Die Verfluchten
Andrej lächelnd. »Ich bin in dieses Land gekommen, weil ich die Offenheit seiner Bewohner schätze. Wenn ich Euch
also irgendeinen Anlass gegeben habe, mir zu misstrauen, dann bitte
ich Euch um Vergebung und versichere Euch, dass es gewiss keinen Grund dazu gibt.« Er machte eine - sehr langsame - Handbewegung
zur Treppe hin. »Unser Herr wartet auf unsere Rückkehr. Also geht
und holt, weswegen wir hergekommen sind.«
»Ich werde einem Christen ganz gewiss nicht verraten, wo ich meine Schätze versteckt habe«, antwortete Salil verächtlich.
Andrej nahm auch diese weitere Beleidigung mit ungerührter Miene hin. »Dann werde ich so lange hier warten, und Abu Dun wird
Euch begleiten.«
Salil setzte abermals dazu an, zu protestieren, doch Abu Dun gab
ihm gar nicht die Gelegenheit dazu, sondern legte ihm sanft eine seiner riesigen Pranken auf die Schulter, worauf Salil ächzend ein Stück
in die Knie sank und es plötzlich sehr eilig hatte, die knarrende Holztreppe nach oben zu laufen. Abu Dun folgte ihm etwas langsamer,
doch Andrej hatte das Gefühl, dass er das eigentlich nur tat, damit
die baufällige Konstruktion nicht unter seinem Gewicht zusammenbrach. Trotzdem ächzte und stöhnte sie so laut, als würde sie gleich
ganz genau das tun.
Salils Männer zögerten kurz und wollten ihrem Herrn und dem Nubier dann nacheilen, doch Andrej vertrat ihnen mit einem raschen
Schritt den Weg, und nun schlug er den Mantel zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Er ging damit ein Risiko ein, denn
zweifellos war es zum allergrößten Teil Abu Duns beeindruckender
Statur zu verdanken gewesen, dass die beiden Männer bisher nichts
unternommen hatten, aber seine Rechnung ging auf. Unter dem einfachen, dunkelblauen Mantel, den er vor wenigen Wochen erstanden
hatte, trug er nicht nur das Schwert, sondern die Kleidung eines
Kriegers. Die beiden Kerle standen einen Moment lang unschlüssig
da, dann jedoch verständigten sie sich mit einem raschen Blick, der
Andrej endgültig klar machte, dass es sich um alles andere als Diener
handelte und dass sie sehr wohl wussten, wie sie ihre gewaltigen
Körperkräfte zum Schaden eines Gegners einsetzen konnten. Im Augenblick jedoch schienen sie das nicht zu planen, denn sie machten
wie auf ein gemeinsames Kommando hin kehrt und gingen zu ihren
Plätzen neben der Tür zurück.
Es dauerte nicht allzu lange, bis Abu Dun und der Araber zurückkamen. Salil trug tatsächlich ein kleines, aus edlen Hölzern gefertigtes Kästchen in den Händen. Dicht gefolgt von den beiden Männern,
die sich ihnen schweigend und unaufgefordert anschlossen, verließen
sie das Gasthaus und machten sich auf den Rückweg.
Andrej spürte sofort, dass etwas anders geworden war. Der Wechsel war nicht sichtbar, dafür aber umso deutlicher spürbar. Das laute
Treiben auf der Straße schien plötzlich gedämpft zu sein. Furcht lag
in der Luft.
Er schloss unauffällig ein wenig dichter zu Abu Dun auf, und der
Nubier warf ihm einen raschen Blick aus den Augenwinkeln heraus
zu. Er hatte die Veränderung ebenso bemerkt wie er.
Eine Falle?, dachte Andrej. Tatsächlich hatte er mit jedem Moment
mehr das Gefühl, in eine solche zu tappen, aber welchen Sinn sollte
das haben? Schließlich beschützten sie Salil, der mit einem kleinen
Vermögen in den Händen auf dem Weg zu ihrem Auftraggeber war.
Zumindest auf dem größten Teil des Rückwegs geschah nichts Außergewöhnliches. Das bunte Treiben rings um den Basar nahm sie
wieder auf, doch diesmal wollte das Gefühl angenehmer Entspannung, das sich zuvor bei Andrej eingestellt hatte, nicht so recht aufkommen. Vielmehr hatte er in immer stärkerem Maße das unangenehme Empfinden, weiter belauert zu werden, und Abu Dun erging
es sichtlich nicht anders. Der Nubier hatte die Hand auf den
Schwertgriff gelegt, und auch Andrejs Finger schlossen sich fast ohne sein Zutun um das weiche Leder, mit dem die Klinge aus kostbarem Damaszenerstahl umwickelt war.
Sie waren noch zwei oder drei Straßen von dem Gasthaus entfernt,
in dem Mustafa Bo auf ihre Rückkehr wartete, als Abu Dun abrupt
stehen blieb und mit einem Ruck den Kopf zur Seite drehte.
»Was hast du?«, fragte Andrej alarmiert.
Der Nubier reagierte nicht, sondern stand vollkommen reglos da
und starrte in eine der zahllosen, schmalen Gässchen, die von der
Hauptstraße abzweigten. Dann stürmte er einfach los.
Andrej überlegte einen halben Herzschlag lang, was er tun sollte.
Wenn er jetzt hinter Abu
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