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Die verborgene Wirklichkeit

Die verborgene Wirklichkeit

Titel: Die verborgene Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Greene
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Teilchen der Materie (genauer gesagt, der Materie und alle Formen von Energie) nur in einer endlichen Zahl unterschiedlicher Konfigurationen anordnen. Entsprechend den Gedankengängen, die wir am Beispiel von Imelda und Randy eingeübt haben, müssen sich also die Bedingungen in der unendlichen Zahl weit voneinander entfernter Flicken – in Raumregionen wie der, die wir bewohnen, die sich aber in einem grenzenlosen Kosmos verteilen – zwangsläufig wiederholen .
    Endliche Möglichkeiten
    Stellen wir uns einmal eine warme Nacht im Sommer vor. In unserem Schlafzimmer summt eine lästige Fliege. Wir haben es mit der Fliegenklatsche versucht, und wir haben es mit dem Insektenspray versucht. Nichts hat geholfen. In unserer Verzweiflung versuchen wir es mit Vernunft. »Das ist doch hier ein großes Schlafzimmer«, sagen wir zu der Fliege. »Du könntest an so vielen anderen Stellen sein. Es besteht doch keinerlei Grund, ausgerechnet um mein Ohr herumzusummen.« »Wirklich?«, entgegnet die Fliege listig. »Wie viele andere Stellen gibt es denn?«

    In einem klassischen Universum lautet die Antwort: »unendlich viele«. Wie wir der Fliege erklären, könnte sie (oder, genauer gesagt, ihr Schwerpunkt) sich drei Meter nach links, zweieinhalb Meter nach rechts, oder 2,236 Meter nach oben oder 1,195825 Meter nach unten bewegen, oder, oder, oder … Da die Position der Fliege sich kontinuierlich verändern kann, kann sie sich an unendlich vielen Orten aufhalten. Und während wir all das der Fliege erklären, wird uns sogar klar, dass die Fliege nicht nur im Hinblick auf die Position eine unendliche Vielfalt zur Auswahl hat, sondern auch was die Geschwindigkeit angeht. Sie kann im einen Augenblick hier sein und mit einer Geschwindigkeit von einem Kilometer pro Stunde nach rechts fliegen. Oder sie fliegt mit einem halben Kilometer pro Stunde nach links oder mit einem Viertelkilometer pro Stunde aufwärts, oder mit 0,349283 Kilometern pro Stunde abwärts und so weiter. Die Geschwindigkeit der Fliege wird zwar durch verschiedene Faktoren eingeschränkt (unter anderem durch die begrenzte Energie, die ihr zur Verfügung steht – je schneller sie fliegt, desto mehr Energie muss sie aufwenden), sie kann aber in dem ihr gesteckten Rahmen beliebige Zwischenwerte annehmen und bildet damit eine weitere Quelle unendlicher Vielfalt.
    Die Fliege ist noch nicht überzeugt. »Wenn du davon redest, dass ich mich um einen Zentimeter, einen halben Zentimeter oder auch einen Viertelzentimeter bewegen soll, stimme ich dir zu«, erwidert sie. »Aber wenn du von Stellen redest, die sich um einen Zehntausendstel- oder Hunderttausendstelzentimeter oder noch weniger unterscheiden, kann ich dir nicht mehr folgen. Für einen Haarspalter sind das vielleicht verschiedene Stellen, aber zu behaupten, Hier und einen Milliardstelzentimeter links von Hier seien wirklich zwei verschiedene Dinge, widerspricht der Erfahrung. Eine solche winzige Positionsveränderung spüre ich nicht, und deshalb sind das für mich auch keine unterschiedlichen Stellen. Für die Geschwindigkeit gilt das Gleiche. Den Unterschied zwischen einem Kilometer pro Stunde und der Hälfte davon merke ich. Aber der Unterschied zwischen 0,25 und 0,249999999 Kilometern pro Stunde? Ich bitte dich. Nur jemand mit einem Fliegengehirn würde behaupten, dass man diesen Unterschied bemerken könne. In Wirklichkeit kann das niemand. Für mich ist beides die gleiche Geschwindigkeit. In Wirklichkeit steht viel weniger Vielfalt zur Verfügung, als du mir weismachen willst.«
    Damit hat die Fliege ein wichtiges Thema angesprochen. Im Prinzip kann sie eine unendliche Vielfalt von Positionen besetzen und sich mit einer unendlichen Vielfalt von Geschwindigkeiten bewegen. Unter praktischen Gesichtspunkten gibt es aber für feine Unterschiede in Position und Geschwindigkeit eine Grenze, unterhalb derer man sie nicht mehr bemerkt. Das gilt selbst dann,
wenn die Fliege sich der bestmöglichen Ausrüstung bedient. Für die Unterschiede in Position oder Geschwindigkeit, die man noch wahrnehmen kann, gibt es immer eine Untergrenze. Und ganz gleich, wie klein diese kleinstmögliche wahrnehmbare Veränderung ist: Solange sie nicht null beträgt, schränkt sie das Spektrum der möglichen Erfahrungen radikal ein.
    Angenommen, die kleinste nachweisbare Positionsveränderung liege bei einem Hundertstelzentimeter. Dann bietet ein Zentimeter keinen Platz für eine unendliche Zahl nachweisbar unterschiedlicher Positionen

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