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Die verborgene Wirklichkeit

Die verborgene Wirklichkeit

Titel: Die verborgene Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Greene
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großes Plus: Wie
wir erfahren haben, ist der Versuch, die Allgemeine Relativitätstheorie unmittelbar mit der Quantenfeldtheorie zu verbinden, ähnlich brisant wie das Entzünden eines Lagerfeuers in einer Schießpulverfabrik. Wie wir jetzt wissen, erzeugt diese mathematisch angenehme, gravitationslose Quantenfeldtheorie holographisch eine Stringtheorie, das heißt eine Theorie, die auch die Gravitation einschließt. Obwohl diese Quantenfeldtheorie weit weg auf der Randfläche eines Universums mit der besonderen, in Abbildung 9.5 schematisch dargestellten Form »lebt«, schließt sie auf irgendeine Weise alle physikalischen Merkmale, Prozesse und Wechselwirkungen von Strings ein, die sich im Innenraum bewegen – eine Verknüpfung, die durch das Wörterbuch zur Übersetzung von Phänomenen zwischen den beiden deutlich wird. Und da wir für die Quantenfeldtheorie der Randfläche über eine gut begründete mathematische Definition verfügen, können wir sie – zumindest für Strings, die sich innerhalb einer Raumzeit mit dieser speziellen Form bewegen – als mathematische Definition der Stringtheorie nutzen . Möglicherweise sind die holographischen Paralleluniversen also mehr als nur ein potenzieller Ausfluss grundlegender Gesetze; sie könnten auch ein Teil der Definition dieser grundlegenden Gesetze selbst sein. 18
    Bei der Vorstellung der Stringtheorie in Kapitel 4 habe ich angemerkt, dass sie in ein altehrwürdiges Muster passt: Sie liefert eine neue Herangehensweise an die Naturgesetze, ohne die früheren Theorien dabei außen vor zu lassen. Die hier beschriebenen Befunde heben diese Beobachtung auf eine ganz neue Ebene. Die Stringtheorie reduziert sich nicht nur unter bestimmten Voraussetzungen auf die Quantenfeldtheorie, sondern Maldacenas Befunde legen sogar die Vermutung nahe, dass Stringtheorie und Quantenfeldtheorie gleichwertige, in unterschiedlichen Sprachen ausgedrückte Ansätze sind. Die Übersetzung zwischen ihnen ist kompliziert, und deshalb dauerte es mehr als vierzig Jahre, bis die Verbindung ans Licht kam. Aber wenn Maldacenas Überlegungen in vollem Umfang zutreffen, worauf alle verfügbaren Indizien hindeuten, könnten Stringtheorie und Quantenfeldtheorie durchaus zwei Seiten derselben Medaille sein.
    Physiker geben sich große Mühe, die Methoden so zu verallgemeinern, dass man sie auf ein Universum mit jeder beliebigen Form anwenden kann; wenn die Stringtheorie Recht hat, würde das auch unser Universum einschließen. Aber trotz der derzeitigen Einschränkungen stellt die Tatsache, dass wir endlich eine feste Formulierung für eine Theorie besitzen, an der wir über viele Jahre gearbeitet haben, eine wesentliche Grundlage für zukünftige Fortschritte dar. Das reicht sicher aus, um so manchen Physiker zum Singen und Tanzen zu bringen.

KAPITEL 10
Universen, Computer und mathematische Wirklichkeit: Simulierte und letztmögliche Multiversen
    Die Paralleluniversums-Theorien, die wir in den vorangegangenen Kapiteln betrachtet haben, waren das Produkt mathematischer Gesetze, die von Physikern auf ihrer Suche nach der grundlegenden Funktionsweise der Natur entwickelt wurden. Über die Glaubwürdigkeit der jeweiligen Gesetzmäßigkeiten gehen die Meinungen auseinander – die Quantenmechanik gilt als anerkannte Tatsache, die Inflationsmodelle werden durch bestimmte Beobachtungen gestützt, die Stringtheorie ist zutiefst spekulativ. Auch was das Wesen und die logische Notwendigkeit der Parallelwelten angeht, die sich mit den einzelnen Theorien verbinden, gibt es beachtliche Unterschiede. Klar ist allerdings auch: Wann immer wir uns von den mathematischen Grundlagen der wichtigsten vorgeschlagenen physikalischen Gesetze leiten lassen, stoßen wir auf irgendeine Form von Parallelwelten.
    Jetzt aber wechseln wir den Kurs. Was geschieht, wenn wir selbst die Führung übernehmen? Können wir Menschen die kosmischen Abläufe manipulieren und selbst willentlich Paralleluniversen schaffen? Wer wie ich glaubt, dass das Verhalten allen Lebens von den Naturgesetzen bestimmt wird, sieht darin vielleicht keinen Kurswechsel, sondern nur eine Einengung der Sichtweise darauf, welche Auswirkungen die physikalischen Gesetze haben, wenn der Mensch sie sich zunutze macht. Mit solchen Gedankengängen stößt man sehr schnell auf heikle Fragen, beispielsweise auf die uralte Debatte um Determinismus und freien Willen, doch diese Richtung möchte ich jetzt nicht einschlagen. Mir geht es vielmehr um folgende Frage:

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