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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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herkommen. Es war gar nicht so einfach, in dieser Gegend einen Schweb-Eichenast zu finden, das könnt ihr mir glauben.«
    »Und du bist wirklich kein Dämon?«, fragte der Mann.
    »Ist er ein Dämon?«, wandte sich die Frau an den Spiegel, der ihr am nächsten war. Schweigen. »He, hallo! Ist er ein Dämon?«, raunzte die Frau und klopfte unsanft gegen die Spiegeloberfläche. Das mürrische Gesicht eines Greises erschien. »Nein«, sagte er mit großer Bestimmtheit und verlosch wieder.
    »Die Spionspiegel auf dem Dach haben aber einen Dämon in einem Streitwagen gezeigt«, bohrte die Frau weiter.
    »Ach der«, antwortete Tobbs lässig. »Das war nur Sid. Er war mein … mein Fahrer. Die Kutsche habe ich gemietet, um mir meine Absprunghöhe selbst aussuchen zu können. Ich wollte ja schließlich nicht in Stücken unten ankommen. Aber …« – er versuchte es nun mit einem leicht vorwurfsvollen Ton – »… eure Wachen haben uns angegriffen!«
    Die beiden starrten ihn fassungslos an.
    »Wenn du mit einem Dämon an der Seite und ohne Spiegelbild über der Stadt kreist, musst du dich nicht wundern, wenn die Dachwache dich herunterschießt«, belehrte ihn der Mann.
    Die Frau senkte ein Augenlid. »Er freut sich darauf, geopfert zu werden«, wandte sie sich feixend an ihren Begleiter. »Weil er ein neues Leben bekommt. Das würde dem Opferblütenfest einen ganz besonderen Glanz geben, nicht wahr? Das letzte freiwillige Opfer liegt schon dreihundert Jahre zurück, wenn ich nicht irre.«
    Beide musterten Tobbs so konzentriert, als würden sie in Gedanken einen Hochzeitsbaum schmücken.
    »Vielleicht eine Blütengirlande?«, fragte die Frau mit einem seltsamen Lächeln. »Rosa dürfte ihm stehen. Und ein Ehrenplatz im Karren der goldenen Ochsen?«
    Tobbs versuchte erfreut auszusehen.
    Der Priester schien dagegen noch nicht restlos überzeugt zu sein. »Hm, ja, aber komische Haare hat er. Für den Festumzug muss er geschoren werden.«
    Tobbs schluckte. »Festumzug klingt … toll!«
    Die Frau nickte. »Schön, schön. Wie heißt du?«
    Tobbs überschlug seine Möglichkeiten und kam zu dem Schluss, dass es sinnlos war, einen falschen Namen anzugeben. »Tobbs. Und ihr?«
    »Das tut nichts zur Sache«, erwiderte der Priester grob und wandte sich zum Gehen. Seine Begleiterin war bereits beim Spiegel und tauchte in die Oberfläche ein. Schon war sie weg.
    »Halt, wartet!«, rief Tobbs. »Ihr müsst mir noch sagen, wann …«
    Doch das blanke Glas hatte auch den Mann bereits verschluckt. Tobbs stürzte zum Spiegel und tastete ihn ab. Nichts deutete darauf hin, dass er eben ein Tor gewesen war, und auch als Tobbs ihn vorsichtig von der Wand abhob, fand er dahinter keinen Durchgang. Wenn nur Wanja hier wäre! Sie kannte sich mit jeder Art von magischen Türen aus.
    Die anderen Spiegel waren erloschen, kein Gesicht zeigte sich. »Mamsie!«, flüsterte er. »Kannst du mich hören? Wann werden sie wiederkommen?«
    »Wenn du Pech hast, erst kurz vor dem Opferfest. Unsere Priester sind unberechenbar«, klang die Stimme dumpf aus weiter Ferne.
    Tobbs leckte sich über die Lippen. Verstohlen schaute er zu dem Schweb-Eichenast, achtete aber darauf, sich nicht durch ein allzu großes Interesse zu verraten. Aus irgendeinem Grund hatten die Spiegel den beiden Priestern nicht gesagt, dass Tobbs bereits nach einem Ausgang gesucht hatte, aber deshalb verschlossen sie noch lange nicht Ohren und Augen. Und wenn er hier rauskommen wollte, musste er heimlich Vorbereitungen treffen. Der Eichenast, sein Messer, Anguanas Faden. Das Opferfest. Und der einzig mögliche Ausweg aus diesem Tempel – gemeinsam mit den Priestern durch den Spiegel zu gehen. Er hatte keine andere Wahl. Er musste das Spiel noch weiterspielen.
    »Ich werde mich jetzt vorbereiten«, sagte er laut und nahm einen schmalen Spiegel von der Wand.
    »Das ist also der Dank dafür, dass wir dich nicht verraten haben?«, keifte ein empörtes Gesicht darin. Es gehörte einer Frau, die mehr Zahnlücken als Zähne hatte. »Du drehst mich nicht zur Wand, verstanden? Wir haben mit dir zu reden, weil …«
    »Ich hänge euch wieder auf, keine Sorge«, gab Tobbs zurück. Aber Zeugen brauche ich nicht, setzte er in Gedanken hinzu. Er lehnte den Spiegel mit dem Gesicht zur Wand und griff sich den nächsten. Nur Mamsie Matata und die magische Tür ließ er an ihrem Platz. Die Spiegel zeterten und fluchten, aber schließlich verstummten sie. Tobbs ging zum Schweb-Eichenast. Die Mäuse

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