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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Leittier des Rudels werden.
    »Was nun?« brüllte Putkin mit geschwellter Brust.
    Andreas bückte sich langsam und nahm ebenfalls einen dicken Ast vom Boden. Er wog ihn in der Hand, sah dann wieder Putkin an und erschrak. Die Augenhöhlen des Mannes begannen rot zu werden. Es war, als sickere Blut durch die Haut. Nackte Vernichtung lag in dem Blick, das blanke Töten, an dem jedes weitere Wort verbrannte.
    »So ist das also?« sagte Putkin mit schrecklicher Dumpfheit.
    »Die Knüppel weg!« schrie die Susskaja und lief mit Nadeshna hinzu. Aber es war vorauszusehen, daß sie zu spät kamen. Morotzkij stand wie erstarrt.
    »Sie sind ein Tier!« sagte Andreas leise. »Ein gefährliches, reißendes Tier … jetzt sieht man es.«
    »Nur heran!« Putkin wippte mit dem dicken Knüppel. In seiner breiten Brust rumorte die Mordlust, der Atem brodelte durch die Lungen. »So wahr es mir in den Fingern juckt, ich schlage dir den Schädel ein! Nur heran!«
    Sie duckten sich gleichzeitig und hielten sich mit den Blicken fest. Der allererste Schlag, das wußte jeder von ihnen, war der wichtigste.
    Wenn zwei Bären sich gegenüberstehen, um für die Herrschaft in ihrem Revier aufeinander loszugehen, dann ist ihr mienenloses Gesicht noch starrer, noch kälter, noch rätselhafter als sonst. Nur die Augen bekommen einen kalten Glanz und jene Starrheit, die Erbarmungslosigkeit bedeutet.
    Nicht anders war es bei Putkin. Er musterte Andreas, wartete auf ein Zucken des Gegners, auf jenen unbedachten Angriff, dessen Richtung sich vorher immer im Blick spiegelt. Das ist ein alter, aber nie versagender Trick: Blick deinem Gegner nicht auf die Fäuste, sondern in die Augen … dort entscheidet sich alles!
    Es war Morotzkij, ausgerechnet das dürre, mit Haut überzogene Gerippe, das dem sinnlosen Spiel ein Ende bereitete. Er warf von der Seite, gut gezielt, dem lauernden Putkin sein Tagebuch ins Gesicht und nutzte die sekundenlange Verwirrung, um ihn mit einem mächtigen Tritt in den Hintern nach vorn zu schleudern. Putkin, darauf nicht vorbereitet, stolperte, fiel nach vorn, stützte sich mit den Armen ab und blieb schnaufend auf den Knien liegen.
    Jetzt waren auch Nadeshna und die Susskaja heran, rissen Andreas zurück und stellten sich wie eine kleine, armselige Mauer vor ihn. Putkin brüllte, sprang auf und zitterte vor Wut.
    »Nicht Makar Lukanowitsch ist verrückt, sondern Sie!« sagte Jekaterina Alexandrowna. Ihre feste dunkle Stimme hatte eine verblüffende Wirkung. Putkin ließ den dicken Knüppel fallen und wischte sich mit beiden Händen über das verzerrte Gesicht. »Wollen wir uns zerfleischen, noch bevor wir die ersten Schritte aus diesem Wald getan haben? Igor Fillipowitsch, wir werden in den nächsten Wochen noch viel Gelegenheit haben, uns gegenseitig bis in die tiefste Seele zu hassen. Sparen Sie sich Ihre Kräfte dafür auf.«
    »Sie haben recht, Katja. Wie recht Sie haben!« Putkin schüttelte den Kopf. »Aber ich kann es nicht ändern, auch wenn ich es wollte. Es sitzt zu tief da drinnen.« Er klopfte mit den dicken Fäusten gegen seine muskelgespannte Brust. »Wenn ich jemanden beten sehe, wenn ich vor einem Altar stehe, ja, wenn ich nur einen Kirchturm sehe oder eine Glocke läuten höre … mir zerreißt es das Gehirn! Ihr müßt das wissen, Genossen.« Er blickte mit seinen blutunterlaufenen Augen um sich, und plötzlich spürten sie alle, daß sie Mitleid mit Putkin empfanden. »Auch ich hatte eine Mutter, auch wenn ich nicht dauernd wie Makar danach schreie. Als sie nach dem Großen Vaterländischen Krieg allein zu Hause blieb, als sie wartete und wartete, ob Väterchen wieder zurückkommen würde, und er kam nicht, lag irgendwo in der Erde, wer weiß wo, in Polen, in Deutschland, er blieb einfach weg … da wurde sie – verdammt noch mal – wie Nadeshna. Sie begann zu beten, kniete in den Kirchen, kannte nichts als Gott, die Popen, Kerzen und fromme Gesänge, bis man sie mir eines Abends nach Hause brachte, total verrückt, mit Engeln sprechend und Tichon – das war mein Vater – zärtlich zuflüsternd, als läge er neben ihr im Bett. Nach vier Wochen starb sie, an einer Hirnentzündung, sagte der Arzt.« Putkin riß sein Hemd vor der Brust auf, als beenge ihn selbst dieser dreckige, zerfetzte Stoff. »So ist das, Freunde. Und ich bitte, ich flehe Nadeshna Iwanowna an, nie mehr in meiner Gegenwart zu beten oder Altäre zu bauen –«
    Man respektierte seinen Wunsch, denn man hatte jetzt auch anderes zu tun. Wie

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