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Die verborgene Wirklichkeit

Die verborgene Wirklichkeit

Titel: Die verborgene Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Greene
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beispielsweise eines Donuts, eines Balls oder eines Eisblocks, können wir leicht ermitteln: Wir nehmen ihn in die Hand und drehen ihn hin und her. Die Schwierigkeit besteht darin, dass wir so mit dem Universum nicht verfahren können, das heißt, wir müssen seine Form mit indirekten Methoden herausfinden. Eine mathematische Vorgehensweise bieten die Gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie. Sie zeigen, dass die Krümmung des Raumes sich auf eine einzige beobachtbare Größe zurückführen lässt: auf die Dichte der Materie (genauer gesagt, die Dichte von Materie und Energie) im Raum. Ist hinreichend viel Materie vorhanden, dann sorgt die Gravitation dafür, dass sich der Raum in sich selbst zurückkrümmt, so dass sich eine Kugelform ergibt. Bei wenig Materie steht es dem Raum frei, sich in der Form des Pringles-Chips nach außen auszudehnen. Und wenn genau die richtige Menge an Materie vorhanden ist, hat der Raum die Krümmung null. b

    Die Gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie liefern auch eine genaue zahlenmäßige Abgrenzung zwischen den drei Möglichkeiten. Wie man aus den mathematischen Berechnungen entnehmen kann, liegt »genau die richtige Materiemenge«, die sogenannte kritische Dichte, heute bei rund 2 × 10 – 29 Gramm pro Kubikzentimeter, das entspricht ungefähr sechs Wasserstoffatomen pro Kubikmeter oder, um vertrautere Begriffe zu gebrauchen, einem einzigen Regentropfen in einem Volumen von der Größe der Erde. 11 Wenn man sich umsieht, könnte man den Eindruck bekommen, als würde das Universum oberhalb der kritischen Dichte liegen, aber das wäre ein voreiliger Schluss. Die mathematische Berechnung der kritischen Dichte geht davon aus, dass die Materie gleichmäßig im Raum verteilt ist. Man muss sich also vorstellen, dass Erde, Mond, Sonne und alles andere auseinandergenommen werden und ihre Atome sich gleichmäßig im Kosmos verteilen. Dann stellt sich die Frage, ob jeder Kubikmeter mehr oder weniger wiegen würde als sechs Wasserstoffatome.
    Da sich aus der durchschnittlichen Dichte der Materie im Universum so wichtige kosmologische Folgerungen ergeben, bemühen sich die Astronomen schon seit Jahrzehnten, sie zu messen. Dazu bedienen sie sich einer einfachen Methode. Mit leistungsfähigen Teleskopen beobachten sie eingehend große Volumina des Raumes und addieren die Masse der Sterne, die sie sehen können, sowie die Masse der übrigen Materie, auf deren Gegenwart man durch Analyse der Bewegungen von Sternen und Galaxien schließen kann. Bis vor Kurzem deuteten die Beobachtungen darauf hin, dass die durchschnittliche Dichte niedrig ist und nur rund 27 Prozent der kritischen Dichte beträgt. Das wären etwa zwei Wasserstoffatome in jedem Kubikmeter, und dieser Wert würde auf ein negativ gekrümmtes Universum schließen lassen.
    Ende der neunziger Jahre jedoch geschah etwas Außergewöhnliches. Durch einige großartige Beobachtungen und einen Gedankengang, den wir in Kapitel 6 genauer betrachten werden, gelangten die Astronomen zu der Erkenntnis, dass sie in der Bilanz einen entscheidenden Bestandteil außer Acht gelassen hatten: eine diffuse Energie, die offenbar gleichmäßig im Raum verteilt ist. Dieser Befund war für fast alle ein Schock. Eine Energie, die den Raum durchdringt? Das hört sich nach der kosmologischen Konstante an, die Einstein, wie wir erfahren haben, acht Jahrzehnte zuvor zunächst eingeführt und dann wieder zurückgezogen hatte. War die kosmologische Konstante durch moderne Beobachtungen wieder auferstanden?
    Mit Sicherheit können wir das bis heute nicht sagen. Selbst jetzt, etwas mehr als ein Jahrzehnt nach den ersten Beobachtungen, haben die Astronomen noch nicht eindeutig nachgewiesen, ob die Energie konstant ist oder ob ihre
Menge in einer bestimmten Raumregion sich im Laufe der Zeit verändert. Eine kosmologische Konstante wäre, wie der Name schon sagt (und wie man auch aus ihrer mathematischen Darstellung als einzelne, festgelegte Zahl in der Steuererklärung der Allgemeinen Relativitätstheorie ableiten kann) unveränderlich. Um die allgemeinere Möglichkeit zu berücksichtigen, dass die Energiedichte eine Entwicklung durchmacht, und auch um deutlich zu machen, dass diese Energie kein Licht abgibt (was die Erklärung dafür ist, dass sie dem Nachweis solange entging), haben die Astronomen einen neuen Begriff geprägt: Dunkle Energie . »Dunkel« sind bislang auch unsere Erkenntnisse auf diesem Gebiet. Die Entstehung, die grundlegende

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