht; die Information wird auch in einem konkreten Sinn auf der Oberfläche gespeichert. Susskind und ’t Hooft wiesen darauf hin, dass es sich dabei um eine allgemeine Erkenntnis handeln dürfte: Da die Information, die zur Beschreibung der physikalischen Phänomene in einer beliebigen Raumregion notwendig ist, vollständig durch Daten codiert werden kann, die sich auf der diese Region umschließenden Oberfläche befinden, besteht Grund zu der Annahme, dass auch die grundlegenden physikalischen Prozesse in Wirklichkeit auf der Oberfläche stattfinden. Unsere vertraute dreidimensionale Realität, so die Vermutung dieser kühnen Denker, wäre dann etwas Ähnliches wie die holographische Projektion der weit entfernten, zweidimensionalen physikalischen Prozesse.

    Wenn dieser Gedankengang stimmt, spielen sich physikalische Prozesse an einer weit entfernten Oberfläche ab, die ganz ähnlich wie ein Fäden ziehender Puppenspieler vollständig mit den Prozessen gekoppelt sind, die in meinen Fingern, meinen Armen und meinem Gehirn ablaufen, während ich an meinem Schreibtisch diese Worte tippe. Unsere Erfahrungen hier und die weit entfernte Realität dort würden die am stärksten verflochtenen Parallelwelten bilden. Phänomene in diesen beiden Welten – ich bezeichne sie als holographische Paralleluniversen  – wären so vollständig verknüpft, dass ihre jeweiligen Entwicklungen ebenso verbunden sind wie mein Schatten und ich.
    Das Kleingedruckte
    Dass unsere vertraute Realität ein Spiegelbild oder vielleicht sogar ein Produkt von Phänomenen sein könnte, die an einer weit entfernten Oberfläche mit weniger Dimensionen ablaufen, ist eine der überraschendsten Erkenntnisse der gesamten theoretischen Physik. Aber wie sicher können wir sein, dass das holographische Prinzip richtig ist? Wir manövrieren hier tief im theoretischen Gelände und greifen fast ausschließlich auf Überlegungen zurück, die nicht experimentell überprüft sind; es besteht also sicherlich Anlass zur Skepsis. Die Argumentation könnte an vielen Stellen in die Irre gehen. Haben Schwarze Löcher tatsächlich eine Entropie und Temperatur, die ungleich null sind, und wenn ja, entsprechen die Werte den theoretischen Vorhersagen? Hängt die Speicherkapazität einer Raumregion tatsächlich davon ab, wie viel Information auf der sie umgebenden Oberfläche gespeichert werden kann? Und ist ein Bit je Planck-Fläche auf einer solchen Oberfläche tatsächlich die Obergrenze? Nach unserem derzeitigen Wissensstand kann man alle diese Fragen bejahen, weil die Schlussfolgerungen hervorragend in das zusammenhängende, widerspruchsfreie, sorgfältig aufgebaute theoretische Gebäude passen. Aber da keine dieser Ideen bisher dem kritisch-prüfenden Blick der experimentellen Wissenschaft unterworfen wurde, ist es sicher möglich (in meinen

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