Die Verdammnis
Es gibt ein Dutzend oder mehr Namen. In jeder Gegend nennt man sie anders.«
»Und was macht dich zum Experten?«
»Ich habe mich der Jagd nach ihnen verschrieben.« Wie liebkosend fuhren Vlads Finger über seine Pfahlwaffe.
»Was hat dich dazu gebracht?« wollte Landru wissen.
Tepes zuckte grinsend die Schultern. »Es muß wohl eine Art alter Schuld sein, die ich damit zu begleichen habe. Sünden abbüßen und all das - du verstehst?«
»Ja, nur zu gut«, antwortete Landru düster.
»Warum bist du so scharf auf die Biester?« fragte der, den sie im Leben wie im Tode den »Pfähler« nannten - wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.
»Ich habe meine Gründe«, erwiderte Landru. Er sah wenig Sinn darin, Tepes davon zu erzählen, was ihm in der Illusion des Dunklen Doms in Aussicht gestellt worden war. »Erzähl mir von ihnen.«
Der Pfähler atmete tief ein. »Tja, wo soll ich da anfangen?« Er überlegte sichtlich. Dann begann er: »Sie ernähren sich vom Blut ihrer Opfer, aber das wirst du sicher wissen. Diese Opfer suchen sie sich gern in abgelegenen Gegenden und kleinen Siedlungen. Sie meiden Städte wie diese«, - er wies mit dem Daumen über die Schulter - »weil sie hier auf Gegner treffen könnten, die ihnen vielleicht überlegen wären. Manchmal veranstalten sie regelrechte Treibjagden. Sie töten ihre Beute dann nicht auf der Stelle, sondern nehmen sie mit. Vermutlich füllen sie ihre Vorratskammern mit den armen Geschöpfen auf. In dieser Festung muß es grauenhaft zugehen ...«
Landru horchte alarmiert auf. »Festung? In welcher Festung?«
»Die Biester residieren in einer sagenumwobenen Bergfestung. Manche sagen auch, es wäre eine riesige Stadt, die diese ... Vampire sich in dem Berg gebaut haben«, erklärte Vlad Tepes.
»Wo liegt diese Festung oder Stadt?«
»Keine Ahnung. Ich war noch nie dort. Es heißt, niemand, der nicht befugt ist, könnte sie betreten. Und niemand von denen, die es durften, hat sie je wieder verlassen.«
Der Begriff Festung weckte tief in Landru noch unbenennbare Assoziationen. Es war, als spräche ein instinkthafter Sinn darauf an.
»Ich muß dorthin.« Die Worte kamen ihm wie von selbst über die Lippen.
»Das steht schon seit langem auch auf meiner Liste«, sagte Vlad Tepes.
»Warum hast du es nie versucht?«
»Weil mir bisher der richtige Partner dazu fehlte«, erwiderte der Pfähler mit hartem Grinsen.
»Gut«, nickte Landru. »Wie können wir es schaffen?«
Er war in diesem Augenblick froh darüber, daß Eleya kurz nach ihrer Ankunft hier in Schlaf gesunken war. Sie wäre ganz und gar nicht mit seinen Plänen für die nächste Zukunft einverstanden gewesen.
»Nun«, begann Vlad, »es gibt eine Möglichkeit. Ab und zu werden Gäste dorthin eingeladen, wenn man es so ausdrücken möchte.«
»Wie kommt man an so eine Einladung?«
»Indem man die Kämpfe in der Arena überlebt.«
Landru starrte sein Gegenüber fragend an.
»Daß die Bestien in der Stadt nicht nach Opfern jagen bedeutet nicht, daß sie nicht hierher kämen. Es werden Kundschafter von der Festung entsandt, und sie veranstalten in den Arenen der Stadt große Kämpfe. Die Sieger dieser Schlachten haben schließlich die zweifelhafte Ehre, die Festung betreten zu dürfen.«
Unglaube zeichnete sich in Landrus Miene ab. »Wer sollte so töricht sein, sein Leben im Kampf aufs Spiel zu setzen, nur um es dann an die Vampire zu verlieren?«
»Oh«, machte Vlad Tepes. »Es gibt genügend Narren, die meinen, es würde sich zu sterben lohnen - für eine Nacht mit der Herrin dieser Bestien.«
»Herrin?«
»Herrin, Königin, Herrscherin ...«, sagte Vlad achselzuckend, »nenn sie, wie du willst. Niemand weiß Genaueres über sie. Angeb -lich führt sie das Regiment über diese Biester. Von geradezu unvorstellbarer Schönheit soll sie sein. Aber niemand hat sie je mit eigenen Augen gesehen - zumindest hatte keiner von ihnen mehr Gelegenheit, von seiner Begegnung mit ihr zu berichten. Womöglich ist sie auch nur eine Legende, eine Art Sagengestalt, mit deren Geschichte man diese Idioten zu ködern versucht.«
Landru schüttelte langsam den Kopf. »O nein. Es gibt sie. Ich bin ganz sicher, daß sie existiert.«
Und ich weiß auch, wie sie aussieht, fügte er in Gedanken hinzu, während vor seinem geistigen Auge das Bild einer atemberaubend schönen jungen Frau aus dunkelster Erinnerung erstand. Tiefgrüne Augen, wehendes schwarzes Haar, ihr Körper die Sünde selbst .
Landru zerbiß ihren Namen
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