Die Verfluchten
er. »Wir müssen hier raus!«
Der Nubier war voll und ganz damit beschäftigt, sich mit vier Gegnern zugleich zu schlagen. Einer davon war Arslan, wie Andrej erkannte, und er sah auch, dass der Hauptmann tatsächlich so gut mit
seiner Waffe umzugehen wusste, wie er befürchtet hatte. Abu Dun
blieb weder Zeit noch Luft zum Antworten, aber er hatte Andrejs
Worte ganz offensichtlich verstanden.
Mit einem gewaltigen, beidhändig geführten Hieb seines riesigen
Krummsäbels verschaffte er sich für einen Moment Luft, sprang vor
und schickte einen seiner Angreifer mit einem harten Faustschlag zu
Boden. Die drei anderen sprangen unverzüglich wieder vor, aber
damit hatte Abu Dun gerechnet. Mit einer Bewegung, die so schnell
und elegant war, dass man es einem Mann seiner Statur niemals zugetraut hätte, wirbelte er herum und zur Seite, war plötzlich hinter Arslan und seinen beiden Männern und fiel in die Hocke. Gleichzeitig vollführte sein Säbel eine weit ausholende, kraftvolle Bewegung,
wie die Sense eines Bauern, der Korn mähte. Andrejs Herz stockte.
Hatte Abu Dun nicht begriffen, dass sie hier kein Blutbad anrichten
durften?
Aber dann, im allerletzten Moment, drehte der Nubier die Waffe
ein wenig, sodass sie die Beine der beiden Krieger mit der flachen
Seite traf, nicht mit der tödlichen Schneide. Trotzdem konnte er hören, wie Knochen brachen, und einer der Soldaten sackte kreischend
zusammen und umklammerte sein Fußgelenk. Der andere stolperte
haltlos davon, fiel dann ebenfalls vornüber und riss im Sturz ein halbes Dutzend brennender Kerzen um, die beinahe augenblicklich den
mit seidenen Tüchern bespannten Diwan neben der Tür in Brand
setzten.
Das Ergebnis übertraf Andrejs schlimmste Befürchtungen. Der Diwan fing nicht einfach Feuer. Er explodierte regelrecht. Von einem
Moment auf den anderen stand die halbe Wand neben der Tür in
Flammen, und das Feuer fraß sich in Windeseile weiter und setzte
die überall aufgespannten Tücher und Schleier in Brand. Beinahe
augenblicklich erfüllte schwarzer, erstickender Qualm die Luft.
Andrej war noch weiter zurückgewichen und stand nun mit dem
Rücken beinahe an der Wand, wobei er sich mittlerweile dreier Gegner zugleich erwehren musste. Er war mindestens zwei oder drei Mal
getroffen worden. Keine der Verletzungen war schlimm, und er spürte nicht einmal den Schmerz, aber ihm war klar, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ihn einer der Männer wirklich schwer verletzte.
Das konnte er sich nicht leisten. Andrej zweifelte noch immer nicht
daran, dass er auch mit diesen drei gut ausgebildeten Soldaten fertig
werden konnte, aber wenn es irgendetwas gab, was auf keinen Fall
passieren durfte, dann waren es Geschichten von einem schwarzen
Riesen und einem sonderbaren Fremden, die wie die Teufel kämpften und selbst dann nicht zu Boden gingen, wenn man ihnen einen
tödlichen Schwerthieb versetzte. Er musste diesen Kampf beenden.
Jetzt!
Indem er das Risiko in Kauf nahm, getroffen zu werden, gelang es
Andrej, nach links auszubrechen, wodurch er es für einen Moment
nur noch mit einem Gegner zu tun hatte. Er täuschte einen blitzschnellen Hieb nach dem Hals des Mannes an, schlug das Schwert
des Angreifers mit der flachen Hand herunter und versetzte ihm eine
tiefe Stichwunde im Oberarm, die sofort heftig zu bluten begann und
höllisch wehtun musste, aber nicht wirklich gefährlich war. Der Gardist ließ seine Waffe fallen und taumelte zurück.
Andrej nutzte den winzigen Moment der Unentschlossenheit der
beiden anderen, um auch sie ein Stück zurückzutreiben.
Es gelang ihm diesmal nicht, einen Treffer anzubringen, aber er
spürte, dass der Mut der Gardisten ins Wanken geriet. Blut lief über
seine linke Hand und tropfte zu Boden. Das Risiko, das er mit dem
Schlag nach dem Säbel seines Gegners eingegangen war, war zu
groß gewesen; er hatte sich verletzt. Andrej fluchte lautlos in sich
hinein. Jetzt hatte er keine andere Wahl mehr, als den Kampf rasch
zu beenden, so oder so, bevor den Männern vielleicht auffiel, dass
seine Hand zwar heftig geblutet hatte, es aber keine dazu passende
Wunde gab.
Das gesamte Zimmer war mittlerweile in flackernden Feuerschein
getaucht, aber auch der schwarze Qualm hatte zugenommen und
machte das Atmen immer schwerer, außerdem trieb er ihm die Tränen in die Augen. Und die Flammen griffen weiter mit fast unheimlicher Schnelligkeit um sich. Sie fanden nicht nur in den überall aufgehängten Schals und
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