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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Satanerie. Es macht ihr einen höllischen Spaß, mich mit dem Himmel zu ärgern. Warum wohl? Weil sie an mich denkt, wenn Morotzkij sie wie eine vertrocknete Fledermaus beflattert. Das ist es!«
    Andreas sah Putkin lange an.
    Der wich seinem forschenden Blick aus, griff in den Grashaufen und stopfte weiter die Ritzen. Aber er drückte die Büschel in Stellen, wo es gar nicht mehr nötig war.
    Mein Gott, dachte Andreas, das durfte nicht auch noch hinzukommen. Zum Leben in der Taiga verbannt, mit Gold geködert … und nun noch dies.
    »Igor Fillipowitsch –«, sagte er gedehnt, »du verdammter Narr! Seit wann liebst du Nadeshna?«
    »Halt das Maul!« schrie Putkin und warf Andreas einen Haufen Gras an den Kopf. »Sag kein Wort mehr. Ich bin in der Stimmung, den Teufel zu erwürgen!«
    Er hieb mit beiden Fäusten gegen die dicke Wand aus Rundstämmen, und es klang, als schlage jemand auf eine riesige Pauke. Draußen heulte der Sturm dazu, und wenn man das Keuchen Putkins hinzunahm, war das ein Konzert von elementarer Wucht.
    In dieser Nacht schlief Andreas neben Morotzkij und Nadeshna auf der Erde. Katja hatte das Gewehr mit auf den Ofen genommen und ließ es in ihrer Armbeuge liegen. Putkin verstand diese neue Verteilung genau, legte sich auf die andere Seite neben den Ofen und schielte zu Andreas hinüber, der sich wie ein Wall zwischen ihn und Nadeshna geschoben hatte.
    »Es ist schon vorgekommen«, sagte Putkin später, als das ruhige Atmen bewies, daß Semjon Pawlowitsch und Nadeshna schliefen, »daß man ganze Völker ausrottete, um an eine Frau zu kommen. Denken Sie an Kleopatra …«
    »Aber Sie sind weder Cäsar noch Marc Anton, Igor Fillipowitsch«, antwortete die Susskaja vom Ofen herab. »Sie sind nichts als ein unbeherrschter Mensch.«
    »Das ist genug.« Putkin wälzte sich auf die Seite. »Ich rieche Frauen. Verflucht, dieser Geruch bringt mich um den Verstand. Ich werde mir eine eigene Hütte bauen. Wer kann das aushalten … zwei nackte Weiber im Zimmer, man hört sie, man sieht sie, man riecht sie … und hat unter sich nur die Dielen! Das ist die Hölle, Katja Alexandrowna. Wenn Sie das nicht einsehen, haben Sie kein Herz.«
    Er hieb wieder mit der Faust gegen die Hauswand, seufzte tief und schwieg dann.
    Keiner wußte, wann er endlich einschlief.

XX.
    Am fünften Tag konnten sie endlich das Haus verlassen.
    Draußen war es so still, als habe der Sturm alles getötet, als habe er alles weggefegt und die Erde wäre wieder kahl und leer wie zu Urbeginn.
    Aber die Taiga stand noch. Die riesigen Bäume stachen in den blauen Himmel, es schien sogar die Sonne, die Schneeberge glitzerten, wie mit Diamantstaub eingepudert, das Eis des Flusses leuchtete bläulich-weiß, als wäre es aus Glas. Die Kälte traf sie wie ein Schlag, als sie nach langem Drücken endlich die Haustür aufstoßen konnten und durch einen Spalt hinausschlüpften, ein klirrender, von der Sonne vergoldeter Frost, der sich sofort in ihre Gesichter fraß und die Haut erstarren ließ.
    »Welch ein Tag!« sagte Putkin und dehnte sich. »Das ist Sibirien, Freunde! Die Majestät der Kälte! Ich habe Lust, auf den Fluß zu gehen, ein Loch zu schlagen und die Fische heranzulocken. Andrej, nimm die Axt …«
    »Bleibt stehen –«, sagte Morotzkij plötzlich leise. »Rührt euch nicht! Putkin, dämpfen Sie die Stimme …« Er war ein Stück vorausgehumpelt und hatte hinter das Haus geblickt. Nun kam er zurück, Schritt für Schritt mit dem Rücken zur Tür, als käme es darauf an, sich zu bewegen, ohne eine Bewegung zu zeigen.
    »Er sieht wieder irgendein Vieh«, sagte Putkin gedämpft. »Katja, holen Sie das Gewehr. Was ist's denn, Semjon Pawlowitsch?«
    »Ihr werdet es nicht glauben.« Morotzkij hatte die Tür erreicht und war damit anscheinend aus dem Blickfeld seiner Entdeckung. »Neben dem Haus steht eine Elchkuh.«
    »Was steht da?«
    »Eine Elchkuh.« Morotzkijs knöchernes Gesicht glänzte wie mit Öl eingerieben. »Das ist eine Sensation! Nicht nur, daß es hier kaum Elche gibt … ein Elch sucht die Nähe von Menschen! Wer hat das schon gehört? Der Sturm muß sie weggetrieben haben. Putkin, bleiben Sie stehen! Die Elchkuh lehnt an der Hauswand –«
    »Ein kluges Tier! Elchkeule in saurer Sahne … das ist ein Genuß.« Putkin streckte die Hand nach hinten aus. »Das Gewehr, Katja Alexandrowna.«
    »Sie werden die Elchkuh nicht schießen! Ich werde sie einfangen.«
    »Wollen Sie sie melken, Morotzkij?«
    »Ich werde sie ans Haus

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