Die verbotenen Küsse des Scheichs (German Edition)
sie seit neun Tagen nicht gesehen hatte. Einmal war es ihr gelungen, sich bei Halim nach dem Fürsten zu erkundigen. Der hatte gereizt reagiert. Ob ihr nicht klar sei, dass Seine Hoheit sich um wichtige Staatsangelegenheiten kümmern müsse? Was Halim meinte, war offensichtlich: Sich um seine ungezogene Tochter oder gar um deren Gouvernante zu kümmern war reine Zeitverschwendung für einen so beschäftigten Mann wie Scheich Jamil.
Anfangs hatte Cassie eine gewisse Erleichterung darüber empfunden, dass sie Jamil nicht gegenübertreten musste. Noch immer machte sie sich Vorwürfe, weil sie sich von ihm hatte küssen lassen und das so sehr genossen hatte. Tatsächlich fürchtete sie, dass sie in seiner Gegenwart wieder schwach werden könne. Jamil durfte für sie nichts weiter sein als der Vater ihres Zöglings.
Das war leicht gesagt. Doch ihre Gefühle wollten sich nicht nach dem richten, was ihre Vernunft ihr vorschrieb. Widerwillig gestand sie sich ein, dass Jamils lange Abwesenheit sie fast genauso beunruhigte wie seine Nähe.
Sie seufzte auf und versuchte, sich wieder auf den sternenübersäten Himmel zu konzentrieren. Von jeher hatte sie die Wüste und den sich über ihr erstreckenden schier endlosen Himmel als einen Beweis dafür gesehen, dass der Mensch – wenn man das Ganze betrachtete – winzig klein und bedeutungslos war. Hier bekam man ein Gespür für das Ewige. Es war ein erhebendes Gefühl.
Unwillkürlich musste Cassie lächeln. Das Bewusstsein, Teil eines großen harmonischen Ganzen zu sein, tat ihr gut. Auch wenn die Harmonie nicht immer erkennbar war, auch wenn es Rückschläge und Enttäuschungen gab und wenn man sich hin und wieder eingestehen musste, dass man gescheitert war … Das war nicht das Ende. Die Welt würde sich weiter drehen, die Sterne würden weiter leuchten. Das Leben ging weiter.
In diesem Moment beschloss Cassie, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um Linah glücklich zu machen. Sie würde deshalb noch einmal mit Jamil sprechen müssen – was eine etwas beängstigende, aber auch überaus faszinierende Vorstellung war.
In den letzten Tagen hatte sie sich oft gefragt, wo er sich aufhielt. In Daar war er nicht, das wusste sie. Vermutlich befand er sich irgendwo in der Wüste. Vielleicht schaute auch er jetzt zum Himmel. Vielleicht genoss er die Stille der Nacht und freute sich am Licht der Sterne.
Vom Hof her drangen Geräusche an ihr Ohr. Da sie wusste, dass Linah gelegentlich schlafwandelte, trat sie an die Brüstung und schaute nach unten.
Jemand sah zu ihr herauf. Aber es war ganz gewiss kein Kind. Es war eine große in weiße Gewänder gehüllte Gestalt. Ein Mann mit edlen Gesichtszügen.
Cassie musste sich an der Brüstung festhalten, denn die Knie wurden ihr weich. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. „Hoheit“, sagte sie, „Scheich Jamil, Sie sind also wieder da.“
„Lady Cassandra.“ Er deutete eine Verbeugung an. „Cassie … Ich bin gerade zurückgekommen.“
Die Räumlichkeiten seiner Tochter mussten sein erstes Ziel innerhalb des Palasts gewesen sein! Cassie freute sich über die Maßen. Jamil war hier, um sie zu sehen.
Nein, korrigierte sie sich selbst, er ist hier, um sich über Linahs Fortschritte zu informieren.
„Schön, dass Sie zurück sind, Hoheit“, sagte sie. „Ich fürchte allerdings, dass Linah schläft.“
„Das hoffe ich. Sie jedoch sind wach.“
„Es ist eine so schöne Nacht.“
Jamil hatte den Kopf in den Nacken gelegt, um nach oben zu schauen. Cassies Haar hatte im Mondschein eine faszinierende Farbe, ihr helles Gewand hob sich deutlich vom dunklen Himmel ab. Beinahe hatte er vergessen, wie atemberaubend schön sie war!
„Wunderschön …“, murmelte er.
Cassie beugte sich nach vorn, um ihn besser sehen zu können. Er war barfuß und trug keine Ghutra. In der einfachen weißen Galabija hätte man ihn für einen Bauer oder auch einen Nomaden halten können, wenn da nicht seine stolze Haltung gewesen wäre. Sie verriet deutlich, dass er der Herrscher über alles hier war. Ein Fürst, der sein Land mit Strenge und Klugheit regierte. Ein mächtiger Mann, der über das Leben seiner Untertanen bestimmen konnte.
Auch über mein Leben, dachte Cassie und erschauerte.
„Wollen Sie nicht herunterkommen und mir berichten, wie es Ihnen mit Linah ergangen ist?“
Natürlich, er wollte sich vergewissern, dass seine Tochter Fortschritte gemacht hatte.
Das Verlangen, das ich in seinen Zügen zu sehen glaube, gibt es nur in
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