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Die Verfluchten

Die Verfluchten

Titel: Die Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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immer hier etwas zu sagen hat alarmieren. Wir können morgen Abend mit Truppen wieder hier sein,
und dann bekommst du deine Rache.«
Abu Dun hatte indessen schon eine flache Grube im Sand gebuddelt, warf seinen Mantel hinein und begann sie mit schnellen Bewegungen wieder zuzuschaufeln. Andrej fragte sich vergeblich, wie um
alles in der Welt er diese Stelle wiederfinden wollte, sagte sich aber
auch zugleich, dass das vermutlich gar nicht nötig war. Wenn Abu
Dun wirklich tat, wozu er allem Anschein nach wild entschlossen
war, würde er seine Sachen nicht mehr brauchen.
»Das ist verrückt«, beharrte er noch einmal.
»Stimmt«, antwortete Abu Dun in fast fröhlichem Ton, spannte seine gewaltigen Muskeln an und riss seine knielange Hosen an den
Bünden ein. »Und genau deshalb werden sie damit niemals rechnen.«
»Womit?«, murmelte Andrej kopfschüttelnd. »Dass wir uns freiwillig in Ketten legen lassen?«
»Die meisten Sklaven sind nicht angekettet, sondern nur mit Stricken gebunden«, erwiderte Abu Dun. »Aus wie vielen Kerkern sind
wir schon entkommen?«
»Aus so vielen, dass ich keine große Lust verspüre, noch einen weiteren kennen zu lernen«, antwortete Andrej. Aber seiner Stimme
fehlte die nötige Entschlossenheit. Ihm war von Anfang an klar gewesen, dass er Abu Dun auf gar keinen Fall von diesem Wahnsinn
würde abhalten können.
»Kommst du nun mit oder nicht?«, wollte Abu Dun wissen.
Andrej war es schon sich selbst schuldig, zumindest noch einen
Moment zu zögern, dann aber streifte er mit einem resignierenden
Seufzen den Turban ab und entledigte sich seines Kaftans, des
Schwertgurtes und aller anderen Kleidungsstücke, bis auch er nur
noch knielange, lederne Hosen trug. Sie einzureißen, um sie möglichst alt und abgetragen aussehen zu lassen, wie Abu Dun es mit
seinen Beinkleidern getan hatte, war nicht nötig. Sie waren schon
schäbig genug.
Er hatte kein gutes Gefühl, vor allem nicht, als er die kostbare Lederscheide mit dem noch ungleich kostbareren Damaszenerschwert
in seinen Mantel einwickelte. Nicht nur, weil es ihm zutiefst widerstrebte, fast nackt und waffenlos in diese Festung zu marschieren.
Das Schwert war alles, was ihm noch von seinem früheren Leben
geblieben war. Sein Ziehvater Michail Nadasdy hatte es ihm geschenkt, vor einer Zeit, die so lange zurücklag, dass er selbst dessen
Gesicht schon längst vergessen hatte. Er hatte sich in all den ungezählten Jahren seither so gut wie nie von dieser Waffe getrennt.
»Bist du sicher, dass wir die Stelle wiederfinden?«, fragte er.
»Mach dir keine Sorgen«, antwortete Abu Dun großspurig. »Du
würdest in den Wäldern deiner Heimat doch auch einen bestimmten
Baum wiederfinden, wenn du es willst, oder?«
Andrej warf ihm einen schrägen Blick zu. »Ja. Nur, dass die Bäume
dort nicht herumwandern und ab und zu ihre Form ändern.«
Der Nubier lachte rau, ging aber nicht weiter darauf ein, sondern
half Andrej, die Grube zuzuschaufeln. Dann wandten sie sich ohne
ein weiteres Wort um und huschten geduckt und weiter im Schatten
der gewaltigen Sandwellen bleibend auf die Stelle zu, an der die
Krieger ihre Sklaven zusammengetrieben hatten und darauf warteten,
auch sie in die Festung zu führen.
Sich unter sie zu mischen erwies sich als einfacher, als Andrej erwartet hatte. Es handelte sich um eine halbe Hundertschaft; größtenteils junge, kräftige Männer, die wohl die bevorzugte Beute dieser
ganz speziellen Jäger darstellten, aber auch einige Kinder und Frauen. Bewacht wurden sie von einem halben Dutzend Gestalten in
schwarzen Mänteln, die mit gezückten Schwertern dastanden und
misstrauisch jede Bewegung der Sklaven verfolgten. Aber so aufmerksam sie auch waren - keiner von ihnen konnte damit rechnen,
dass jemand irrsinnig genug war, sich von außen unter die Gruppe zu
mischen. Ohne große Schwierigkeiten gelang es Andrej und Abu
Dun, sich in die dicht gedrängte Gruppe hineinzuschmuggeln.
Die Probleme begannen erst, als sie es geschafft hatten.
Andrej verschwand zwischen den anderen Gefangenen. Seine Sorge, er würde allein wegen seines gesunden Aussehens und seiner
kräftigen Statur schon aus der Menge hervorstechen, erwies sich als
unbegründet. Die meisten Männer, die er sah, waren gesund und
machten einen wohlgenährten Eindruck. Wenn diese unglücklichen
Menschen nicht erst vor kurzer Zeit in Gefangenschaft geraten waren, dann gingen die Sklavenhändler sehr sorgsam mit ihrer lebenden
Ware um, was bei allem Zynismus, der diesem

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