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Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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deine Mutter war. Deine Thesen sind wissenschaftlich und beruhen auf der Erkenntnis der Natur.»
    Hella stand auf.
    «Du brauchst gar nicht zu lachen, meine Liebe. Du wirst schon sehen, dass ich recht habe.»
    Hella biss sich auf die Lippen, dann fragte sie, während sie ihrer Mutter einen Becher mit Apfelmost vorsetzte: «Warum bist du hergekommen? Ist etwas geschehen?»
    Gustelies blickte wie die Unschuld selbst umher. «Nichts ist geschehen. Ich wollte einfach nur einmal sehen, wie es meiner schwangeren Tochter geht. Und dich fragen, ob du noch Seife übrig hast.»
    «Seife?»
    «Ja, Herrgott. Seife. Lilo, die Magd der Sieder, sollte heute kommen und eine Lieferung bringen. Pater Nau muss heute Abend in den Waschzuber steigen. Aber die Lilo ist nicht gekommen. Und Seife brauche ich trotzdem.»
    Hella öffnete die Tür zur Vorratskammer und kramte in einem Holzkästchen. «Lavendel oder Pfirsichkernöl? Wie soll der Pater riechen?»
    Gustelies kicherte. «Hast du nichts, das nach Rotwein riecht? Dann brauche ich mich nicht umzustellen.»
    Auch Hella kicherte und legte einen Riegel Ringelblumenseife auf den Tisch. «Da, das muss gehen. Wo ist denn die Lilo abgeblieben? Hat sie etwa ihr Kind schon bekommen?»
    Gustelies schüttelte den Kopf. «Nein, das ist ja das Merkwürdige. Sie ist verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt.»
    «Verschwunden? Die Lilo? Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Die Lilo, die ist doch treu wie Gold. Und gefreut hat sie sich auf das Kind und darauf, bald die junge Seifensiederin zu sein und nicht mehr nur die Magd. Ob ihr unterwegs etwas zugestoßen ist?»
    Gustelies schüttelte den Kopf. «Das kann ich mir nicht vorstellen. Die Lilo war ja nur in der Stadt unterwegs. Irgendjemand hätte sie doch gefunden. Nein, sie ist weg. Richtig weg und verschwunden.»
    Die beiden Frauen hingen kurz ihren Gedanken nach, als die Haustür mit einem gewaltigen Krach aufgestoßen wurde.
    Heinz stürmte herein und stellte eine Kiepe, aus der Erde rieselte, auf den frischgescheuerten Tisch, daneben warf er ein Bündel Zweige.
    «Iii!», rief Hella aus und wischte die Erdkrümel zur Seite. «Was ist denn das für eine Schweinerei?»
    Gustelies hatte sich erhoben, begrüßte ihren Schwiegersohn mit einem Kuss auf die Wange.
    «Gut, dass du hier bist», sagte Heinz und strich seiner Frau übers Haar. «Ich habe von einem Bauern etliche Pfund Schwarzwurzelgemüse bekommen.» Er rieb sich die Hände. «Oh, und dazu Schmalzfladen! Mir läuft jetzt schon das Wasser im Mund zusammen.» Er wandte sich an Hella. «Und für dich, mein Herz, sind die Zweige.»
    «Was soll ich denn mit dem Gestrüpp?», wollte Hella wissen.
    «Das ist kein Gestrüpp, das sind Blutpflaumenzweige. Stell sie in handwarmes Wasser. Sie werden bald die schönsten Blüten treiben. Heinz hat dir den Frühling ins Haus gebracht.» Gustelies nahm die Zweige hoch und betrachtete sie mit Wohlgefallen.
    Während Hella nach einer Vase suchte und Gustelies ihre Nase in die Kiepe mit dem Winterspargel steckte, redete Heinz weiter. «Schwarzwurzeln mit Schinkenspeck. Eine wunderbare Wintermahlzeit. Was sagst du, Gustelies?»
    Gustelies nahm einen Stängel heraus, kratzte mit dem Zeigefinger die schwarze Kruste ab. «Viel Arbeit, sage ich dazu. Wenn ich das ganze Gemüse für euch verarbeiten soll, dann braucht es mehr als nur einen Riegel Ringelblumenseife. Im Übrigen würde ich den Winterspargel in einer Apfelweinsoße auftragen. Die Schmalzfladen können meinetwegen bleiben, aber Hella muss die Flomen, das Bauchfett vom Schwein, dafür besorgen. Schließlich steigen die Preise täglich weiter in den Himmel, nur die Einkünfte von Pater Nau sind auf dem Boden geblieben. Ich brauche mindestens vier Pfund, besser fünf.»
    «Wir schicken die Magd nach den Flomen, dann muss Hella nicht so viel laufen», erklärte Heinz Blettner und leckte sich schon vorab die Lippen. «Aber eines verstehe ich nicht. Was hat das alles mit Ringelblumenseife zu tun?»
    «Die brauche ich, weil die Magd der Seifensieder verschwunden ist, und zwar spurlos.»
    «Na und?», fragte der Richter nach. «Was ist daran ungewöhnlich? Jedem von uns ist schon mal eine Magd davongelaufen.»
    «Aber nicht die Lilo», erwiderten Hella und Gustelies wie aus einem Mund.
    Hella berichtete ihrem verdutzten Ehemann vom Verschwinden der Seifensiedermagd. Doch Heinz blieb gelassen. «Sie ist schwanger. Gut. Der Kindvater ist im Türkenkrieg. Vielleicht hat sie es mit der Angst bekommen und

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