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Die Verfluchten

Die Verfluchten

Titel: Die Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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du?«
»Aus Siebenbürgen«, antwortete Andrej wahrheitsgemäß. »Jedenfalls bin ich dort geboren worden. Vor sehr langer Zeit.«
Salil as Salil runzelte noch heftiger die Stirn, aber damit hatte Andrej gerechnet. In den ersten Tagen, die sie in diesem Land gewesen
waren, hatte er versucht, sich bei flüchtigen Begegnungen als Araber
auszugeben. Mit seiner sonnengebräunten Haut, seinem schmalen
Gesicht und dem schwarzen Haar und Bart fiel er unter Einheimischen kaum auf, und selbst, wenn man ihm den Araber nicht abnahm, so herrschte doch gerade in den großen Städten ein derartiges
Völkergemisch, dass sich niemand über seinen Anblick oder seinen
Akzent wunderte. Aber es war mühsam, und Andrej hatte sich schon
vor langer Zeit zu Eigen gemacht, sich nach Möglichkeit an die
Wahrheit zu halten. Es war leichter, und das Leben, das er führte, seit
er zu etwas anderem als einem Menschen geworden war, zwang ihm
schon genügend Lügen auf. Darüber hinaus hatte er bald festgestellt,
dass ein Europäer im Orient nicht annähernd so sehr auffiel wie ein
Orientale drüben in Europa und dass dieses Volk, das doch angeblich
alle Ungläubigen hasste und ihnen den Tod geschworen hatte, sehr
viel toleranter mit eben diesen Ungläubigen umging, als es seine eigenen Landsleute mit den Söhnen Mohammeds taten. Solange man
nach ihren Regeln lebte und ihre Sitten, ihre Gebräuche und vor allem ihren Glauben tolerierte, ließen sie einen im Allgemeinen in Ruhe.
Möglicherweise bildete Salil as Salil da eine Ausnahme, denn sein
Gesicht zeigte einen fast angewiderten, auf jeden Fall befremdeten
Ausdruck, als er sich wieder an seinen Handelspartner wandte. »Du
hast einen Ungläubigen in deinen Diensten, Mustafa?«
»Andrej ist kein Ungläubiger«, behauptete Mustafa, der plötzlich
beunruhigt klang. »Er hat seinen eigenen Glauben, und der besagt,
dass vor Allah alle Menschen gleich sind. Und er ist der beste
Schwertkämpfer, den ich jemals gesehen habe.«
»Wohl eher der beste, den du dir leisten kannst«, sagte Salil spöttisch. Sein Blick tastete noch einmal über Andrejs Gestalt, blieb einen Herzschlag lang am Griff des Schwertes hängen, der wie zufällig
unter seinem Mantel hervorsah, und bohrte sich dann in seine Augen.
Aber nur für einen Moment. Dann schrak er regelrecht zurück, als
hätte er etwas in Andrejs Blick entdeckt, was ihn zutiefst verunsicherte.
»Ihr hattet nach mir gerufen, Herr«, erinnerte Andrej noch immer
im gleichen kühlen Ton, als wäre er hier der Herr und Mustafa sein
Bediensteter.
»Ja, sicher«, sagte Mustafa hastig. »Ich will, dass Abu Dun und du
Salil as Salil zu der Herberge begleitet, in der er untergekommen ist.
Ihr werdet dafür sorgen, dass er sicher dort ankommt, und ihn ebenso
sicher wieder zurückbegleiten. Ich warte inzwischen hier auf euch.«
»Wir beide, Herr?«, fragte Andrej zweifelnd.
»Oh, ich bin hier sicher«, antwortete Mustafa. »Ihr werdet Salil begleiten.«
Salil sah nicht so aus, als wäre er sonderlich begeistert über diesen
Vorschlag. Tatsächlich konnte Andrej sehen, wie er dazu ansetzte,
Mustafa zu widersprechen, doch dann glitt sein Blick noch einmal
über Andrejs Gesicht und sein Schwert, und er beließ es bei einem
ärgerlichen Schulterzucken. »Wenn Ihr Euch die Mühe machen
wollt.«
»Aber ich bitte Euch, Salil«, erwiderte Mustafa und begann die fleischigen, mit protzigen Ringen geschmückten Finger zu kneten. »Das
ist doch keine Mühe. Der Weg ist nicht weit, und die Zeit, in der ich
auf Euch warte, wird mir hier nicht lang werden.« Er wandte sich
direkt an Andrej. »Salil as Salil und ich sind uns einig geworden,
Andrej. Wir stehen kurz davor, einen großen Handel abzuschließen,
und sicherlich werden wir heute Abend ein großes Fest feiern können. Umso wichtiger ist es, dass Abu Dun und du für seine Sicherheit
sorgt. Und für das, was er mitbringt.«
Salils Zorn war mittlerweile kaum noch zu übersehen. Andrej hatte
nicht viel Erfahrung mit den komplizierten Verhandlungsmethoden
und Taktiken arabischer Händler, aber er besaß genug Menschenkenntnis, um zu spüren, dass Mustafa Salil ebenso wenig traute wie
dieser umgekehrt ihm. Aber auch das ging ihn nichts an. Er bedeutete
Abu Dun, der ihrem Gespräch aus der Entfernung aufmerksam gefolgt war (Andrej fragte sich belustigt, was Mustafa Bo sagen würde,
sollte er jemals erfahren, dass sie jedes Wort, das Salil und er gewechselt hatten, ohne Mühe verstehen konnten, selbst,

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