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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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aus der Achterbahn kam.
    »Das hat Spaß gemacht!«, rief sie und schüttelte sich die Haare aus dem Gesicht. »Danke, dass du uns mitgenommen hast!«
    Die Dame lachte, dass ihre schwarzen Zähne glänzten wie dunkle Perlen.
    »Du reitest besser als eine Akrobatin«, sagte sie anerkennend.
    Anguana wurde rot vor Stolz über das Kompliment. »Och, eigentlich nicht«, widersprach sie bescheiden. »Im Grunde kann ich viel besser schwimmen als reiten.«
    »So? Nun, umso besser. Wenn du Interesse daran hast, mich einmal zu besuchen …«
    Jetzt strahlte Anguana wie ein Kind, das nach der Achterbahnfahrt auch noch Zuckerwatte und eine Runde in der Geisterbahn spendiert bekommt.
    »Und wenn du jemals Hilfe oder Unterstützung brauchst, dann wende dich bitte vertrauensvoll an mich«, fuhr die Dame fort. »Wir Freunde des Wassers halten schließlich zusammen.«
    Ärger wallte in Tobbs auf. Diese Vertrautheit zwischen den beiden passte ihm überhaupt nicht. Schließlich waren sie nicht zum Vergnügen hier, sondern um seine Eltern zu finden!
    »Wir müssen gehen!«, rief er Anguana zu und rappelte sich auf.
    Die Fremde griff in eine Falte ihres Gewands und zückte ein goldenes Kärtchen. Ein sehr seltsames Kärtchen, denn es klappte ganz von selbst zusammen und begann dann zu flattern, als wollte es sich aus ihren langen Fingern befreien. »Halte das Falterblatt stets gut fest«, raunte die Frau Anguana zu. »Wenn du zu mir willst, lass es einfach fliegen und folge ihm.«
    Anguana nahm das flatternde Ding so ehrfurchtsvoll an sich, als würde sie eine Ehrenurkunde erhalten. Die Dame wandte sich um und ging, gefolgt von den beiden Leibwächtern, auf das Stadttor zu. Im zitternden Licht von Tausenden von Laternen glänzte das elegant geschwungene goldene Satteldach.
    »Ach … und noch etwas!«, sagte die Dame und wirbelte herum. »Das hast du während der Fahrt verloren!« Bei diesen Worten schleuderte sie etwas Spitzes in Anguanas Richtung. Tobbs zuckte vor Schreck zusammen. Doch es war gar kein Messer, sondern nur Anguanas Haarknebel, den das Mädchen geschickt auffing.
    »Gute Reflexe!«, bemerkte die Dame zufrieden und verschwand samt ihren Wächtern durch das Tor.
    Tobbs stürzte zu Anguana. Das Mädchen starrte immer noch auf seine Hände. In der rechten hielt es den Haarknebel, in der linken das flatternde Ding. Je heftiger es sich zu befreien versuchte, desto heller leuchtete sein Licht. Ein goldener Widerschein fiel auf Anguanas Gesicht.
    »Sieh mal!«, flüsterte das Mädchen. »Ein Falter!«
    Tobbs betrachtete das Ding argwöhnisch. Es war tatsächlich ein flacher, rechteckiger Schmetterling. Statt einer Tupfenzeichnung schmückten leicht verwischte schwarze Schriftzüge seine Flügel. Und so, wie Tobbs seit diesem Morgen mit einem Mal die Sprache Domans verstand, erschlossen sich ihm plötzlich auch die verschnörkelten Zeichen:
    »Camera Cabuki«
    Illusionsshow – Akrobatik – Aquariumtheater
    Geschäftsführerin
    Ger Ti Benten
    »Das ist ihre Visitenkarte«, hauchte Anguana tief beeindruckt. »Und sie ist Geschäftsführerin eines Theaters!«
    »Na wenn schon«, knurrte Tobbs. »Lass uns in die Stadt gehen und eine Unterkunft suchen.«
    Nur widerwillig riss sich Anguana von den Schriftzeichen los. Sie holte aus einer Falte ihres Kleides einen kleinen Spinnenkokon hervor, faltete die Flügel sorgfältig so, dass sie das Insekt nicht verletzte, und schob es in den Kokon, als wäre dieser ein Schlafsack für Schmetterlinge.

LICHTER DER GROSSSTADT
    Gegen die Lichter in der Stadt waren die Laternen vor dem Tor nur schwindsüchtige Funzeln. Alles glühte und blinkte! Ein Meer aus Leuchtballons tauchte die Straßen in taghelles Licht. Lampiongirlanden zogen sich unter den geschwungenen Häuserdächern entlang, die mit Holzfratzen und Fabeltieren verziert waren. Überall wimmelte es nur so von Menschen – Tobbs sah Herren mit lackierten Masken und Frauen, die ähnlich prächtige Gewänder trugen wie Ger Ti Benten. Aber er sah auch Handwerker in zerschlissenen Baumwollgewändern, Bettler und andere abgerissene Gestalten, die sich in den spärlichen Schatten der Stadt herumdrückten. Beunruhigt hielt er nach Raubtieraugen Ausschau, aber zum Glück schienen hier nur ganz gewöhnliche Menschen unterwegs zu sein. Menschen allerdings, die sich um jeden Preis amüsieren wollten.
    »Ah, Gäste aus dem Ausland! Willkommen!«, rief ein Mann mit einer Kranichmaske ihnen zu. »Tretet näher und tanzt mit der achtarmigen Frau

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