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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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viel stand jedenfalls fest. Und hier, in der trostlosen Gefängniskammer, wurde ihm plötzlich auch klar, was vor dem Haus so seltsam gerochen hatte. Frischer Lack. Die Fenster der Camera Cabuki waren frisch gestrichen gewesen. Golden. Von wegen Orakel!
    Tobbs sackte noch mehr in sich zusammen. Es klirrte, als er die Beine an den Körper zog. Über ihm, am Rand der Scharte, hing eine kleine verrostete Lampe, in der ein altersschwaches Glühwürmchen seine Runden drehte, flackernd und kurz vor dem Verlöschen. Schräg hinter ihm befand sich eine schmale Tür. Der Berg musste mit so vielen Gängen durchlöchert sein wie ein Olitaier Käse.
    Wenn Tobbs den Kopf weit in den Nacken legte, erblickte er durch die Fensterluke genau das Stück Steckbrief am Himmel, das ihn selbst zeigte – beziehungsweise die Witzfigur, die ihn darstellen sollte. Nun, nicht jeder konnte seiner eigenen Dummheit ins Gesicht sehen.
    Verzweifelt zerrte er an seinen Ketten, aber sie saßen festgeschmiedet an einem Ring, der mitten aus dem Felsgestein wuchs. Diesmal gab es kein Entkommen. Er würde den Tanukis ausgeliefert werden.
    Tobbs schniefte und wischte sich mit dem Ärmel die Tränen vom Gesicht. Sein Fell fiel ihm ein. Vorsichtig löste er den Gürtelknoten und biss die Naht auf. Mit einem Klackern fiel die Uhr aus dem gepolsterten Gürtel. Dann öffnete sich der Stoff wie eine Kapsel und der schwarze Pelz quoll hervor.
    Es knisterte, als Tobbs behutsam darüberstrich. Die Berührung hatte etwas Tröstliches.
    Tobbs seufzte und blickte auf das Zifferblatt der Uhr. In der Taverne war es ganz genau achtzehn Uhr. Donnerstag. Stammtisch der Furien.
    Und in zehn Stunden und zwanzig Minuten sollten Anguana und er wieder bei der geheimen Tür sein, die Domovoj für sie öffnen würde.
    Tobbs drückte sein Gesicht in das Fuchsfell und begann zu schluchzen.
    Er wusste nicht, wie lange er hier gelegen hatte. Als er seine verquollenen Augen öffnete, war es erstaunlich dunkel. Das Glühwürmchen ist gestorben, war sein erster Gedanke. Jetzt holen mich die Himmelhunde, sein zweiter. Doch als er den Kopf hob, sah er, dass etwas Dickes die Luke verstopfte. Etwas mit zwei glühenden gelben Augen! Tobbs schrie auf und drängte sich mit dem Rücken an den Felsen. Das fette Ding ächzte, quoll endlich durch die Ritze und landete mit einem dumpfen Umpf! direkt vor seinen Füßen. Das Licht des Steckbriefs fiel auf das Wesen.
    Es war eine schwarz-weiß-rot gefleckte Katze! Tobbs blinzelte ungläubig. Vier Rettungsringe, dreifaches Doppelkinn, Pfoten, so dick wie Hefeklopse – nein, das war nicht irgendeine Katze, das war …
    »Neki!«
    Die Wirtshauskatze setzte sich umständlich hin, warf einen verärgerten Blick in Tobbs’ Richtung und begann sich ausgiebig zu putzen. Sie sah ziemlich zerzaust aus, ihr Fell war verfilzt und ihr rechtes Ohr fehlte zur Hälfte.
    »Auf dich ist wirklich Verlass, Tobbs!«, schnarrte sie mit der Stimme einer tadelnden Tante. »Drei Tage in einer fremden Stadt und du verspeist die allerletzte der magischen Wächterschlangen, verdirbst es dir mit den Tanukis, wirfst Anguana einer windigen Nixenhändlerin in den Rachen, schickst die ganze Stadt in einen tödlichen Countdown und landest selbst im Gefängnis. Bravo!« Ihre letzten Worte klangen etwas genuschelt, da sie sich dabei die Pfote leckte.
    Tobbs schluckte. Viel entgegenzusetzen hatte er Nekis Worten nicht. Vor lauter schlechtem Gewissen hätte er um ein Haar etwas höchst Wundersames übersehen.
    »Du … du sprichst ja!«, rief er. »Seit dreizehn Jahren lebe ich in der Taverne, aber ich hab dich noch nie ein Wort sagen hören.«
    Neki nieste. Selbst das klang verärgert.
    »Erstens sprichst du meine Sprache, nicht ich deine«, meinte sie ungnädig. »Und zweitens musst du dich nicht wundern, dass du nun auch Kätzisch verstehst. Schließlich hast du die weiße Schlange aufgefressen. Welcher Dämon dich dabei auch immer geritten haben mag!«
    »Soll das heißen, wegen der Schlange verstehe ich jetzt alle Sprachen?«
    »Die der Domaner und die der Tiere«, bestätigte Neki. »Wenn du nicht so nutzlose Menschenohren hättest, könntest du sogar das Gebrabbel des Glühwürmchens hören.« Ihr heiles Ohr zuckte. »Nicht, dass du da viel verpasst«, setzte sie hinzu.
    »Es war Notwehr! Die Schlange hätte uns getötet.«
    Neki rollte genervt die Augen. »Gebissen hätte sie euch, sonst nichts. Ihr Gift war ein Wahrheitsserum, ihr hättet auf jede Frage des Wächters

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