Die Verfluchten
Kleidung ein, die an zahlreichen Stellen zu schwelen begann, und
auch Andrej spürte ein Dutzend winziger, aber glühend heißer Nadelstiche im Gesicht. Mit einem lautlosen Fluch auf den Lippen fuhr
Andrej herum und machte einen taumelnden Schritt in die Richtung,
in der er den Ausgang vermutete.
Um ein Haar wäre es sein letzter gewesen.
Ein dumpfer Knall erschütterte das gesamte Haus. Andrej spürte,
wie sich der komplette Fußboden unter ihm ein Stück weit anhob und
dann mit einem mahlenden Geräusch wieder zurücksank, und
schlagartig verwandelte sich die gesamte vordere Hälfte des Raumes
in ein einziges loderndes Inferno aus weißer Glut und unvorstellbarer
Hitze.
»Raus hier!«, brüllte Abu Dun. Gleichzeitig fuhr er herum und verschwand mit gewaltigen Sätzen in Mustafas Schlafgemach. Der rechte Ärmel seines Mantels brannte, und auch sein gewaltiger schwarzer
Turban hatte bereits zu schwelen begonnen. In seiner Hast prallte er
gegen den Türrahmen, verlor das Gleichgewicht und fiel auf Hände
und Knie herab. Andrej, der unmittelbar hinter ihm war, konnte gerade noch mit einem hastigen Satz über ihn hinwegspringen, bevor er
ebenfalls stürzte.
Das Feuer hatte noch nicht auf diesen Raum übergegriffen, aber die
Luft war auch hier bereits so von Hitze und Qualm geschwängert,
dass das Atmen fast unmöglich war. Von draußen drang mittlerweile
ein ganzer Chor gellender Schreie herein, und er hörte auch Arslans
Stimme, der das Zimmer offensichtlich immer noch nicht verlassen
hatte und irgendetwas hinter ihm herbrüllte.
Andrej versuchte vergeblich, den Nubier auf die Füße zu ziehen.
Abu Dun wirkte benommen, versuchte aber trotzdem mit matten
Bewegungen, Andrejs Hände wegzuschieben und sich aus eigener
Kraft aufzurappeln. Andrej sah ihm einen qualvollen Atemzug lang
dabei zu, dann musste er von der Tür zurückweichen, weil ihn eine
weitere, noch schlimmere Hitzewelle traf. Halb blind vor Schmerz
und Tränen, die seine Augen füllten, taumelte er zum Fenster und
zertrümmerte es mit einem einzigen, gewaltigen Schwerthieb.
Im ersten Moment war die kühle Nachtluft, die hereinströmte, ein
unglaubliches Labsal. Andrej füllte seine Lungen mit einem tiefen,
gierigen Atemzug - und dann konnte er spüren, wie die eisige Nachtluft regelrecht vor ihm floh und sich die Hitze in seinem Rücken
schlagartig ins Unerträgliche steigerte!
Instinktiv drehte er sich um.
Und wünschte sich, es nicht getan zu haben.
Hinter ihm hatten sich die Pforten der Hölle geöffnet. Die Tür erstrahlte in einem unheimlich lodernden, weißen und orangeroten
Licht, das die Umrisse aller Dinge im Raum aufzulösen schien. Er
spürte mehr, als er sah, dass Abu Dun endlich auf die Füße kam und
mit einem gewaltigen Satz in seine Richtung sprang, um das rettende
Fenster zu erreichen, aber da war auch noch eine zweite Gestalt, ein
zuckender Schatten, von dem er nicht wusste, ob nur das Licht seine
Umrisse verzerrte oder er tatsächlich lichterloh brannte.
Andrej warf sich instinktiv zur Seite und fiel auf die Knie, während
Abu Dun über ihm aus dem Fenster sprang und versuchte, ihn mit
sich zu reißen. Er verfehlte ihn zwar, riss dabei aber ein gutes Stück
des Fensterrahmens heraus. Die tatsächlich in Flammen stehende
Gestalt taumelte auf ihn zu, und er erkannte jetzt, dass es Arslan war,
der irgendetwas schrie, was in den tosenden Flammen unterging.
Sein Mantel und der Turban standen in Flammen. Auch sein Haar
und seine Augenbrauen schienen zu schwelen.
Obwohl jeder Atemzug eine Qual war, sprang Andrej auf die Füße
und taumelte auf den Hauptmann zu. Arslan schrie und begann genau
wie Mustafa vor wenigen Augenblicken in blinder Panik nach ihm zu
schlagen. Andrej ignorierte die Schläge, obwohl er zwei oder drei
Mal hart im Gesicht getroffen wurde, packte den Hauptmann und
zerrte ihn mit einem groben Ruck wieder zum Fenster. Andrej konnte
spüren, wie irgendwo im Nebenzimmer etwas zusammenbrach, mit
einer solchen Gewalt, dass das ganze Haus unter seinen Füßen zu
erzittern schien, und mit einem Male drängten nicht nur Licht und
Hitze zu ihnen herein, sondern auch lodernde, fast weiße Flammen,
unter deren Berührung selbst die Luft zu schmelzen schien.
Ohne auch nur darüber nachzudenken, was er tat, zerrte Andrej
Arslan zum Fenster, umschlang ihn mit beiden Armen und sprang.
Das Fenster lag im dritten Stockwerk des Gebäudes. Arslan, der
trotz Schmerzen und Todesangst noch zu begreifen
Weitere Kostenlose Bücher