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Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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nur hin und wieder sehnsüchtige Blicke zum Goldschläger Henn, mit dem es so leicht war zu tanzen und mit dem sie so gut hatte lachen können.
    Die Eltern saßen am Rand. Die Mutter hatte die Hände zufrieden im Schoß gefaltet, und der Vater blickte stolz um sich herum, als wolle er sagen: «Seht alle her, meine Tochter, die tanzt mit dem jungen Richterssohn. Und das, obwohl ich selbst nur ein Hauslehrer bin.»
    Einige Wochen später, Gustelies wusste im Nachhinein nicht mehr, was sie in dieser Zeit eigentlich getan hatte, da war sie dem Kurzweg anverlobt. Einmal nur hatte sie sich noch heimlich mit dem Henn Goldschlag getroffen. Ihr Herz war wie ein Vogel in ihrer Brust herumgehüpft, als sie ihn endlich zum Mainufer kommen sah. Und der Henn, der hatte ihr Gesicht in seine Hände genommen und ihr warme Küsse auf die Lippen gesetzt, die kribbelten wie tausend Ameisen. Und das Kribbeln, das war von den Lippen über den Rücken gerutscht, in den Bauch hinein und von dort …
    Mit einem Ruck erwachte Gustelies aus ihren Tagträumen und schrak ein wenig zusammen. Schuldbewusst dachte sie an ihren Ehemann und daran, dass sie vor der Hochzeit einen anderen geküsst hatte. Der Vater, der hatte der Mutter verboten, noch weiter die Tante und den Neffen zu besuchen. Familie hin, Familie her, das Glück der einzigen Tochter stand auf dem Spiel. Und so, wie sich der Henn dem Vater gegenüber betragen hatte, so betrug man sich nicht. Nicht sonst und innerhalb der Verwandtschaft schon überhaupt nicht. Also ging die Mutter zu ihrer Verwandten, ein letztes Mal, und richtete aus, was ihr Mann ihr aufgetragen hatte. Der Henn stand daneben und ballte wieder die Fäuste, während die beiden Frauen sich weinend in den Armen lagen. Und seither hatten die Familien tatsächlich keinen Umgang mehr miteinander gehabt. Gustelies kam es sogar so vor, als hätte sie den Henn Goldschlag seit damals nicht wieder gesehen. Doch sicher war sie ihm irgendwo einmal begegnet. Gehört hatte sie zumindest von ihm. Immer mal wieder da und dort ein Hinweis. Er habe geheiratet, er habe einen Sohn bekommen, der früh wieder verstorben war, danach eine Tochter, die Adele. Die hatte Gustelies sogar gelegentlich einmal in der Stadt gesehen. Aber mit der Zeit hatte sie den Henn vergessen. Und nun wusste sie nicht einmal mehr, ob sie ihn erkennen würde, wenn sie ihn auf der Gasse träfe.
    Mit den Jahren war sie dann zufrieden gewesen, die Ehefrau des Richters zu sein. Sie hatten sich liebgewonnen, der strenge Mann und die lebenslustige Frau. Und seit er gestorben war, fühlte sich Gustelies, als wäre sie nur noch halb.
    Plötzlich hatte sie das Bedürfnis, auf den Friedhof zu gehen. Wenn sie schon nicht mit ihrem Mann zusammen sein konnte, so würde er sich doch sicherlich über einen Besuch freuen. Sie sah nach dem Huhn, schrie dem Pater in seinem Studierstübchen ein paar Anweisungen zu, den Braten betreffend, griff nach ihrem Weidenkorb und verschwand.
    Auf dem Liebfrauenberg stand noch immer das alte Mütterchen mit seinen Blumen und Kräutern. Dieses Mal blieb Gustelies stehen.
    «Stimmt es, was man sich erzählt?», fragte die Alte.
    «Was erzählt man sich?»
    «Der Herr sei auferstanden und hätte auf dem Römerberg gepredigt. Liebe habe er gefordert.»
    «Wer erzählt solchen Unfug?»
    «Guckt nicht so streng, Pfarrhaushälterin. Ein Milchmädchen hat’s mir erzählt. Er habe sie geküsst, sagt sie, und dabei sei ihr ganz heiß geworden. Gefühlt habe sie sich, als würde sie geradewegs in den Himmel fliegen. Ist da was dran?»
    Gustelies verzog das Gesicht, als hätte sie starke Zahnschmerzen. «Ihr glaubt auch jeden Unfug!», empörte sie sich. «Ich war selbst auf dem Römer. Ein Mann hat gepredigt, dann hat er die Frauen, die das wollten, geküsst. Mehr war nicht.»
    Das Mütterchen hatte den Kopf eingezogen und nickte jetzt in einem fort. «Wie Ihr meint, Pfarrhaushälterin. Ich bin ganz Eurer Meinung.»
    Sie suchte nach dem schönsten Bund Blumen, gab Gustelies noch einen verknickten Strauß Petersilie als Dreingabe, nahm das Geld, ohne es zu zählen, und suchte sich sogleich einen neuen Standplatz.
    Gustelies schritt grimmig aus, doch je näher sie dem Friedhof kam, umso weinerlicher wurde ihr zumute. Sie stand lange vor dem Grab ihres verstorbenen Mannes und führte ein Gespräch mit ihm. «Was ist nur los mit mir?», fragte sie ihn. «An nichts habe ich eine Freude, alles ist mir zu viel, nachts kann ich schlecht schlafen. Mal tut mir

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