Die vergessene Frau
geschrieben wurde, und zwang sich, den Artikel zu lesen, in dem angedeutet wurde, dass sie eine ungewöhnlich »enge« Beziehung zu dem schwarzen Gärtner der Stanhopes unterhielt.
Franny schloss die Augen. Es würde sich nicht vermeiden lassen, dass sie mit Max darüber sprach. Sie wollte sich lieber nicht ausmalen, wie er darauf reagieren würde.
»Du weißt, dass das alles erfunden ist, oder?«, sagte Franny an diesem Abend ernst zu Max.
Er drehte ihr den Rücken zu. »Ich will nicht darüber sprechen.«
Franny wusste, was ihn umtrieb. Sie musste an das alte Sprichwort denken: Wo Rauch ist, ist auch Feuer. Es hatte so viele Gerüchte über sie und andere Männer gegeben, dass ihr Mann ihr nicht mehr glaubte, wenn sie wieder einmal alles abstritt.
»Liebling, ich schwöre dir …«, setzte sie an.
»Lass es gut sein, Franny.«
Auch wenn ihr Mann ihr energisch ins Wort fiel, konnte sie die Sache keinesfalls auf sich beruhen lassen. »Das sind nur bösartige Gerüchte, glaub mir.« Sie merkte, wie sie sich zu ärgern begann. »Die hundertprozentig von deiner kostbaren Hilda in die Welt gesetzt wurden.« Eigentlich hatte sie den letzten Satz für sich behalten wollen, aber sie konnte nicht anders. Sie wusste einfach, dass die alte Krähe dahintersteckte, die immer wieder versuchte, einen Keil zwischen Max und sie zu treiben.
Max sah sie scharf an. »Du solltest einen guten Grund haben, wenn du jemanden so beschuldigst.«
»Aber …«
»Frances. Ich habe es dir gesagt. Ich möchte nicht weiter darüber sprechen.«
Franny gab auf. Wenn Max so war wie jetzt, war mit ihm nicht zu reden.
Max hatte zwar behauptet, dass er die Geschichte nicht glaubte, aber trotzdem kostete sie Leonard den Job. Als Franny am folgenden Montag in den Garten kam, war Leonard nirgendwo zu finden. Stattdessen schnitt ein älterer Mann die Pflanzen zurück.
Am Abend nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und fragte ihren Mann beim Essen, was mit ihrem früheren Gärtner passiert war.
»Er hat gekündigt«, antwortete Max knapp und sichtlich nicht gewillt, das Gespräch weiterzuführen.
Doch Franny musste mehr erfahren. »Aber warum?«, wollte sie wissen.
Max zuckte mit den Achseln. »Ich nehme an, er hat woanders eine bessere Stellung gefunden.«
»Aber das ist doch lächerlich!« Franny spürte, wie ihr Tränen der Verzweiflung in die Augen schossen. »Er war so gern hier – warum sollte er plötzlich woanders arbeiten wollen?«
»Herrgott noch mal«, erwiderte Max ungeduldig. »Woher soll ich wissen, wieso er gekündigt hat? Und wieso interessiert dich das so?«
Er löffelte weiter seine Suppe, um ihr anzuzeigen, dass sie nicht mehr von ihm erfahren würde. Doch Franny konnte sich mit dieser Antwort nicht abfinden. Sie musste wissen, was zwischen ihrem Mann und Leonard vorgefallen war. Offenbar war es so einschneidend gewesen, dass der Gärtner sich nicht einmal von ihr verabschiedet hatte.
»Du hast ihn rausgeworfen, habe ich recht?«, fragte sie plötzlich. »Du hast ihm gekündigt, weil er der einzige Mensch war, mit dem ich hier befreundet war.«
Max knallte seinen Löffel auf den Tisch. »Frances, bitte.« Sie sah ihm an, dass er seinen Zorn nur mit Mühe zügeln konnte. »Ich bin es leid, ständig diese Anschuldigungen zu hören. Ich habe wirklich nicht die leiseste Ahnung, wovon du redest. Ich habe es dir doch gesagt – ich habe nichts mit Leonards Kündigung zu tun. Können wir es dabei belassen?«
Sie schaute ihn lange finster an, denn sie wollte keinesfalls einknicken. Aber wozu sollte sie diesen Streit überhaupt fortführen?, dachte sie dann erschöpft. Er würde sowieso alles abstreiten.
»Na schön«, sagte sie. »Wie du willst.« Sie warf ihre Serviette auf den Tisch, stand auf und marschierte aus dem Raum.
Erst nach einer Weile kam Max ihr nach. Sie lag verweint in ihrem Zimmer auf dem Bett. Als er eintrat, drehte sie sich nicht um. Er ging zu ihr, setzte sich neben sie auf die Matratze und legte sanft die Hand auf ihre Schulter.
»Ist alles in Ordnung?«
Nein, dachte sie; gar nichts war in Ordnung. Sie wusste überhaupt nicht mehr, wer sie war. Vor nicht einmal einem Jahr hatte es so ausgesehen, als liefe alles bestens für sie. Und plötzlich war sie völlig unwichtig geworden – eine Ehemalige. Was war schiefgelaufen? In letzter Zeit hatte sie sich oft darüber den Kopf zerbrochen, und die Antwort schien auf der Hand zu liegen: Es lag an Max. Bis sie ihn kennengelernt hatte, war es für sie immer nur
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