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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Zimmer, das Kali zerstört hatte, wieder bewohnbar sein würde.
    Obwohl es so spät war, brannte hinter den Fenstern des großen Wirtsraums und sogar in der Küche noch Licht. Schatten huschten hin und her. An der Eingangstür hing ein großes Schild: Heute geschlossene Gesellschaft.
    Tobbs zögerte nur kurz, dann griff er nach der Klingelschnur neben der Tür.
    Nie würde er begreifen, wie Dopoulos es stets wusste, wenn sein Schankjunge in der Nähe war. Die Tür schwang auf, noch bevor die Klingel auch nur einen Laut von sich gegeben hatte. Die Gestalt des Wirts füllte den Türrahmen aus. Im nächsten Augenblick umarmte ihn Dopoulos, als würde er ihn niemals wieder loslassen wollen.
    Tobbs war viel zu überrumpelt, als dass er hätte reagieren können. Irgendwo tief in seiner Kehle steckten seine ganze Verzweiflung und Wut, doch im Augenblick war er wie versteinert.
    »Den Göttern sei Dank«, murmelte Dopoulos. Mit gerunzelter Stirn musterte er Tobbs von Kopf bis Fuß: die Haare, die ihm wieder über die Schultern fielen, die rotbraune Haut, das Tatau und das Haifischtuch. Schließlich blieb sein Blick an dem nassen Bündel unter Tobbs’ Arm hängen.
    »Willkommen zu Hause«, murmelte er niedergeschlagen und schlurfte in den Wirtsraum zurück.
    Das Innere der Taverne sah aus wie ein Mittelding aus Evakuierungslager und Baustelle. Alle Möbel waren an die Wände gerückt, Werkzeug lag im Flur herum. Bretter, Mörteleimer und Ziegelsteine stapelten sich an der Wand.
    Einige Arbeiter waren gerade dabei, die Tür nach Tobadil zuzumauern. Während Tobbs den Flur zum großen Wirtsraum entlangging, bemerkte er, dass die Tür nach Rusanien verschwunden war. Stattdessen erhob sich dort eine saubere Ziegelwand.
    »Ohne mich wären die armen unschuldigen Hausgeister verloren gewesen!«, ertönte Melpomenes Stimme aus dem großen Wirtsraum. »Es waren mindestens dreißig Reiter, die Baba Jagas Hochhaus stürmten, aber ich packte den Hauskobold und den Badgeist ein und sprang aus dem elften Stock – wuuuusch! – mitten in den Schneehaufen vor dem Haus. Dann nahm ich die Fackel und jagte das Haus davon. Ihr hättet sehen sollen, wie die Hühnerbeine rennen können, wenn es darauf ankommt! Schneller als diese roten Zossen – viel schneller war das Hüttchen!«
    Nun, zumindest ein Körnchen Wahrheit schien in Melpomenes dramatischer Geschichte zu stecken, denn das Gewand der Muse war zerfetzt und ein blaurotes Veilchen zierte ihr Auge. Sie hob gerade zu einer großen Geste an, als sie Tobbs in der Tür entdeckte.
    Ihr Mund klappte auf und auch die anderen – in diesem Fall Mamsie Matata in ihrem Spiegel, zwei Furien, Bannik, der Geist des Bades, der sektselig in einer Flasche »Klöppelsheimer Nixenblut« dümpelte, und Domovoj – starrten ihn an, als hätte er eine goldene Nase.
    Mamsie Matata stieß einen Pfiff aus. »Bist du das wirklich, Tobbs? Junge, du siehst aus, als wärst du ein Jahr weggewesen!«
    Melpomene schoss von ihrem Stuhl hoch, beleidigt, dass Tobbs ihr die Show stahl, und rauschte aus dem Raum. Tobbs trat ebenfalls wieder auf den Gang und machte sich auf den Weg zur Hintertür, die auf den Hof zu den Ställen führte. Als er am kleineren Schankraum vorbeikam, erhob sich darin jemand in einem improvisierten Krankenbett.
    »Ah, da ist er ja«, sagte Baba Jaga mit schwacher Stimme und winkte ihm mit einer dick verbundenen Hand zu. »Ich hoffe nur, du hast Wanja nicht bei diesem zwielichtigen tajumeerischen Playboy zurückgelassen.«
    In diesem Augenblick ertönte die Glocke aus Tajumeer. In den Räumen wurde es totenstill, im Flur ließen einige der Arbeiter ihre Kellen fallen und drückten sich ängstlich an die Wände.
    Was nicht am Klingeln lag, sondern an der Gestalt, die sich nun ganz hinten im Flur erhob und ihr Schwert hob: Kali!
    Tobbs bekam weiche Knie. Die Göttin schien zu wachsen. Ihre dunkelblaue Haut leuchtete und ließ die blutroten Augäpfel noch stechender wirken. Das Schwert glänzte unheilvoll im Halbdunkel des Flurs. Der tote Mann, der als Schmuck an Kalis Ohr baumelte, schlenkerte mit den leblosen Beinen.
    »Besser, du machst dich vom Acker, Tobbs«, wisperte er. »Könnte sein, dass gleich nicht mehr genug Platz für dich und Kalis Schwert gleichzeitig sein wird.«
    »Dopoulos! Aufmachen!«, brüllte eine kräftige, wohlbekannte Stimme jenseits der Tür nach Tajumeer.
    »Halt, Kali!« Dopoulos kam aus dem Gastraum geschossen und zückte den Schlüssel. »Das ist nur Wanja!« Die

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