Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich
Kapuze verborgen war, in den Beichtstuhl schlüpfen sah.
«Die Beichtzeit ist überschritten, mein Sohn», rief er, doch als eine Antwort ausblieb, atmete er tief ein und aus, ignorierte das Zittern in seinen Knien und begab sich zurück in den Stuhl.
«Schau her und lerne, wie man den Winterspargel putzt!», bestimmte Gustelies. «Schwarzwurzeln müssen zuallererst gründlich im Wasser abgebürstet werden. Da, schnapp dir die Gemüsebürste.»
«Ich bin schwanger», erklärte Hella. «Ich kann kein Gemüse bürsten.»
«Du bist ja wohl nicht an den Händen schwanger, also los, erhebe dich.»
«Ich bin überall schwanger», widersprach Hella, griff sich aber die Bürste und reinigte den Spargel.
«Du kannst noch immer nicht kochen wie eine richtige Bürgersfrau. Ich möchte bloß wissen, warum ich in dieser Hinsicht so bei dir versagt habe.»
Gustelies ließ ihre Bürste sinken und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie betrachtete dabei ihre Tochter, als käme von dort endlich die Antwort, nach der sie seit Jahren suchte. Aber Hella kicherte nur, und Gustelies beäugte ihre Arbeit.
«Na, so geht es einigermaßen. Wenn die Stangen gebürstet und geputzt sind, schneidet man sie in kleine Stücke und legt sie in Milch, damit sie sich nicht gleich wieder verfärben. Dann kocht man die Schwarzwurzeln in der Milch, bis die Stangen schön bissfest sind.»
«Soll ich den Topf schon auf den Herd stellen?», wollte Hella wissen.
Gustelies schüttelte den Kopf. «Pater Nau müsste eigentlich gleich fertig sein, aber dein Mann ist noch nicht da. Wir müssen also noch warten. Es wäre furchtbar, wenn das Gemüse verkochte.»
«Heinz wollte in der Kirche auf Onkel Bernhard warten und dann mit ihm zusammen kommen.»
«Aber sind sie schon da? Nein! Wir bereiten inzwischen die Apfelweinsoße vor.»
Hella seufzte. «Ich wette, ich muss dafür Äpfel schälen.»
Gustelies hielt inne. «Donnerwetter, du hast ja doch etwas bei mir gelernt. Vier Stück, und achte darauf, dass keine Kerne in der Soße landen.»
Gustelies schälte ein paar Zwiebeln und dünstete danach die kleingeschnittenen Äpfel und Zwiebeln in etwas Butter an. Dann goss sie einen guten Becher Apfelwein dazu und ließ alles vor sich hin köcheln.
«Zum Schluss rühre ich noch Schmand unter, gebe ein bisschen Muskat hinzu und eine Handvoll getrocknetes Peterkraut. Schon fertig.»
Hella nickte. «Stimmt. Das ist gar nicht so schwer. Wenn doch bloß die blöde Schwarzwurzelschrubberei nicht wäre!»
«Schmalzfladen gehen schneller. Geh mal in die Vorratskammer. Da steht der Teig, den ich mit Mehl und Hefe vermischt habe. Er müsste allmählich aufgegangen sein.»
Hella tat, wie ihr befohlen war. Gustelies formte aus dem Teig zwanzig kleine Klößchen, die sie mit bemehlten Händen zu Kreisen zog. Dann holte sie das Schweinefett aus der Kammer, gab es in einen flachen Topf und sah begeistert zu, wie sich das Schmalz verflüssigte.
«So, sie könnten jetzt eigentlich langsam kommen, das Essen ist fast fertig», sagte sie, als die Tür sich öffnete und Pater Nau von Heinz Blettner in die Küche geschoben wurde.
Gustelies fuhr herum und starrte ihren Bruder an, als wäre er ein Geist. «Um Himmels willen, wie siehst du denn aus?», fragte sie entsetzt.
Das Gewand hing schief am Pater, und unter dem Saum schauten statt schwarzer Schuhe rote Schafwollsocken hervor. Auf Kopf und Kragen hingen ein paar Heustängel.
Pater Nau schluckte, breitete kraftlos die Arme aus und verkündete mit Grabesstimme: «Die Erde ist in Frevlerhand.»
«Ja, das wissen wir», erklärte Gustelies. «Und außerdem ist sie ein Jammertal und das Leben ein Graus. Und jetzt sage mir, warum du so verstört aussiehst?»
Pater Nau schwieg.
«Na, los. Sag schon!»
Pater Nau biss sich auf die Lippen.
«Wer nicht will, der hat schon», stellte Gustelies beleidigt fest. «Dann zieh dich jetzt um. Ich möchte überhaupt wissen, warum du das nicht schon in der Sakristei getan hast. Und wo sind eigentlich deine Schuhe? Die neuen, schwarzen.»
Pater Nau schlurfte aus der Küche, als wäre er während seiner Beichtstunde um Jahre gealtert.
Gustelies und Hella sahen ihm nach, dann wandte sich Gustelies an ihren Schwiegersohn. «Was ist mit ihm los? Er wirkt ja, als wäre er dem Teufel höchstselbst begegnet.»
Heinz ließ sich auf die Küchenbank sinken. «Ich weiß es nicht», erwiderte er und zog Hella, die neben ihm saß, dicht an sich heran. «Ich habe wahrhaftig keine
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