Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
war, als ob sie auf einem Hochseil balancierten. Jedes Mal, wenn Beth schwankte und ins Taumeln geriet, hatte sie Angst, in die Tiefe zu stürzen und auf den Boden der daruntergelegenen Ebene zu knallen. Die Tatsache, dass der Boden vom vielen Regen, der noch immer wie Dutzende winziger Wasserfälle von der Decke strömte, extrem rutschig war, entpuppte sich auch nicht unbedingt als hilfreich.
Es hatte keinen Sinn, praktisch an der Wand zu kleben, wie sie es vergangene Nacht getan hatten – an den Rändern des Parkplatzes standen inzwischen ebenso viele Bäume, wie sich über den inneren Bereich verstreuten. Gott, ich wünschte, ich hätte mich nicht damit aufgehalten, nach unten zu gehen und nachzusehen, ob Paul und Harold in Ordnung sind. Wenn wir einfach gegangen wären, vielleicht … Nein, solche Gedanken durfte sie nicht weiterverfolgen. Sie hatte getan, was sie zu jenem Zeitpunkt für das Richtige hielt.
Endlich, nach einem kräftezehrenden Marsch, der unter anderen Umständen nicht länger als eine Minute gedauert hätte, für den sie an diesem seltsamen Morgen jedoch über 20 Minuten benötigten, erreichten sie – beide vollkommen durchnässt und gereizt – die Rampen.
Eine mächtige Esche hatte sich genau in der Mitte zwischen die beiden Rampen gebohrt. Was auf ihrer Seite übrig geblieben war, entsprach nicht mehr als einem Haufen mit schwarzem Geröll. Ob Teile von der oberen Rampe noch unversehrt waren, konnten sie nicht erkennen – der Baumstamm versperrte ihnen die Sicht.
»Scheiße«, sagte Bruce und drehte sich zu Beth um. »Falls du keine Bärenkräfte hast, kommen wir nie im Leben da durch.«
Beth funkelte Bruce an. »Das seh ich selbst.« Sie ließ ihren Blick zu der Stelle hinaufwandern, an welcher der lästige Baum durch die Decke brach. Unglücklicherweise besaß die Esche keine Äste, die so tief hingen, dass sie mit ihrer Hilfe auf die zweite Ebene hätten klettern können. Bei den dünneren Bäumen ragten zwar auch aus dem unteren Teil der Stämme Äste, aber die Löcher, die diese Bäume in den Zement gebohrt hatten, wirkten noch nicht einmal groß genug, um ein Kind hindurchzuschleusen, geschweige denn einen Erwachsenen – auch keinen Erwachsenen, der so schlank und reptilienartig war wie Bruce.
Beth senkte den Blick.
Sie hörte, wie sich ganz in ihrer Nähe etwas bewegte, so als stolpere jemand durch das Geröll. Sie hob ihren Kopf und spähte in den nahe gelegenen Korridor hinüber. Ohne Neonbeleuchtung und nur mithilfe des spärlichen Sonnenlichts, das diesen Bereich erhellte, konnte sie lediglich ein paar Meter weit in den Gang hineinsehen, bevor er von völliger Dunkelheit verschluckt wurde. Sie starrte in die Finsternis und hatte das Gefühl, dass sie jemand beobachtete.
Ein heißes Kribbeln huschte über ihren Rücken, und sie wandte sich ab.
»Was ist denn los?«, wollte Bruce wissen. »Du siehst aus, als hättest du gesehen, wie …«
»Ich hab gar nichts gesehen«, fiel Beth ihm ins Wort.
Genau, gar nichts, dachte sie, und ihr Mund fühlte sich mit einem Mal ganz trocken an. Candice ist irgendwo auf Ebene zwei. Ich muss Candice finden. In diesem Korridor ist nichts, alles nur Einbildung. Und Candice geht es gut. Ganz genau, ich werde Candice finden, und dann …
»Bist du sicher? Du siehst so blass aus.« Bruce machte ein paar Schritte auf sie zu. Er streckte eine Hand aus und legte sie auf Beths Schulter.
Selbst durch ihre Bluse konnte Beth seine feuchtkalte Handfläche auf ihrer Haut spüren.
»Es geht mir gut«, sagte Beth. »Ich bin nur enttäuscht wegen der Rampe. Ich möchte einfach Candice finden und sicher sein, dass es ihr gut geht.«
Bruce legte auch seine andere Hand auf Beths Schulter. »Hey, mach dir keine Sorgen, es geht ihr ganz bestimmt gut, okay? Wir kommen schon irgendwie auf die zweite Ebene. Aber für den Augenblick …«
Beth sah zu, wie Bruce sich nach vorne lehnte, seinen Mund weit aufmachte und seine Zunge in ihren Mund steckte. Sie hätte Nein sagen und ihn wegstoßen oder zumindest dahin treten sollen, wo es am meisten wehtat. Aber das tat sie nicht. Beth war noch immer vollkommen verstört von dem Gefühl, beobachtet zu werden.
Bruce presste sein Gesicht fest auf ihres und schlabberte wie ein notgeiler Hund ihren Mund ab. Beth konnte seine Hitze spüren, schmeckte seinen schalen Atem und musste beinahe würgen. Bruce schob die Zunge noch tiefer in ihren Mund, zog ihren Körper ganz dicht an seinen und packte mit einer Hand ihren
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