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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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scheinen. Und wenn wir dann keinen Schuldigen haben, knipsen wir die Lichter der Stadt endgültig aus!«
    Ein Aufschrei ging durch die Menge, der Fürst musste sich an der Thronlehne abstützen.
    »Seht her, seht euch die Schuldigen genau an!«, brüllte der rote Reiter in die Menschenmenge und stieß mit dem Speer in die Luft.
    Ein tausendfaches Klirren ertönte, Scherben prasselten zu Boden, überall erhoben sich Falter, Käfer und Glühwürmchen aus zerbrochenen Lampen und ballten sich vor dem schwarzen Himmel zu einer gewaltigen leuchtenden Wolke. Dunkle Insekten fanden zu dunklen, helle zu hellen und nach und nach formierte sich ein … riesiger, summender Steckbrief am Himmel!
    Anguana war ziemlich gut getroffen. Giftgrünes Haar wallte um ihr Gesicht. Tobbs dagegen war zum Glück völlig unkenntlich. Er wirkte schlichtweg wie ein Trottel aus Lehm. Auf dem Steckbrief hatte er den Mund offen und schaute wie eine begossene Katze in die Gegend.
    »Drei Tage!«, wiederholte König Tanuki drohend. »Liefert ihr diese Mörder bis dahin nicht aus, wird von eurer Menschenstadt nichts übrig bleiben als eine Handvoll Flügelstaub!« Dann gab er seinem Pferd die Sporen und preschte die Treppe hinunter.
    Die Menge spritzte nach allen Seiten davon, als die Reiter in gestrecktem Galopp über den Platz jagten und über die breite dunkle Hauptstraße davongaloppierten. Allein der flimmernde Steckbrief blieb in der Luft stehen.
    Du bist ein Wassertropfen in siedendem Öl. Der Orakelspruch hallte dumpf in Tobbs’ Kopf wider. Und wie recht Nummer eins damit gehabt hatte! Das war schlimmer als alles, was er je zuvor verbrochen hatte. Dagegen war der Streitwagen, den er der Göttin Kali gestohlen hatte, ein alberner Kinderstreich gewesen. Er war tatsächlich ein wandelnder Unglücksbringer – genauer gesagt das personifizierte Todesurteil für eine ganze Stadt. Plötzlich war ihm todübel.
    »Razzia!«, befahl der Fürst mit schriller Stimme. »Überprüft alle Bewohner der Stadt! Geht in die Kaschemmen. Filzt alle Akrobaten! Ruft die Wahrsager! Ich will die Schuldigen haben!«
    Tobbs schoss hoch. Wo war Anguana? Gerade wollte er in Panik ausbrechen, als er ein Zupfen an seinem Handgelenk spürte. Anguanas magischer Faden!
    Tatsächlich, das Mädchen hatte ihm vorhin im Gewühl eine Schlaufe des magischen Zwirns übergeworfen, ohne dass er es bemerkt hatte. Tobbs begann damit, das blaue Garn aufzurollen. Es führte ihn vom Hauptplatz weg in die Seitenstraßen, im Zickzack durch das Vergnügungsviertel, direkt in Richtung des Cho-Babadoo.
    Endlich, nach einer Ewigkeit, bog Tobbs in die dunkle Straße ein. Der Faden straffte sich, führte ihn scharf nach links … und dann zog ihn Anguana in eine Nische.
    »Scht!« Warnend legte sie einen Zeigefinger über die Lippen. Ihre blauen Augen waren weit aufgerissen. Tobbs hielt die Luft an und schielte vorsichtig um die Ecke.
    Mit erhobenen Händen standen Ankou Arnold, Vurvolak und drei der Flamencospieler vor der Kneipe, während Soldaten die Wirtsräume durchsuchten.
    »Nie gesehen!«, beteuerte Arnold. »Hier war kein Mädchen mit grünen Haaren. Oder, Vurvolak?«
    »Kein Mädchen«, ertönte die Grabesstimme.
    »Und was ist das?«, brüllte ein Wächter. Er pflückte etwas von der Gitarre eines Musikers. Im Licht eines Käfers glänzte deutlich ein langes grünblondes Haar.
    »Ge… gefärbt«, stotterte Ankou Arnold. »Meine Freundin, sie …«
    Freundin? Tobbs stutzte.
    »Ketten her!«, donnerte der Wächter. »Alle festnehmen! Auch die Musiker!«
    »Wir haben nichts damit zu tun!«, beteuerte Ankou Arnold verzweifelt. »Das schwöre ich …«
    »Sie ist vor einer Stunde in die Stadt gegangen!«, platzte ein Musiker heraus. »Zum Festumzug. Trägt eine schwarze Perücke und ein gelbes Kleid. Hat blaue Augen. Ich wusste von Anfang an, dass mit ihr etwas nicht stimmt.«
    Anguana schnappte fassungslos nach Luft.
    »So viel also zum Thema: Wir Auswanderer halten zusammen«, knurrte Tobbs.
    »Gelbes Kleid, schwarze Perücke, blaue Augen. Schick eine Nachricht mit der Beschreibung an die anderen!«, befahl der Wächter. »Wir schwärmen sofort aus.«
    »Komm, weg hier!« Tobbs fasste nach Anguanas eiskalter Hand. Nun zählte jede Sekunde.
    Es wäre leichter gewesen, in einer nachtdunklen Stadt unterzutauchen, aber inzwischen waren die Leuchtfalter, die tagsüber schliefen, erwacht und beleuchteten mit irritiertem Blinken die Straßen. Anguana hielt ihre Perücke fest und senkte den

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