Die Verfuehrung einer Fremden
in ihren perfekt gebügelten Anzügen und zurück mit gegelten Haaren getroffen hatte. Überrascht sah ich ihn an.
„Vielleicht sage ich das nur, weil ich betrunken bin. Aber ich hätte da einen Vorschlag. Wie bekommt man seinen Ex-Partner am Besten zurück? Mach ihn eifersüchtig.“
Ben redete wie einer dieser Ex-Zurück-Ratgeber im Internet, die ich in den letzten Tagen immer wieder studiert hatte. Wahrscheinlich hatte auch er sich bereits mehrere dieser dubiosen Ratgeber heruntergeladen, wenn nicht sogar gekauft.
„Ich helfe dir, deinen Matt zurück zu bekommen wenn du mir hilfst, Alicia zurück zu kriegen. Du siehst gut aus, ich sehe gut aus, es wird ein Kinderspiel sein, die Beiden eifersüchtig zu machen. Was denkst du?“
Völlig perplex sah ich ihn an. Schlug mir dieser fremde Mann, den ich kaum kannte und von dem nicht mal genau wußte, ob ich ihn total unsympathisch oder nur ein bißchen nervig fand, gerade wirklich vor, seine Freundin zu spielen, um unsere Expartner zurück zu bekommen? Ben schien meine Zweifel zu riechen.
„Komm schon. Vertrau mir. Eifersucht ist effektiver als alles, was du dir vorstellen kannst. Stell dir vor, wie Matt uns zusammen sieht. Alles, was er denken wird ist ‚Wow, ich war ein Idiot sie gehen zu lassen. Und jetzt hat sie diesen tollen, gutaussehenden Mann an ihrer Seite‘ und er wird nichts mehr wollen, als wieder mit dir zusammen zu sein.“
Ich ignorierte Bens erneuten Anflug von Selbstverliebtheit und dachte kurz nach. Im Grunde hatte er Recht. Wenn Matt mich mit einem Mann wie Ben sehen würde, würde er zwar einerseits denken, dass ich irgendwie an Geschmacksverirrung leide- denn ich teilte auch meine Abneigung gegen die glitzernde Welt der Banker und Finanzleute mit ihm- aber gleichzeitig würde er eifersüchtig sein. Warum es nicht einfach versuchen, zu verlieren hatte ich sowieso nichts mehr. Der Gedanke, Matt verloren zu haben, trieb mir wieder fast die Tränen in die Augen und ich versuchte, ihn schnellstmöglich wieder zu verdrängen.
„Okay.“ hörte ich mich sagen. „Lass es uns tun.“ Meine eigene Spontanität überraschte mich.
Ben grinste und sprang auf mich zu wie ein kleiner Schuljunge, bevor er mir auf einmal einen Kuss auf die Wange drückte und mich dann fest umarmte. Ich blieb steif wie ein Brett, kam dies doch völlig unerwartet für mich. Während er mich umarmte stellte ich fest, wie gut Ben trotz all dem Alkohol roch. Ich roch zwar den Whiskey, dieser wurde aber fast völlig überdeckt von seinem Eigengeruch, gepaart mit etwas frischem Schweiß und After-Shave. Als er mich los ließ, wurde mir schmerzlich bewußt, wie sehr ich die Berührung Matts vermisste, obwohl unsere Trennung erst eine Woche her war. Neben Matt als Person selbst vermisste ich die Körperwärme, die Zweisamkeit und auch den Sex und mein Körper schien nach all dem zu schreien, gerade jetzt, gerade in diesem Moment. Ben sah mir in die Augen, sein Lächeln war erloschen. Mit seinen stattlichen 1,88 Metern- wie ich schätzte- musste er deutlich zu mir herabsehen, denn ich war nur 1,63 Meter klein. Ich fragte mich selbst, was es war, dass meinen Körper diese kurze Berührung so sehr hatte genießen lassen. Sein flüchtiger Kuss brannte noch immer auf meiner Wange. Ich kannte diesen Mann nicht und er war mir nicht einmal sympathisch, stand für alles, was ich ablehnte. Und dennoch- Fühlte ich mich in diesem Moment unglaublich zu ihm hingezogen. Vielleicht war es der Alkohol, vielleicht aber auch vermisste ich Matt einfach zu sehr. Ben schien irgendetwas in meinen Augen erkannt zu haben, denn seine nächste Frage brachte mich fast zum Erröten.
„Hast du schonmal mit einem völlig Fremden geschlafen, ganz ohne Verpflichtungen, einfach nur, um den Moment zu genießen?“
Ich war sprachlos. Als 18- oder 19-jährige hatte ich ein paar One-Night-Stands gehabt, aber das war lange her. Und die Situationen waren anders gewesen. Ich war nicht frisch verlassen worden, ich liebte keinen Anderen und normalerweise ging allen One-Night-Stands eine Party zuvor und nicht eine neunstündige Arbeitsschicht. Gerade, als ich etwas sagen wollte, griff Ben nach meinen Hüften und zog mich an sich heran, drückte mir in Sekundenschnelle einen Kuss auf die Lippen. Seine Lippen fühlten sich heiss an und waren sehr weich, als hätte er gerade Labello benutzt, während sein Drei-Tage-Bart mir leicht in die Wange piekste. Ein wohliger Schauer durchfuhr meinen ganzen Körper. Ich
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