Die Verfluchten
Seidentüchern reichliche Nahrung, sondern
auch in Dutzenden von Schälchen mit wohlriechenden Ölen und
Kräutern, die Mustafa überall im Zimmer verteilt hatte, sowie in den
kostbaren Wandteppichen und Möbeln. Von draußen waren jetzt
aufgeregte Stimmen zu hören, Schreie und Lärm und hastig durcheinander rennende Schritte. Genau in diesem Moment zerbarst eines
der Fenster unter der Hitze mit einem gewaltigen Knall und überschüttete Abu Dun, Arslan und die beiden Gardisten, die ihn im
Kampf mit dem Nubier unterstützten, mit einem Hagel aus glühenden Glasscherben. Einer der Krieger taumelte zurück und griff sich
an die Wange, auf der plötzlich eine klaffende Wunde zu sehen war.
Sein Schmerzensschrei ging jedoch in einem unheimlichen, dumpfen
Laut unter, denn nun fing auch die mit Holz getäfelte Decke Feuer.
»Feuer!«, schrie Andrej überflüssigerweise. »Bringt euch in Sicherheit! Raus hier!«
Tatsächlich zögerten die beiden Männer, die noch vor ihm standen,
und auch Arslan prallte einen Schritt zurück und starrte zur Tür. Die
gesamte Wand rechts und links davon stand in Flammen, und es
konnte nur noch Augenblicke dauern, bis es das Feuer vollkommen
unmöglich machte, das Zimmer zu verlassen. Hätte Andrej die Gelegenheit ausgenutzt, seine Gegner zu überwältigen, wäre es ihm in
diesem Moment zweifellos gelungen. Stattdessen sprang er einen
halben Schritt zurück, senkte sein Schwert um eine Winzigkeit und
deutete mit der Spitze der Damaszenerklinge auf den Mann, den er
an der Schulter verletzt hatte. Er war auf die Knie gesunken und
presste mit schmerzverzerrtem Gesicht die Hand auf die Wunde. Blut
quoll rot zwischen seinen Fingern hervor, und es fiel Andrej schwer,
der Verlockung zu widerstehen, die von dem Anblick ausging. Aber
es gelang ihm.
»Lauft!«, schrie er. »Nehmt euren Kameraden und lauft!«
Die beiden Männer zauderten einen letzten, winzigen Moment,
dann aber steckten sie ihre Waffen ein, ergriffen ihren Kameraden
und schleiften ihn rasch zur Tür.
Auch Arslan hatte sein Schwert nicht wieder erhoben, sondern maß
Andrej mit einem vollkommen fassungslosen Blick, gab seinen Kriegern dann aber einen Wink, von Abu Dun abzulassen und sich um
ihre verwundeten Kameraden zu kümmern, von denen einer bewusstlos, der andere mit schmerzverzerrtem Gesicht sein gebrochenes
Bein umklammernd auf dem Boden lag. Dann zog er hastig den Kopf
ein, als er sah, dass sie mittlerweile unter einem regelrechten Baldachin aus Flammen kämpften. Die gesamte Decke hatte Feuer gefangen, und auch der Qualm war noch einmal dichter geworden. Andrej
konnte kaum noch etwas sehen, und obwohl er sich bemühte, möglichst flach zu atmen, spürte er ein immer stärker werdendes Beißen
und Kratzen im Hals, und auch das bisschen Luft, das seine Lungen
überhaupt noch erreichte, schien in Flammen zu stehen. Sie mussten
hier raus. Feuer gehörte zu den wenigen Dingen, die sie genauso zu
verletzen und auch zu töten vermochten wie ganz normale Menschen.
Dennoch lief er immer noch nicht zur Tür, sondern sah sich nach
Mustafa und Salil um. Salil drängte sich genau in diesem Moment
rücksichtslos durch die Tür, wobei er einen der verwundeten Gardisten einfach aus dem Weg stieß, von Mustafa jedoch war keine Spur
zu sehen. Andrej warf einen hastigen Blick zur Tür hin, aber Abu
Dun, der die Frage in seinen Augen gelesen haben musste, schüttelte
nur den Kopf.
Fluchend fuhr Andrej auf dem Absatz herum und stürmte ins angrenzende Schlafzimmer. Es schien leer zu sein, dann aber hörte er
ein leises Wimmern, das unter dem gewaltigen Bett hervorzudringen
schien!
Andrej ließ sich auf die Knie fallen und riss ungläubig die Augen
auf. Mustafa Bo hatte sich tatsächlich unter dem Bett verkrochen, die
Knie an den Leib gezogen und beide Hände vors Gesicht geschlagen.
Er schluchzte laut.
»Komm da raus, du Feigling!«, brüllte Andrej. Mustafas Gejammer
nahm nur noch zu, und er zitterte jetzt wie Espenlaub. Andrej ersparte es sich, seine Aufforderung zu wiederholen, sondern packte kurzerhand das ganze Bett und kippte es um. Der Kaufmann nahm die
Hände herunter und starrte Andrej fassungslos an, und aus seinem
Wehklagen wurde ein erschrockenes Quietschen, als Andrej ihn grob
packte und auf die Füße riss.
»Raus hier!«, schrie er, drehte Mustafa gleichzeitig unsanft um und
versetzte ihm einen Stoß, der ihn quer durch das Zimmer bis zu Tür
taumeln ließ. Er prallte schwer gegen den Rahmen,
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