Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
nur einbilden. Das Gefühl ist viel zu stark. Da draußen muss jemand sein – oder etwas.
Ben fragte sich, ob er rufen oder seine Fackel wieder anzünden und sich auf die Suche begeben sollte.
Aber nach den Niederlagen des heutigen Tages hielt er es für das Beste, die Sache auf sich beruhen zu lassen und zu hoffen, dass ihm das, was sich dort draußen befand – was immer es sein mochte –, nichts Böses wollte.
Ben kehrte in die Dunkelheit der Kirche zurück, zu seinem kleinen Lagerfeuer und der langen Nacht, die auf ihn wartete: der ersten Nacht, die er je allein verbringen würde.
Nick schreckte durch Schüsse aus dem Schlaf hoch.
Er setzte sich auf. Im Licht der wenigen Lagerfeuer erkannte er einen Tumult am Stand des Fleischhändlers.
Auch Josephine, die neben Nick lag, rührte sich. »Ein Gewehr?«
»Ich glaube, ja«, antwortete Nick und fragte sich, ob der Schuss innerhalb oder außerhalb des Lagers abgefeuert worden war.
Überall im Foyer des Rathauses waren die Überlebenden entweder bereits wach oder wachten nach und nach auf. Um den Stand des Fleischhändlers hatte sich eine kleine Gruppe versammelt.
»Ich frage mich, was da passiert ist«, sagte Nick. Er drehte sich zu Graham um. Die Stelle, an der er gelegen hatte, war leer.
»Wo ist Graham?«, wollte Nick von Josephine wissen.
Josephine wischte sich über die Augen und gähnte. »Keine Ahnung! Ich hab seit dem Nachmittag geschlafen.«
Man hatte ihnen erlaubt, im Lager zu bleiben, weil sie etwas zu essen gekauft hatten: Das Mitgefühl im ehemaligen Rathaus war wirklich erstaunlich.
Nick sah wieder zu der Menge hinüber, die sich in einiger Entfernung versammelt hatte.
Wie bei Moses, der das Rote Meer teilte, teilten sich die Massen. Will tauchte auf und steuerte mit entschlossenen Schritten und seinem Gewehr in der Hand auf sie zu.
»Oh, Scheiße«, stöhnte Nick. Ein ungutes Gefühl stieg in ihm auf und sein Magen krampfte sich zusammen.
»Was ist los?«, fragte Josephine verängstigt.
»Ihr zwei, aufstehen!«, bellte Will. Als er sich ihnen näherte, legte er das Gewehr an und zielte damit auf Nick.
»Hey, Moment mal …«, stammelte Nick.
»Hoch mit euch, sonst schieß ich dir ein Loch in den verdammten Schädel!«
Nick sprang auf und half Josephine auf die Beine.
»Hör mal, ich weiß ja nicht, was du glaubst …«
Will zielte mit der Waffe auf Josephine und sie verstummte.
»Verschwindet von hier, alle beide. Wir wollen euch hier nicht mehr.«
Nick schluckte. »Aber es ist mitten in der Nacht.«
Will richtete seinen finsteren Blick – und sein Gewehr – auf Nick. »Das ist mir egal. Euer Freund hat versucht, etwas zu stehlen. Ihr seid seine Gefährten und damit seine Komplizen.«
»Was?«, keuchte Josephine. »Graham tut so etwas nicht.«
»Ach, nein? Warum liegt er dann mit einer Kugel im Hirn da hinten auf dem Boden und klammert sich immer noch mit einer Hand an dem Knüppel fest, den du Mike verkauft hast?«
Nick hörte, wie Josephine nach Luft schnappte. Dann begann sie zu schluchzen. »Du Mistkerl.«
»Gib mir nicht die Schuld. Gib deinem diebischen Freund die Schuld.«
»Mein Gott, hier drin ist doch sowieso alles gestohlen!«, schrie Josephine.
Wills Augen zuckten. »Das ist nicht der Punkt. Euer Freund hat versucht, uns zu bestehlen, und er hat den Preis dafür bezahlt. Ich lasse bei euch beiden Gnade walten und erschieße euch nicht an Ort und Stelle. Ihr solltet dafür dankbar sein und zusehen, dass ihr verdammt noch mal von hier verschwindet, bevor ich meine Meinung ändere.«
»Komm«, flüsterte Nick und nahm Josephine bei der Hand.
»Ich dachte, Überlebende sollten einander helfen«, sagte Josephine.
»Da hast du falsch gedacht.«
Nick beugte sich nach unten, um die Opossumhüften aufzuheben.
»Lass sie liegen.«
Nick richtete sich wieder auf. »Wir haben dafür bezahlt. Komm schon, lass uns wenigstens unser Essen mitnehmen.«
Will schüttelte den Kopf. »Und denkt nicht mal dran, je wieder herzukommen. Wenn ich einen von euch noch mal sehe, schieße ich sofort.«
Nick sah Josephine an. Aus ihrem leeren, für gewöhnlich völlig versteinerten Gesicht sprachen entsetzliche Wut und Hass.
»Gott wird euch dafür bestrafen.« Sie sah an Will vorbei. »Gott wird euch alle bestrafen!«, brüllte sie.
Nick zog Josephine zur Vordertür.
»Gott hat uns vor ungefähr vier Jahren verlassen«, rief Will ihr nach. »Wir sind ganz allein in dieser Hölle. Du bist eine Närrin, wenn du etwas anderes
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