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Die Verfuehrerin

Titel: Die Verfuehrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Wahrheit sagte oder ihm nur eine ihrer höchst erfindungsreichen Geschichten erzählte. Chris konnte seinem Blick nicht standhalten und schaute auf ihre verschränkten Hände hinab.
    Pilar brach endlich das Schweigen. »Wenn ich mich vorstel-len darf«, sagte sie, mit ausgestreckter Hand auf Del zugehend, »ich bin Pilar Ellery. Ich sehe Sie heute zum ersten Mal, habe aber schon sehr viel von Ihnen gehört. Sie haben wohl nicht zufällig ein paar Lebensmittel in Ihren Satteltaschen mitgebracht? Wir mußten nämlich die letzten Tage am Hungertuch nagen.«
    Del schüttelte ihr die Hand, ohne zu lächeln, und Chris wußte, daß ihn etwas bekümmerte - außerordentlich bekümmerte, wenn er bei einer so schönen Frau nicht einmal lächelte.
    Sie entzog sich Ashers besitzergreifendem Arm und hängte sich bei ihrem Vater ein. »Es tut mir leid, daß ich dir so viel Mühe und Sorgen gemacht habe. Das war nicht meine Absicht.«
    Del blickte sie eine Weile an, und da lag Betrübnis in seinen Augen. Gab es neben der Gefahr, in der sie sich befand, noch einen weiteren Anlaß für seinen Kummer?
    »Miss Mathison, darf ich mich Ihnen vorstellen?«
    Vor ihr stand der Mann, der neben ihrem Vater geritten war. Er mußte ungefähr im gleichen Alter sein wie er, war groß, schlank, schwarzhaarig mit grauen Schläfen und hatte dieses hagere, harte Aussehen eines Mannes, der gewohnt war, körperliche Strapazen auf sich zu nehmen, sie jedoch mit einer Eleganz des Auftretens und der Bewegung verband, die man nicht erwerben, sondern nur durch wahlverwandschaftliche Bindungen über Generationen hinweg entwickeln konnte. Obwohl der Revolver an seiner Hüfte so selbstverständlich zu ihm zu gehören schien wie die Stiefel und Sporen, konnte sie sich ihn ebensogut in einem Ballsaal mit einem Weinglas zwischen den schlanken Fingern vorstellen.
    »Ich bin Samuel Dysan«, sagte er mit einer tiefen, sonoren Stimme.
    »Samuel Dysan?« Sie blickte zwischen Tynan, der etwas abseits stand, und dem älteren Mann hin und her. »Dann sind Sie es also, den Beynard...«
    »Er sucht mich?« fragte Samuel Dysan überrascht.
    »Ich hörte nur, wie er sagte, daß er seit Jahren auf der Suche nach einem Samuel Dysan sei.«
    Sam und Del wechselten einen Blick. »O ja, ich verstehe. Und wann hat er das zu Ihnen gesagt?«
    Tynan trat nun einen Schritt vor. »Sie hatte sich in den Büschen versteckt und spioniert.«
    »Spioniert für einen guten Zweck!« schnaubte sie Ty an. »Lionel war...«
    »Lionel?« sagte Del. »Willst du damit sagen, daß du etwas für diesen ungezogenen Lümmel tun wolltest, den du mir ins Haus geschickt hast? Ich habe dieses Früchtchen dreimal täglich übers Knie legen müssen.«
    »Du hast Lionel geschlagen?« entrüstete sie sich. »Er ist doch ein kleiner Junge!«
    »Auch bei dir hätte mir öfter die Hand ausrutschen sollen! Aber nein, ich hatte ein zu weiches Herz und dachte, kleine Mädchen sind eben ganz anders. Aber diesen Fehler werde ich nicht ein zweites Mal machen! Ich habe mir vorgenommen, diesen Jungen richtig aufzuziehen, damit er nicht so unvernünftig wird wie du, in großen Städten herumreist und Geschichten schreibt, die ihn in Lebensgefahr bringen. Hast du eigentlich eine Ahnung, wie viele Leute in der letzten Zeit zu mir gekommen sind und gesagt haben >Ja, die war hier und hat drei Tote hinterlassen, ehe sie weitergeritten ist!<« Er blickte Tynan an. »Dank euch beiden gibt es ungefähr hundert Leute weniger auf der Welt.«
    »Das ist nicht fair von dir«, sagte Chris. »Tynan hat nur getan, was er tun mußte. Er...«
    »Außer damals, als ich auf Rory Sayers schoß«, wandte Ty ernsthaft ein.
    Sie drehte sich zu ihm. »Was hätten Sie denn sonst tun sollen? Dastehen und sich von ihm erschießen lassen? Sie haben doch gemerkt, wie die Leute Sie herausforderten und dazu drängten, irgend etwas Aufregendes zu vollbringen. Sie konnten gar nicht anders handeln. Sie haben sich selbst schützen müssen.«
    Da hielt sie plötzlich inne, als sie begriff, was sie sagte. Sie hatte ihm eben gestanden, daß sie unrecht gehandelt hatte, als sie ihn allein im Gefängnis zurückließ. Doch das war das Ergebnis ihrer Überlegungen, die sie allerdings leidenschaftlich vortrug.
    Tynan stand da, ein strahlendes Lächeln auf dem Gesicht, und drehte sich nun zu Del um. »Sir, sie gerät nur in Schwierigkeiten, weil sie alle Ungerechtigkeiten auf dieser Welt abschaffen möchte. Ich denke, Sie haben mit ihrer Erziehung eine verdammt gute

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