Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Lastesel schleppten sie alles, was man gebrauchen konnte, aus den verstreuten Trümmern in die Mitte des Windbruchs und häuften es dort auf. Kisten und Kartons, Werkzeuge und Eisenstangen, Bleche und die vier dicken Gummiräder des Flugzeuges, die noch an den unversehrten Achsen hingen. Putkin untersuchte die Überreste der Kanzel, fluchte gotterbärmlich, als er den Funkapparat unbrauchbar vorfand, aber dann kam er mit zwei Taschen zurück und setzte sich neben den noch immer festgebundenen Benerian. Der Pilot hatte sein kindisches Greinen aufgegeben … er sah mit abwesenden Augen um sich, rief ab und zu, wie der Kuckuck in einer Kuckucksuhr: »Rajetschka! Rajetschka!«, aber darum kümmerte sich schon keiner mehr. Man hatte sich schnell daran gewöhnt und wurde nur unruhig, wenn Benerian zu lange Pausen zwischen seine Mutterrufe einlegte.
    »Er war ein stilles Säuferchen, unser Hauptmann und Held«, sagte Putkin und öffnete die Taschen. »Seht einmal her … unter dem Sitz versteckte er den besten Wein von ganz Rußland. Hier –« Er hob einige Flaschen heraus und hielt sie in die Sonne. »Der schwarze Muskat ›Massandra‹. Wer kennt ihn? Keiner? Ungebildetes Volk. Ein Krimwein, granatrot, mit einem leichten Aroma nach Schokolade. Und hier – der herrliche rosa ›Jushnobereshnyi‹. Der duftet, sage ich, der schmeckt wie eine Teerose von Kasanlyk. Und hier: Zinandali, Gurshaani, Aleatiko … Makar Lukanowitsch, du warst ein Kenner!« Er hielt Benerians hin- und herpendelnden Kopf fest und hob das Gesicht zu sich hoch. Benerian glotzte ihn an. Er erkannte seine Welt nicht mehr. »Warum können Sie ihm nicht helfen, Katja«, fragte Putkin heiser. »Warum studiert man so lange Medizin, wenn man nachher wie ein Bettnässer hilflos vor dem nassen Bett steht?«
    »Das menschliche Gehirn wird das einzige Wunder sein, das dem Menschen noch bleibt«, sagte die Susskaja langsam. »Wenn Makar den Verstand verloren hat, muß er ihn sich selbst wieder suchen.«
    Putkin ließ Benerians Kopf los … er pendelte weiter hin und her. »Ich wußte gar nicht, daß Sie so voller Sarkasmus stecken, Katja«, sagte er.
    »Sie wissen gar nichts über mich, Igor Fillipowitsch.«
    »Das stimmt. Warum nicht? Was verbergen Sie? Haben Sie auch, wie der Professor, einen umgebracht? Nicht mit dem Küchenmesserchen, sondern mit Pillchen und Spritzen?«
    »Das steht mir noch bevor.« Die Susskaja sah Putkin ruhig an. Ihre schwarzen Augen waren das herrlichste, was je aus einem Gesicht herausgeleuchtet hatte. »Sie sollten vorsichtiger sein, Putkin.«
    »Oho! Ist das eine Drohung?« Seine Stimme wurde unsicher. Man hörte es deutlich.
    »Eine Feststellung, Igor Fillipowitsch. Sie werden verrückt, wenn Sie beten hören oder Altäre sehen … ich hasse Spitzel des KGB. Ich wäre bereit, alles zu tun, um Männer wie Sie zu vernichten.«
    »Das ist eine klare Sprache«, Putkin blickte sich um. Die anderen umstanden ihn und starrten ihn düster an. Sogar der lange Morotzkij machte keine Ausnahme, obwohl er als frei herumlaufender unbekannter Mörder keinen Grund dazu hatte. »Alle gegen mich! Alle gegen einen! Und dabei sollte es jetzt heißen: Einer für alle, alle für einen! Freunde, ich versichere: Ich bin kein Spitzel gewesen. Ich hatte nur diesen einen blöden Auftrag, den Deutschen Andreas Herr nicht aus den Augen zu lassen. Ist das ein Verbrechen, he? Zur Sicherheit unseres Vaterlandes war es! Sind wir nicht alle Russen? Lieben wir nicht unsere Heimat? Na, Freunde?«
    »Ich werde Sie in ein paar Wochen an diese Liebe erinnern, Putkin«, sagte die Susskaja und wandte sich ab. »Dieser Wald verlangt mehr Liebe, als ein Mensch geben kann –«
    Es schien so, als habe die Susskaja wieder einmal recht.
    In den Trümmern fand man endlich eine genauere Karte, aber natürlich nicht die Flugroute. Man konnte sie nur ahnen, wenn man den geraden Strich von Suchana bis Irkutsk zog. »In Sibirien gibt es keine Luftstraßen«, sagte Morotzkij und legte seinen Zeigefinger auf einen Punkt der Karte. »Unten und am Himmel ist Platz genug. Nehmen wir an, Makar ist den geraden Weg geflogen, dann sitzen wir jetzt hier. Genau hier. Nördlich des Wiljuj, südlich des Olenek, irgendwo in der Nähe des Quellgebietes des Tjunjan oder der Tjuna. Es kann auch bei der Lindja sein … jedenfalls hier. Das bedeutet …«
    Morotzkij schwieg. Er sah Nadeshna an … als Lehrerin verstand sie etwas von Geographie. Sie wußte, was er sagen wollte. Putkin sprach es

Weitere Kostenlose Bücher