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Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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ist zu ihm.»
    «Du meinst, sie wollte ihn noch einmal sehen, bevor sie womöglich im Kindbett stirbt?», fragte Gustelies.
    «Pscht!» Heinz Blettner presste eine Hand auf Gustelies’ Mund. «Musst du das laut sagen? Du weißt doch, Hella ist schwanger.»
    «Na und? Meinst du nicht, sie hat sich darum noch keine Sorgen gemacht? Es hilft ihr nicht besonders, wenn du solche Themen vermeidest. Tröste sie lieber, wenn die Angst kommt.»
    «Mutter hat recht», bestätigte Hella. «Angst hat wohl jede Schwangere. Und nicht davon zu reden, macht alles nur noch schlimmer.» Dann wandte sie sich an ihre Mutter. «Meinst du, die Lilo hat sich auf den Weg nach Wien gemacht?»
    Gustelies schüttelte den Kopf. «Nie im Leben. Auf so einen Einfall kann nur ein Mann kommen. Stell dir nur vor, unterwegs setzen die Wehen ein! Nein, so eine Gefahr nimmt keine Schwangere auf sich, die ihr Kind behalten will.»
    «Aber wo ist sie dann?» Plötzlich hatte Hella Tränen in den Augen. «Vielleicht ist sie irgendwo ganz allein und sorgt sich. Vielleicht friert sie, vielleicht hat sie gar Schmerzen.»
    «Hat sie nicht», bestimmte Gustelies, aber auch ihr fiel nicht ein, wo die Magd sein könnte.
    «Du solltest sie suchen lassen», schlug sie ihrem Schwiegersohn vor.
    «Eine Magd? Wie lange ist sie denn schon weg? Hat mal jemand an den Stadttoren nachgefragt?»
    «Nein, das hat wahrscheinlich noch niemand getan. Und weg ist sie seit heute Morgen.»
    «Na, also.» Heinz Blettner streckte die Beine unter den Tisch und zog die Schuhe aus. «Kein Mensch sucht nach einer Magd, die gerade mal einen Tag verschwunden ist. Wenn sie in ein paar Tagen noch nicht wieder da ist, werde ich einen Büttel zu den Torwächtern schicken. Und jetzt, Weib, sag mir, was es zu essen gibt.»

[zur Inhaltsübersicht]
Kapitel 6
    «‹Vergebens strebe ich nach Glück;
    Verderben will mich das Geschick:
    Denn stellt ich Totenkleidung her,
    so stürbe sicher keiner mehr,
    und wollt ich Kerzenhändler sein,
    dann gäb es nur noch Sonnenschein.›
    Abraham ben Meir ibn Esra hat recht», murmelte Pater Nau vor sich hin und sann dem Sechszeiler, den der Sarazene Arvaelo ihm beigebracht hatte, nach.
    Er saß, nach Ringelblumenseife duftend, im Beichtstuhl und langweilte sich unsäglich bei den dürftigen Bekenntnissen seiner Gemeindemitglieder. Hin und wieder nickte er sogar ein bisschen ein. Dazwischen saß er da, wackelte mit den eiskalten Zehen und dachte an die Schmalzfladen, die Gustelies ihm gestern versprochen hatte, wenn er in den Waschzuber stieg.
    Dieser Winter dauert einfach zu lange, dachte er und hörte nur mit halbem Ohr dem Totengräber Raimund zu, der angab, seine Frau wieder einmal geschlagen zu haben.
    «Zehn Vaterunser, zehn Ave-Maria und heute Abend eine kalte Waschung», urteilte Pater Nau und betrachtete seine eiskalten Füße, die in dicken, von Gustelies gestrickten Schafwollsocken steckten.
    Raimund verließ den Beichtstuhl, und Pater Nau hielt für einen Augenblick den Atem an, entspannte sich aber wieder, als eine Waschfrau bekannte, einem ihrer Auftraggeber ein Viertelchen Butter gestohlen zu haben.
    Auch wenn Bernhard Nau es niemals zugeben würde, er hatte Angst. Seit der letzten Beichte hatte er keine Nacht mehr durchgeschlafen. Stets befürchtete er, der fremde Schatten mit der Hiobsbotschaft und dem Skalp würde wieder auftauchen.
    Auch jetzt hockte die Angst ihm im Nacken. Noch bevor die Wäscherin Marthe ihre Beichte beendet hatte, fragte der Pater: «Sag, gute Frau, sitzt da draußen noch jemand, der seine Sünden bekennen will?»
    «Wie?»
    «Bist du die Letzte?»
    «Äh, ja, Pater, und die Butter, die habe ich mir dann auf die Hände geschmiert, weil die doch so entzündet und voller Risse waren …»
    «Ja, ja, schon gut. Zehn Vaterunser, zehn Ave-Maria …»
    «… und am Abend eine kalte Waschung, ich weiß schon, Pater.»
    «Nein, weißt du nicht. Und wag es nicht noch einmal, mir ins Wort zu fallen. Also: Zehn Vaterunser, zehn Ave-Maria, noch einmal fünf Vaterunser für Widerworte gegen den Pater, und dann geh ins Pfarrhaus und lass dir von der Gustelies was für deine Hände geben. Das wollte ich sagen.»
    Pater Nau angelte nach seinen Schuhen und wollte gemeinsam mit der Wäscherin den Beichtstuhl verlassen und nach Hause eilen, als ihn an der Kirchentür eine Stimme zurückhielt. «Ich möchte beichten, Pater.»
    Pater Nau wirbelte herum – und erstarrte, als er einen schwarzen Schatten, dessen Gesicht unter einer großen

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