Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
einige Stellen des Bodens, der einer Einöde aus Geröll und heruntergefallener Rinde und Blättern glich, ganz feucht waren.
Paul blieb stehen, um ein wenig von dem Wasser aufzufangen, das von der Eberesche tropfte. Er beugte sich nach vorne und legte seine hohle Hand an den Stamm. Als seine Handfläche sich ausreichend gefüllt hatte, führte er die Hand vorsichtig zum Mund und schlürfte. Das Wasser schmeckte nach Dreck und es besaß einen leicht metallischen Beigeschmack, aber es befeuchtete seine aufgerissenen Lippen und machte seine trockene Kehle geschmeidiger.
Während er neben dem großen Baum stand, fiel ihm auf, wie unglaublich sauber die Luft roch. Der typisch abgestandene, modrige Gestank des Parkhauses eines Einkaufszentrums in der Vorstadt war durch den Geruch von frischem Eukalyptus und nasser Erde ersetzt worden.
Paul ging weiter, stieg über zerbrochene Rohre, zertrümmerte Neonleuchten und ein rotes Schild mit der Aufschrift DURCHGANG VERBOTEN, das verbogen und nutzlos zwischen all den Trümmern lag.
Als er die Rampe und den zerbrochenen Pfeiler erreichte, der wie ein monumentaler Schlagbaum quer darüber lag, hielt er nach irgendeiner Lücke Ausschau, durch die sie kriechen, oder nach einer Stelle, an der sie darüberklettern konnten. Er entdeckte weder das eine noch das andere. Der Schutt von drei Ebenen eingestürzten Betons hatte nicht einmal die kleinste Spalte übrig gelassen: Die kleinen Zementbrocken hatten das zerstörerische Werk des Pfeilers zu Ende gebracht.
Paul stieß einen flachen Seufzer aus – seine Rippen ließen kein entschiedeneres Seufzen zu.
Er fühlte sich niedergeschlagen und beschloss, auch den Bereich des Parkdecks zu erkunden, den sie bislang ignoriert hatten: die Sackgasse beziehungsweise den kurzen Korridor und kleineren Teil dieser großen, mächtigen L-förmigen Tiefgarage.
Er trottete durch den Wald und blieb stehen, als er ein frisch gewebtes Spinnennetz erreichte, das sich zwischen den Aushöhlungen in der Rinde eines neu aufgeschossenen Baums versteckte.
Hier drin gibt’s Spinnen?
Paul blickte sich im Wald um, starrte dann zu der zertrümmerten Decke hoch und fragte sich, welche anderen Viecher sich wohl sonst noch hier tummelten – oder demnächst auftauchten.
Er setzte sich erneut in Bewegung und hatte den kurzen Korridor schon bald erreicht. Er bog um die Ecke und blieb stehen. Was er sah, unterschied sich nicht allzu sehr vom Rest des Geländes: jede Menge Bäume und zerstörter Beton. Aber Paul bemerkte, dass einer der umgekippten Betonpfeiler an einer Eberesche lehnte. Der Pfeiler befand sich etwa in einem 45-Grad-Winkel zum Baum und sein oberes Ende befand sich weniger als einen Meter von dem Loch entfernt, das die Esche in die Decke gebohrt hatte. Paul wurde ganz aufgeregt und hoffte inständig, dass er eine Möglichkeit gefunden hatte, auf die dritte Ebene zu gelangen. Er stolperte auf den umgefallenen Pfeiler zu.
Pauls Enthusiasmus währte jedoch nicht lange. Der Pfeiler bildete zwar eine direkte Leiter vom Boden zum darübergelegenen Stockwerk, war jedoch viel zu steil, um daran hochzuklettern. Außerdem schien ihm die Betonoberfläche viel zu glatt zu sein – ganz zu schweigen davon, dass sie aufgrund des Regens enorm rutschig sein musste.
»Verdammt«, murmelte er.
Er ging zu Harold zurück und fand den alten Mann an den Pfeiler gelehnt vor. Als Paul Harolds finsteren Gesichtsausdruck bemerkte, wusste er, dass auch seine Aufklärungsmission ein Reinfall gewesen war. »Kein Glück?«
Harold schüttelte den Kopf. »Die verdammte Esche versperrt den Durchgang komplett. Und bei Ihnen?«
»Kein Durchkommen.«
Harold seufzte. »Das war’s dann wohl. Wir stecken hier unten fest, bis … nun ja, bis Hilfe kommt.«
»Sieht ganz so aus.«
»Ich schätze, wir sollten besser anfangen, nach Essen und Behältern zu suchen.«
Harold ging voraus, und gemeinsam setzten sie sich in Richtung der Autos in Bewegung.
Bruce übernahm die Führung. Beth hatte darauf bestanden und ihm gesagt, es sei das, was ein echter Gentleman tun würde. Von wegen Gentleman: Sie wollte nur nicht, dass er hinter ihr hertrottete. Sie traute ihm keinen Meter weit. Langsam bewegten sie sich über den Parkplatz, wateten durch Betonscherben und loses Geröll und beteten zu Gott, dass der Boden unter ihnen nicht einstürzte.
Sich einen Weg zwischen den aufklaffenden Spalten im Boden zu bahnen, während sich die Bäume um sie herum wie strenge Gefängniswärter erhoben,
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