Die Verdammnis
Bilder, und jedes davon hatte Landrus Tod zum zentralen Inhalt.
Allmählich nahm der Lärm ab. Mit jeder Gangbiegung, die Eleya hinter sich ließ, verlor er an Macht.
Ihre Angst indes blieb nicht zurück, folgte ihr wie ein Schatten. Nur war es nicht mehr die Angst um Landru, die in und an ihr nagte.
Diese Angst war sehr viel älter.
Eleya hatte sie lange nicht verspürt.
Die Angst vor ihnen.
Und nie war diese Angst begründeter gewesen als hier und jetzt.
*
Dunkle Flecken verliehen dem Boden eine bizarre Maserung. Blut verschiedenster Färbungen hatte den Staub getränkt, und Landru konnte sich rühmen, einen großen Teil davon vergossen zu haben.
Das meiste vom anderen Teil ging auf Vlad Tepes' Konto.
In ihrem ersten Kampf hatten sie beide als krasse Außenseiter gegolten. Zu groß, zu mächtig waren jene erschienen, die ihnen als Gegner in die Arena geschickt worden waren. Entsprechend hatte sich das blutgeile Publikum auf Seiten ihrer Widersacher gestellt.
Doch als schließlich deren Blut geflossen war, hatte ein Umschwung in der Gunst der Zuschauer stattgefunden. Erste Anfeue-rungsrufe hatten Landru und Vlad gegolten, immer mehr waren mit eingefallen. Landru wußte im nachhinein nicht mehr zu sagen, wann auch die letzten Zuschauer das Lager gewechselt hatten.
Ebensowenig konnte er sich erklären, wie Vlad und vor allem er selbst es geschafft hatten, all die mörderischen Kämpfe zu überstehen - wenn auch nicht völlig heiler Haut. Das Blut, das seine Haut verklebte und dort, wo es schon angetrocknet war, spannen ließ, war nicht nur das seiner gefallenen Kontrahenten.
Manchmal war es Landru vorgekommen, als könnte er wieder über seine alten Kräfte und Fähigkeiten verfügen, so kompromiß-und mühelos hatte er seine Gegner niedergemacht. Die bloße Erinnerung an diese alte Macht mußte genügt haben, sich ihrer (fast) bedienen zu können. Zumindest aber hatte diese Erinnerung ihm geholfen, an sich selbst zu glauben und ihn gestärkt.
Jetzt allerdings wünschte Landru beinahe, es wäre nicht so gewesen und daß er die Kämpfe nicht überlebt hätte. Dann nämlich wäre ihm dieser letzte erspart geblieben - der Kampf gegen den letzten Überlebenden.
Gegen Vlad Tepes.
Aber die grausame Tatsache, daß er nun gezwungen war, gegen seinen Freund anzutreten und ihn zu töten, fügte sich stimmig in die Kette all jener Ereignisse, unter denen Landru litt, seit er in dieser verdammten Unweit erwacht war.
»Hast du gewußt, daß es so kommen würde?« fragte er Vlad, der ihm gegenüberstand, während um sie her auf den Rängen das Toben und Schreien kaum mehr Grenzen fand.
»Nein. Bisher gestatteten sie immer mehreren Kämpfern, das Spektakel zu überleben und zur Festung zu reisen«, sagte Tepes, von dessen Pfahl dunkles Blut tropfte.
»Warum diesmal nicht?«
»Jemand scheint höllischen Spaß daran zu haben, uns gegeneinander zu hetzen«, meinte Vlad Tepes, bitter grinsend.
»Ja, so muß es wohl sein«, erwiderte Landru. »Gibt es keinen anderen Weg als diesen?« Er wies mit vager Geste auf Tepes' Pflock, dann auf die langstielige beilartige Waffe, die man ihm zu Beginn gegeben hatte und deren Schneiden längst dunkel verkrustet waren.
»Nein«, sagte Tepes mit knappem Kopfschütteln. »Und ich bin bereit, alles in Kauf zu nehmen, was mich zu ihr bringt.«
Kein Zucken seiner Miene oder irgendeines Muskels warnte Land-ru. Vlad Tepes stürzte sich völlig unvermittelt auf ihn.
Aus Freunden wurden Feinde.
Todfeinde!
* Vlad Tepes war verdammt schnell, sowohl in seinen Körperbewegungen als auch mit seinem Pfahl.
Landru machte nicht den Fehler zu versuchen, sich diesem Tempo anzupassen. Er reagierte besonnen und erkannte mit animalischem Instinkt, wann Tepes fintierte und wann er wirklich gezielt zustieß und -schlug. Eiskalt nutzte er jede Gelegenheit, seinerseits Treffer anzubringen, wenn der Pfähler ihm ungeschützt gegenüberstand -stets dann, wenn Landru ihn hatte ins Leere laufen lassen.
Trotzdem zögerte er, Tepes wirklich zu verletzen. Er trachtete, ihn immer nur mit der flachen Klinge seiner Streitaxt zu treffen. Vielleicht würde es genügen, ihn kampfunfähig zu machen, bewußtlos zu schlagen.
Es genügte nicht.
Denn Vlad Tepes kannte solche Skrupel nicht. Sein Gesicht war längst die Fratze eines Besessenen, eines Fanatikers. Dunkle Ringe lagen um seine Augen, Speichel troff ihm von den Lippen, und das Blut der vorherigen Gegner lag ihm wie eine schauerliche Kriegsbemalung auf
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