Die vergessene Frau
aufwärtsgegangen.
Sie drehte sich zu ihm um, völlig frustriert und ohne noch an ihren Streit von vorhin zu denken. »Du bist schuld daran, dass ich keine Engagements mehr bekomme, stimmt’s? Ich wette, du hast Lloyd angewiesen, mir keine Rollen mehr anzubieten.«
Max sah sie fassungslos an. »Warum sollte ich so etwas tun?«
»Weil …« Sie stockte. »Weil du mich ganz für dich allein haben willst. Du glaubst, wenn du mich nur lange genug in diesem – diesem Gefängnis einsperrst, dann gebe ich irgendwann meine schauspielerischen Ambitionen auf und werde die gehorsame Ehefrau, die du dir immer gewünscht hast.«
Max wich zurück und schaute sie getroffen an. »Wie kommst du darauf, dass ich so etwas tun würde?«
Er wirkte so verletzt, so schockiert über ihre Anschuldigungen, dass Franny bei ihrem verbalen Angriff ins Schlingern kam. Täuschte sie sich vielleicht in ihm? Oder versuchte er nur, sie zu verwirren?
»Ich weiß es nicht«, antwortete sie schließlich. »Ich weiß es wirklich nicht. Ich weiß nur, dass es mit meinem Leben ständig bergab geht, seit ich dich kennengelernt habe.«
Damit vergrub sie das Gesicht in den Kissen und begann wieder zu weinen.
Es blieb lange still. »Es tut mir leid, dass du so empfindest«, sagte Max nach einer Weile. »Ich schwöre dir, dass ich nie beabsichtigt habe, dein Leben zu ruinieren.« Dann stand er auf und ging aus dem Zimmer.
Das Thema kam nicht mehr zur Sprache. Max musste noch am selben Abend nach Chicago fliegen, und als er drei Tage später zurückkam, tat er so, als wäre ihre Auseinandersetzung vergessen.
Doch das war sie nicht. Die verletzenden Worte waren gefallen und hatten sich unauslöschlich eingeprägt. Franny und Max begannen sich zu entfremden, und sie wusste beim besten Willen nicht, was sie dagegen unternehmen sollte – und ob sie das überhaupt wollte.
Ein paar Wochen darauf war Gabriel mit der Schule fertig. Er hatte vor, zwei Monate durch Europa zu reisen, bevor er im Herbst in Stanford zu studieren anfangen würde. Obwohl Gabriel sich Franny gegenüber immer noch so kühl gab wie vor einem Jahr, hatte er sich offenbar insgeheim ein bisschen für sie erwärmt, denn vor seiner Abfahrt nahm er sie beiseite und bat sie, auf Olivia aufzupassen, während er unterwegs war.
Franny hatte schon gemerkt, dass etwas mit ihrer Stieftochter nicht stimmte. Nachdem Olivia sich im vergangenen Jahr ganz vorsichtig geöffnet hatte, schien sie sich in letzter Zeit wieder in ihr Schneckenhaus zurückzuziehen. Sie war lustlos und verschlossen und sprach kaum noch. Max machte sich ebenfalls Sorgen. Aber Franny fühlte sich so verloren und orientierungslos, dass es ihr schwerfiel, auf jemand anderen aufzupassen.
Nervös wartete Lily im Brown Derby auf ihre Freundin. Sie hatte Franny mühsam überreden müssen, sie hier zu treffen. Das Brown Derby war das Restaurant für Geschäftsessen schlechthin in Hollywood. Wer in L. A. etwas auf sich hielt, aß hier einen Cobb Salad, der angeblich hier erfunden worden war, und hoffte darauf, dass man ihn bemerkte.
»Können wir uns nicht irgendwo treffen, wo weniger los ist?«, hatte Franny gestöhnt, als sie sich telefonisch verabredet hatten. Sie wusste, dass die ganze Stadt immer noch spekulierte, ob sie sich mit Max’ Gärtner eingelassen hatte.
Doch Lily hatte sich nicht erweichen lassen. »Du kannst dich nicht ewig verstecken.« Sie hatte Mitleid mit ihrer Freundin. Es war zwar nicht das erste Mal, dass im Confidential über Franny berichtet worden war, diesmal war der Artikel allerdings besonders gemein gewesen. Trotzdem war Lily der festen Überzeugung, dass es stets das Beste war, einem Sturm hocherhobenen Hauptes zu trotzen.
»Zeig ihnen, dass du keinen Grund hast, dich zu schämen, dann verlieren sie schon bald das Interesse«, war ihr Rat gewesen.
Lily war klar gewesen, dass das Mittagessen nicht einfach würde, aber selbst sie war entsetzt, als sie ihre Freundin sah. Franny hatte abgenommen. Ihr Haar wirkte matt, ihr Teint war fahl – und ihr berühmtes grünes Kostüm hatte einen Fleck auf der Jacke. Ihr berühmtes Strahlen war erloschen. Lily musste ihre ganze Willenskraft aufbieten, um ein Lächeln auf ihr Gesicht zu zwingen, als ihre Freundin auf sie zukam.
»Keine Entschuldigung?«, schalt sie Franny liebevoll, als die sich in den Stuhl fallen ließ.
Franny schaute sie verständnislos an. »Wofür?«
Lily tippte auf ihre Uhr. »Wir waren um zwölf verabredet.«
»Ach, ich dachte um halb
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