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Die Verführung des Mondes (German Edition)

Die Verführung des Mondes (German Edition)

Titel: Die Verführung des Mondes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Kaiser
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Schulaufführung, meine Mutter meinte, Musik sei wichtig für die Entwicklung und hat mich zum Schulchor gezwungen.
    Die Band sieht mich fragend an und wartet auf eine Anweisung, was sie spielen soll.
    „Oder möchten sie lieber ohne Begleitung singen, Ma’am?“, fragt mich derjenige der wie der Kapellmeister aussieht leise. Bloß nicht. Ich überlege kurz, ob es vielleicht weniger peinlich wäre, einfach auf der Bühne ohnmächtig zu werden, ich fühle mich gerade, als ob ich das nicht mal spielen müsste. Letztendlich habe ich dann aber zu viel Angst davor, mir beim Fallen den Kopf aufzuschlagen und mein schönes Kleid vollzubluten und entscheide mich für Singen als das geringere Übel. Ich flüstere dem Kapellmeister eine Anweisung ins Ohr. Er nickt lächelnd.
    Die Band fängt an zu spielen und ich beginne zu singen:
     
    I won't dance, don't ask me
    I won't dance, don't ask me
    I won't dance Monsieur with you …
     
    Ich liebe diesen alten Klassiker, den schon Ginger Rogers und Fred Astair gesungen haben. Ich wandel den Text einfach an ein paar Stellen ein bisschen ab. Ich stehe auf der Bühne und alle starren mich an. Zum Glück trage ich die formende Unterwäsche, fällt mir in dem Moment ein, wenn schon jeder guckt, will ich zumindest schlank aussehen. Als ob ich keine anderen Probleme hätte …
     
    Ich singe darüber, dass mein Tanzpartner ein reizender, guter Tänzer ist und ich völlig überwältigt und hingerissen von ihm bin, wenn er mit mir tanzt, ich aber trotzdem nicht mit ihm tanzen möchte.
 
    Ich schaue vorsichtig in Phillips Richtung und singe weiter. Er starrt mich fasziniert an und grinst amüsiert, irgendwie … schadenfroh? Ich schaue schnell wieder weg.
 
    Dann besinge ich, dass Tanzen mit ihm nicht nur eine Sache des Kopfes ist und ich nicht aus Stein bin. Schließlich nehme ich meinen ganzen Mut zusammen und schaue ihm jetzt genau in die Augen. Vielleicht gelingt es mir ja auch, ihn ein bisschen nervös zu machen.

„ Wenn Du mich in den Armen hältst, dann will ich nicht tanzen “ lautet der Inhalt der letzten Strophe. Und das will ich tatsächlich nicht, ich will ganz andere Dinge mit ihm machen als zu tanzen und ich glaube, dass er das auch ganz genau weiß. Um es aber noch deutlicher zu machen, versuche ich es mit einem gewagten Augenaufschlag in seine Richtung.
    Hah! Irgendwie hört er auf so amüsiert und süffisant zu lächeln und ich könnte schwören, dass er sich gerade an seinem Champagner verschluckt hat, an dem er einen Moment vorher noch so entspannt genippt hatte.
     
    Endlich ist das Lied vorbei und ich kann aufhören zu singen und tatsächlich applaudieren alle, ich bekomme mehr Applaus, als es die reine Höflichkeit gefordert hätte. Mein Auftritt hätte wohl schlimmer sein können. Dennoch verlasse ich die Bühne geradezu fluchtartig und versuche möglichst unauffällig zurück zu unserem Platz zu gelangen.
    Phillip steht, wieder ganz Gentleman, neben meinem Stuhl als ich am Tisch ankomme und hilft mir beim hinsetzten. Seine Augen wirken noch dunkelblauer als sonst, seinen Blick kann ich nicht deuten.
     
    Samantha erzählt wieder und zerrt gerade ihr nächstes Opfer auf die Bühne, der Hut den sie zum Sammeln der Spenden für meine Gesangseinlage herumgegeben hat, kommt bei unserem Tisch an. Phillip zückt sein Scheckbuch und schreibt irgendeine Summe darauf, zögert kurz und lässt den Scheck in den Hut fallen. Er sieht mich an und greift nach meinem Arm.
    „Ich bin dafür, dass wir unauffällig verschwinden“, flüstert er mir zu, „bevor mir noch ein ähnlicher Fehler unterläuft und ich gezwungen werde auf Händen zu laufen, oder so etwas in der Art !“ Ohne meine Antwort abzuwarten, nimmt er meinen Arm und bugsiert mich Richtung Ausgang.
     
    Sie ist absolut unglaublich. Er weiß zwar immer noch nicht so ganz, was ihn dazu bewegt haben mag, eine wildfremde Frau auf so einen Ball mitzunehmen, aber er hat es noch keine Sekunde bereut. Irgendwie fühlt er sich zu ihr hingezogen, wie die Motte zum Licht. Er hat beim Tanzen kaum seine Finger von ihr lassen können, das Gefühl ihrer nackten Haut war nahezu elektrisierend.
     
    Er sieht sie an, während sie die Bühne hochklettert. Das arme Ding wirkt, als wolle es am liebsten umgehend im Erdboden versinken. Sie tut ihm schrecklich leid, gleichzeitig fällt es ihm schwer, ein Lachen zu unterdrücken. Sie beugt ihren Kopf Richtung Band und schließt dann einen kurzen Moment die Augen. Als die Musik

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