Die verborgene Wirklichkeit
Einsteins allgemeiner relativistischer Beschreibung des Gravitationsfeldes bedienten, führten zu widersprüchlichen Ergebnissen, die sich letztlich zu mathematischem Unsinn summierten. So erfolgreich die Allgemeine Relativitätstheorie und die Quantenmechanik in ihren jeweiligen Bereichen des Allergrößten und des Allerkleinsten auch waren, die unsinnigen Ergebnisse aller Versuche, sie zu vereinheitlichen, sprachen für einen tiefen Riss in unserem Verständnis der Naturgesetze. Wenn die Gesetze, die man kennt, sich als wechselseitig unverträglich erweisen, sind die Gesetze, die man kennt, ganz offensichtlich nicht die richtigen. War die Vereinheitlichung zuvor ein ästhetisches Ziel gewesen, so verwandelte sie sich jetzt in eine logische Zwangsläufigkeit.
Die nächste entscheidende Entwicklung setzte Mitte der achtziger Jahre ein. Damals fesselte ein neuer Ansatz, Superstringtheorie genannt, weltweit die Aufmerksamkeit der Physiker. Sie entschärfte die Unvereinbarkeit von Allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenmechanik, und damit wuchsen die Hoffnungen, dass man auch die Gravitation unter das einheitliche Dach der Quantenmechanik würde holen können. Das Zeitalter der Superstring-Vereinheitlichung war angebrochen. Die Forschung machte schnelle Fortschritte, und in den Fachzeitschriften wurden Tausende von Seiten mit Berechnungen gefüllt, die verschiedene Aspekte des Ansatzes ausleuchteten und das Fundament für eine systematische Formulierung legten. Eine beeindruckende, raffinierte mathematische Struktur kristallisierte sich heraus, dennoch blieb vieles an der Superstringtheorie (oder kurz Stringtheorie ) rätselhaft. 3
Mitte der neunziger Jahre landeten Theoretiker, die diese Rätsel lösen wollten, mit der Stringtheorie unverhofft mitten im Territorium der Multiversumsmodelle. Wie man schon seit Langem wusste, greifen die mathematischen Methoden, mit denen man die Stringtheorie analysiert, auf verschiedene Näherungen zurück, und damit waren sie nun reif für eine Verfeinerung. Als man einige derartige Verfeinerungen weiterentwickelte, wurde den Wissenschaftlern klar, dass die Mathematik ziemlich direkt nahelegt, dass unser Universum Teil eines Multiversums ist. Die mathematischen Berechnungen der Stringtheorie
ließen sogar nicht nur auf ein Multiversum schließen, sondern boten gleich eine ganze Reihe verschiedenartiger Multiversen an, zu denen wir gehören könnten.
Wenn wir diese faszinierenden, umstrittenen Entwicklungen verstehen und ihre Bedeutung für unsere Suche nach den grundlegenden Gesetzen des Kosmos richtig einschätzen wollen, müssen wir einen Schritt zurücktreten und zunächst den aktuellen Stand der Stringtheorie betrachten.
Noch einmal Quantenfelder
Werfen wir zunächst einmal einen genaueren Blick auf den traditionellen, höchst erfolgreichen Rahmen der Quantenfeldtheorie. Damit bereiten wir uns auf die Erörterung der Vereinheitlichung im Rahmen der Stringtheorie vor, und wir lernen außerdem einige wichtige Zusammenhänge zwischen diesen beiden Ansätzen zur Formulierung der Naturgesetze kennen.
Wie wir in Kapitel 3 erfahren haben, beschreibt die klassische Physik ein Feld als eine Art Nebel, der eine Region des Raumes erfüllt und Störungen in Form von Kräuselungen und Wellen transportieren kann. Sollte Maxwell beispielsweise das Licht beschreiben, das jetzt diesen Text beleuchtet, so würde er begeistert von elektromagnetischen Wellen schwärmen, die von der Sonne oder einer Lampe in der Nähe produziert werden und auf ihrem Weg zu der gedruckten Seite durch den Raum schwingen. Er würde die Bewegung der Wellen mathematisch beschreiben, wobei er Stärke und Richtung des Feldes für jeden Punkt im Raum durch Zahlen charakterisieren würde. Ein schwingendes Feld entspricht rhythmisch größer und kleiner werdenden Zahlenwerten des Feldes an jedem einzelnen Ort im Raum.
Wenn wir die Quantenmechanik auf den Begriff des Feldes anwenden, gelangen wir zur Quantenfeldtheorie, die durch zwei wesentliche neue Merkmale gekennzeichnet ist. Beide sind uns bereits begegnet, aber es lohnt sich, die Erinnerung noch einmal aufzufrischen. Erstens führt die Unschärferelation dazu, dass der Wert eines Feldes an jedem Punkt im Raum nach dem Zufallsprinzip fluktuiert – denken wir nur an das fluktuierende Inflatonfeld aus den Inflationsmodellen. Und zweitens besagt die Quantenmechanik, dass ein Feld aus infinitesimal kleinen Teilchen besteht, den Feldquanten , ähnlich wie Wasser aus
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