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Die verbotene Pforte

Die verbotene Pforte

Titel: Die verbotene Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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zu machen.« Sie beugte sich vor und flüsterte ihm ins Ohr. »Deine Eltern haben dich nicht zufällig bei Dopoulos vergessen. Niemand, absolut niemand vergisst sein eigenes Kind in einer Kneipe.«
    Der Tanztempel im siebten Stock, den Tobbs zusammen mit Ambar betrat, war bestimmt achtzigmal größer als der größte Festsaal in der Taverne und fasste auch achtzigmal so viel Leute. Und obwohl der Saal bereits brechend voll war, drängten sich immer neue Menschenmassen hinein. Tobbs war froh, Mamsie Matata dick in Polsterwolle gewickelt zu haben. Wie überall in dieser Stadt hingen auch hier unzählige Spiegel an rot lackierten Wänden. Eine pulsierende Menge tanzte zu einem eintönigen, aber rasend schnellen Beat aus Zimbeldrums und Kreischflöten. Hier hätte Sid seinen Spaß! Selbst Tobbs ließ sich anstecken und begann unwillkürlich, im Takt zu laufen und mit dem Kopf zu wippen.
    Spionspiegel gab es in diesem Saal offenbar nicht, denn Tobbs konnte sich in jedem Spiegel selbst sehen. Er sah einfach unglaublich aus – lässig und sogar ein wenig gefährlich. Selbstbewusst schob er sich am Rand der Tanzfläche entlang, immer bemüht, Ambars Stachelfrisur nicht aus den Augen zu verlieren. Durch die Käferaugen, die er sich aufgesetzt hatte, wirkten ihre roten Strähnen violett. Die meisten Tänzer trugen ebenfalls Gestelle über den Augen, manche in seltsamen Formen, andere grell eingefärbt. Es war nicht sinnvoll, die Schutzaugen zu tragen, da hier drinnen sicher keine Scherben vom Himmel regnen würden – aber es sah gut aus.
    Ambar drehte sich zu Tobbs um und lächelte geheimnisvoll. Sie trug ein enges rotes Kleid, das so kurz war, dass Tobbs ihre Beine gesehen hätte – wenn nicht alle hier Körper an Körper stehen würden. Zielstrebig drängte sie sich zu einer Tür, die mit einem Vorhang aus Perlenschnur verhängt war. Zwei junge Männer und drei Mädchen fanden sich ebenfalls bei der Tür ein und nickten Tobbs mit einem Grinsen zu.
    » DZHS «, sagte der eine und machte ein verstohlenes Zeichen mit vier Fingern, das einem Fächer glich.
    Tobbs grüßte zurück. Das waren sie also – die Abenteurer, die sich den Ausflug aufs Dach so viel kosten ließen. Sie sahen eigentlich ganz normal aus – in der Masse der Tanzenden wären sie ihm jedenfalls nicht aufgefallen.
    Der Weg führte durch einen langen Gang und weitere Türen. Fast so wie in der Taverne. Vor einem schmalen Schacht, in dem ein eiserner Käfig baumelte, blieb Ambar stehen und wandte sich zu der Gruppe um.
    »Das hier ist der Sicherheitskäfig. Drei von euch kennen die Regeln bereits. Für unsere zwei Neuen erkläre ich es noch einmal: Solche Käfige haben die Wächter, wenn sie ihre Posten auf dem Dach beziehen. Seid ihr bereit, den nächsten Schritt zu gehen, um den Himmel kennenzulernen?« Die zwei Mädchen und ein Junge nickten eifrig. Der Junge neben Tobbs aber wurde blass. »Aber ich warne euch.« Ambars Stimme sank zu einem Flüstern. »Die Schwärme sind schnell, aber wenigstens werdet ihr sie gut erkennen. Sie leuchten im Dunkeln.« Tobbs fröstelte. Ambar redete weiter. »Dann zu den Regeln. Erstens: Jeder passt auf sich selbst auf. Klar?« Alle nickten. »Zweitens: Niemand ist dafür da, den anderen zu retten. Ich will keine Helden sehen. Wenn eine aus dem Schwarm einen von euch erwischt, dann bringt der Rest sich in Sicherheit. Die Schwärme würden ein solches Verhalten nur ausnutzen, um sich aus dem Hinterhalt noch auf die anderen zu stürzen. Also: Zu den kleinen Türmen flüchten und sich nicht umschauen, klar? Die Kreidemarkierungen geben euch die Entfernungen vor. Ein Strich gibt einen Punkt, zwei Striche zwei Punkte und so weiter.«
    Alle außer Tobbs nickten. Ambar funkelte ihn ungeduldig an.
    »Was ist?«
    »Wir sollen zuschauen, wenn … wenn jemand … getötet wird?«, stammelte er.
    Eines der Mädchen rollte genervt die Augen. Ambar nickte ernst. »So lautet die Regel. Jeder für sich. Das ist kein Ballspiel und wir sind kein Team.«
    Tobbs war mulmig zumute. Eben hatte er sich noch zugehörig gefühlt, aber nun erschien ihm diese seltsame Stadt fremder als alles, was er je gesehen hatte. »Aber eine Warnung ist doch wenigstens erlaubt, oder?«, fragte er leise.
    Ambar zog die Brauen hoch.
    »Tu, was du nicht lassen kannst«, meinte sie. »Und da wir gerade bei Warnungen sind: Zieht die langen Mäntel und die Brillen aus. Beides wird euch bloß im Weg sein. Besonders die Mäntel – über die werdet ihr nur

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