Die Verborgenen
Deutscher durch und durch, auch wenn wir schon seit drei Generationen im Land sind. Übrigens, du Sensibelchen, ich habe von deinem großen Buddha-Bauch gesprochen, nicht von deinen Schlitzaugen.«
» Schlitzaugen? Oh, das ist politisch natürlich sehr viel korrekter«, sagte Pookie. »Außerdem bin ich nicht dick. Ich habe nur starke Knochen.«
»Ich erinnere mich noch daran, wie es war, als du diesen Mantel gekauft hast«, sagte Bryan. »Vor vier Jahren. Damals konntest du ihn zuknöpfen. Kannst du das jetzt immer noch?«
Pookie bog nach Süden auf die Van Ness Avenue ein und wechselte zweimal grundlos die Fahrspur. Automatisch drückte Bryan seine Füße gegen den Boden und hielt sich am Innengriff der Tür fest. Er hörte Hupen und quietschende Reifen, als andere Fahrer plötzlich auf die Bremse traten.
»Wir Leute aus Chicago essen gern«, sagte Pookie. »Ihr habt Tofu und Bohnensprossen, mein junger Kalifornier. Ich bleibe bei meinen Bratwürsten und meinen süßen Teilchen, besonders den Bärentatzen. Außerdem lieben die Damen meinen Bauch. Deshalb bist du in unserer Cop-Serie der vor sich hinbrütende, unverstandene, knallharte Rebell und ich der gut aussehende Ermittler, der die Bräute abbekommt. Wenn wir das Ganze mal aus allgemeinerer Perspektive betrachten und uns fragen, was wirklich heiß ist und was nicht, dann stehe ich etwa neunhundert Stufen über dir.«
»Das sind verdammt viele Stufen.«
Pookie nickte. »Eindeutig.«
»Wie läuft’s mit dem Drehbuch?«
Pookies jüngstes Hobby bestand darin, etwas zu schreiben, das er eine Serienbibel für eine Polizeiserie nannte. Er hatte noch nie im Leben auch nur einen Tag vor einer Kamera gestanden und hatte keinerlei Beziehungen zu Leuten im Showbusiness, aber das konnte ihn nicht aufhalten. Er stürzte sich auf alles im Leben wie auf ein reichhaltiges Büfett.
Pookie zuckte mit den Schultern. »Es geht so. Ich hatte gedacht, eine Cop-Serie würde sich von selbst schreiben, und jetzt geht das doch nicht so einfach. Aber mach dir keine Sorgen. Bald habe ich mir das Material zurechtgeknetet. Wie deine Mutter.«
»Hast du schon einen Namen für die Serie?«
»Ja. Hör dir das an. Mitternachtsschild. Wie liegt dir das im Mund?«
»Wie schlechtes Sushi«, sagte Bryan. »Mitternachtsschild?«
»Ja. Denn die Figuren sind Cops wie wir. Sie haben die Nachtschicht, und sie schützen …«
»Ich habe das Wortspiel kapiert, Pooks. Es ist nicht so, dass ich den Titel nicht verstehen würde. Er ist nur einfach Scheiße.«
»Verdammt, was verstehst du schon von Entertainment?«
Pookie riss das Steuer herum, um einen Prius auszubremsen. Wahrscheinlich tat er das mit Absicht, denn er war kein Fan von grüner Energie, grüner Technik oder anderen grünen Dingen, es sei denn, sie waren aus Papier und zeigten einen toten Präsidenten.
»Pooks, hat dir schon mal jemand gesagt, dass du fährst wie ein Scheißhaufen?«
»Kann sein, dass ich das schon ein-, zweimal gehört habe, Bri-Bri, obwohl ich immer dachte, dass Fäkalien einen Führerschein weder beantragen noch die notwendige Prüfung bestehen können.« Er beschleunigte und rauschte unter einer gelben Ampel hindurch, die gerade auf Rot schaltete. »Sei unbesorgt. Gott liebt mich.«
»Dein imaginärer Daddy im Himmel sorgt dafür, dass du nicht zu Schaden kommst?«
»Natürlich«, sagte Pookie. »Ich bin einer der Auserwählten. Ich kann allerdings nicht sagen, was mit dir passieren wird, wenn wir einen Unfall haben. Auf der Tabelle mit den Wundern steht ihr Atheisten ein bisschen weiter unten.«
Pookie fuhr unerwartet langsamer und bog nach links in die O’Farrell Street ein. Eigentlich sollten die beiden ihren Tag im Polizeihauptquartier in der Bryant Street 850 beginnen, doch dazu hätten sie noch vier Blocks auf der Van Ness bleiben müssen.
»Wo fahren wir hin?«
»Jemand hat heute Morgen eine Leiche gefunden«, sagte Pookie. »Fünf-siebenunddreißig Jones Street. Scheint eine große Sache zu sein. Sagt dir der Name Paul Maloney etwas?«
»Irgendwas klingelt, aber ich weiß nicht, wo ich ihn unterbringen soll.«
»Und Pater Paul Maloney?«
»Oh, verdammt. Der Typ, der Kinder belästigt hat.«
Pookie nickte. »Dass er sie belästigt hat, ist allerdings eine zu harmlose Beschreibung für ihn. Oder wäre eine zu harmlose Beschreibung gewesen, sollte ich vielleicht sagen. Er wurde letzte Nacht ermordet. Du musst ihn als das bezeichnen, was er war – ein Vergewaltiger.«
Auch San Francisco
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