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Die Vergangenheit des Regens

Titel: Die Vergangenheit des Regens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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uns.«
    Â»Ach, Scheiße!«, winkte Bestar ab. »Und wer hat unsere Seile durchgeschnitten, ohne dass wir das mitgekriegt haben?«
    Â»Womöglich haben Vögel sie durchgeknabbert«, mutmaßte Rodraeg. »Aber das ist doch nicht so wichtig. Hier oben herrscht eine Magie, stärker als alles, was ich unten jemals erlebt habe. Und dank der Riesen habe ich inzwischen schon so einiges erlebt.«
    Kinjo nahm den Holzstab von Rodraeg in Empfang.
    Â»Ist dies wirklich der Stab eines leibhaftigen Gottes?«, fragte der Geistertänzer andächtig.
    Â»Eines Gottes oder eines ungeheuer mächtigen Magiers.« Rodraeg nickte. »Der Unterschied zwischen beidem scheint geringer zu sein, als ich bisher dachte.«

    Der Abstieg war bedeutend einfacher als der Aufstieg.
    Statt zu klettern brauchten sie sich nur wechselseitig abzuseilen, und das Seil ließ sich immer um einen stabilen Felsblock oder eine fest verankerte Wurzel herumführen, sodass auch der Letzte von ihnen – Bestar, der Ausgeruhteste – jedes Mal von den unterhalb stehenden übrigen herabgelassen und das Seil anschließend komplett eingeholt werden konnte.
    Nach lediglich zwei Stunden kamen sie bereits auf der Höhenebene der anderen an und mussten den Berg nur noch ein Stück weit umrunden, um das Lager zu erreichen. Die Sonne stand immer noch hoch am Himmel, also waren alle wach. Es hatte dort unterdessen keine weiteren Kämpfe gegeben. Ukas lebte und stöhnte noch immer. Migal machte gute Miene zu seinen schlimmen Verletzungen. Sämtliches auch von den Toten erbeutetes Wasser war aufgebraucht.
    Rodraegs detaillierter Bericht – viele von Delphiors Aussagen konnte er noch wortwörtlich wiedergeben – wurde mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Ijugis hatte sich von der Spitze des Berges Handfesteres erwartet, mindestens eine Süßwasserquelle, aus der der Nebel sich speiste. »Wohlfeiles Geschwafel und magischer Firlefanz«, haderte er. Seine Knieverletzung sah schlimm aus, ebenso wie Jacomers etliche Schnittwunden, die sich langsam zu entzünden schienen.
    In Onouks schönen dunklen Augen jedoch leuchtete Hoffnung auf, als Rodraeg von dem Mann erzählte, der sich Delphior nannte. »Meinst du denn, dass du tatsächlich eine Richtung bestimmen kannst, Kinjo?«
    Kinjo hielt den Stab hintereinander in alle erdenklichen Tendenzen. Nur in einer einzigen ertönte im Innern des Stabes das Geräusch fallender Reiskörner. Es prasselte, bis das Prasseln endete. Dann drehte Kinjo den Stab auf den Kopf, und es prasselte erneut. »Das ist ein Regenstab, wie ihn auch die Eingeborenen meines Waldes herstellen. Normalerweise machen die Körnchen in ihm immer ein Geräusch, egal, in welche Richtung man ihn hält. Dieser hier ist jedoch anders. Er weist uns tatsächlich einen Weg.«
    Â»Darf ich mal?«, fragte Onouk, und Kinjo händigte ihr vorsichtig den Stab aus. Sie hielt ihn in alle Richtungen und drehte ihn auch mehrmals um und um – aber kein an fallenden Regen gemahnendes Geräusch erklang. Mit einer beinahe ehrfürchtigen Verbeugung vor Kinjo gab sie ihm den Stab zurück.
    Â»Wir müssen jetzt nur noch eine Frage klären«, sagte sie. »Gehen wir alle? Das heißt: Nehmen wir Ukas und Migal mit? Oder bilden wir einen schlagkräftigen Trupp, der das Tier aus der Trommel vertreibt, während dieses Lager beibehalten wird und die leichter Verwundeten die Schwerverwundeten bewachen?«
    Â»Wir können niemanden zurücklassen.« Rodraeg schüttelte den Kopf. »Zwischen uns und der Bago liegen womöglich noch mehrere Tage Wegstrecke. Wer weiß, ob wir anschließend, wenn es tatsächlich regnet, wieder einen Weg zurückfinden?«
    Â»Mit Tjarkas Hilfe finden wir doch jeden Weg«, widersprach Onouk.
    Â»Aber nur, wenn es einen gibt. Was ist, wenn es wirklich richtig heftig regnet? Wenn sich reißende Flüsse bilden, weil der Boden zu trocken ist, um das ganze Wasser aufzusaugen? Was ist, wenn die verbliebenen Kenekenkelu vollkommen durchdrehen und unsere Verwundeten massakrieren, weil die nur noch zu viert oder fünft sind? Wir müssen alle mitnehmen, so strapaziös das auch ist.«
    Â»Ich trage Migal huckepack, das ist überhaupt kein Problem«, sagte Bestar grinsend. »Wenn wir in Taggaran auf einem Fest waren, und Migal hatte mehr gesoffen als ich, habe ich ihn auch immer heimgetragen.«
    Â»Und

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