Die Verdammnis
erklärte Landru müde.
Ein Raunen ging durch die Zuschauerreihen.
»Macht nicht länger Aufheben um ihn!« rief jemand.
»Laßt ihn brennen!« kam es von anderer Seite.
Lucius nickte. »So sei es.«
Wieder bedeutete er den Häschern, herzukommen. Sie trugen nun allesamt Fackeln in ihren Fäusten. Auf Lucius' Zeichen hin senkten sie die Flammen und hielten sie an das Holz. Beinahe gierig stürzten sich die Feuer auf die Nahrung und fraßen sich hinein.
Für Landru verschwand die Umgebung hinter einem wabernden Vorhang, derweil er der Todesangst harrte, die unweigerlich kommen mußte.
Er spürte ihr Erwachen tief in sich wie das eines Tieres, das äonenlang geschlafen hatte. Und dann stürzte sich dieses Tier auf ihn, um ihn zu martern und schließlich zu zerreißen.
Landru schrie, bis mörderische Hitze ihm selbst die Schreie auf den Lippen verbrannte. Was jenseits der Flammen geschah, davon bemerkte Landru nicht das Geringste.
*
Sie kamen mit der Macht eines Orkans in die riesige Kaverne. Und sie brachten den Tod. Das Chaos, das augenblicklich ausbrach, war von unbeschreibli-chem Ausmaß. Ebenso wie das Schlachten, das sie anrichteten.
Der Sturm, den ihre Schwingen gebaren, fachten das Feuer des Scheiterhaufens weiter an, doch keiner der Versammelten interessierte sich noch für die Hinrichtung.
Monströse Klauen schlugen feuchtknirschend in Fleisch. Das Brechen von Knochen übertönte das Knacken des brennenden Holzes. Angst- und Todesschreie übertünchten schließlich alles.
Eleya beobachtete das Gemetzel aus ihrer Deckung heraus.
Sie hatten ihr Zeichen erkannt und waren ihm gefolgt. Die Späher hatten es weder verhindern noch die anderen rechtzeitig warnen können.
Tränen stiegen Eleya in die Augen, und ihre Kehle verkrampfte sich wie unter einem unsichtbaren Würgegriff.
Keiner der ihren starb einen leichten Tod. Und keiner ergab sich ihnen wehrlos. Aber keiner setzte sich mit Erfolg zur Wehr. Wer es schaffte, länger Widerstand zu leisten, verlängerte lediglich seine eigene Qual.
Wenn all dieses Grauen nicht völlig umsonst geschehen sein sollte, mußte Eleya jetzt handeln - bevor es vorbei war, ehe ihnen auch der Letzte zum Opfer gefallen war.
Ein Ruck durchlief ihre zarte Gestalt.
Dann tauchte sie hinein in das Chaos!
Eleya eilte vorüber an Toten und Sterbenden, wich mit Urgewalt geführten Hieben aus, wurde doch von einer Klaue - eher zufällig denn beabsichtigt - getroffen und stürzte aufstöhnend zu Boden.
Weiter! hämmerte es in ihr. Weiter! Steh auf!
Ächzend rappelte sie sich hoch und lief weiter, in scheinbar unkontrolliertem Kurs, während um sie herum der Kampflärm tobte.
Endlich erreichte sie ihr Ziel - den Scheiterhaufen.
Den brennenden Schmerz ignorierend, trat und wühlte sie das brennende Geäst beiseite, bis sie eine schmale Gasse zum Pfahl hin geschaffen hatte.
Landru hing reglos in seinen Fesseln - eher tot als lebend, wie es schien.
»Nein!« entfuhr es Eleya erschrocken.
Sie eilte zu ihm und löste die ohnehin schon brüchigen Stricke. Ehe Landru zu Boden und damit in die Flammen stürzen konnte, fing sie ihn auf, ächzte unter seinem Gewicht. Alle Kraft mußte sie sammeln, um ihn nicht loszulassen. Ihn von hier wegzubringen, schien ihr unmöglich.
War letztlich doch alles vergebens gewesen? Hatte sie ihr Volk umsonst verraten?
»Wach auf«, flüsterte sie schluchzend. »Landru, bitte, so erhöre mich doch.«
Ein Stöhnen wehte an ihrem Ohr vorüber, so leise, daß es nicht von dieser Welt zu kommen schien.
»Landru!« rief Eleya, halb freudig, halb ängstlich.
»Was ...?«
»Hilf mir«, flehte Eleya, als sie sah, daß er die Lider hob. »Komm, wir müssen fliehen.«
»Wie ...?« stöhnte Landru heiser, kaum verständlich.
»Später«, stieß Eleya hervor. »Nun komm.«
Mühsam setzte Landru einen Fuß vor den anderen. Das Toben um ihn her bekam er nur schemenhaft mit, in Fragmenten, deren Sinn ihm kaum bewußt wurde. Einzig Eleyas spürbare Erregung fachte seinen eigenen Willen an, gab ihm zumindest genug Kraft, ihre Bemühungen, ihn fortzubringen, zu unterstützen.
Wie durch ein Wunder oder als bewegten sie sich in etwas wie einem Tarnfeld konnten sie diesen grauenvollen Ort unangefochten verlassen. Hinter ihnen erstarben die Schreie und der Lärm des Schlachtens. Still wurde es dennoch nicht.
Landru vernahm Laute, die ihm immer noch entsetzlich vertraut waren.
Gieriges Schlürfen und Schmatzen .
*
Wochen später?
Nie zuvor hatte Landru ein
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