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Die vergessene Frau

Die vergessene Frau

Titel: Die vergessene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tara Hayland
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der Sommerabend so schön und warm war, hatte sie beschlossen, zu Fuß zur Oxford Street zu gehen und dort den Nachtbus zu nehmen. Ein Blick nach hinten verriet ihr, dass die Straße menschenleer war, und das bedeutete, dass sie diese Sache allein regeln musste.
    »Komm schon, Süße. Nur einen kleinen Drink mit mir.« Seine Augen flehten sie an.
    Cara seufzte. So etwas kam öfter vor, vor allem bei den jüngeren Gästen. Sie nahmen die Flirts der Hostessen für bare Münze und glaubten, dass jedes Mädchen in einem so knappen Kostüm leicht zu haben war. Cara konnte sich hervorragend ausmalen, wie der Wortwechsel zwischen diesem Burschen und seinen Kumpeln aus der Privatschule verlaufen war – wahrscheinlich hatte er mit ihnen gewettet, dass er die kleine Kellnerin flachlegen konnte.
    »Hör zu«, erklärte sie ihm fest. »Ich bin müde und will nach Hause. Und wenn du einen Funken Verstand hast, dann gehst du jetzt heim zu deiner Verlobten – Victoria, nicht wahr?«
    Sie nahm an, dass er dem nichts mehr entgegensetzen würde, und wollte sich schon an ihm vorbeidrängen. Aber der Alkohol und die Männergespräche waren ihm offenbar zu Kopf gestiegen, denn er packte sie bei den Schultern und presste sie gegen die nächste Wand.
    »Hey, nicht so schnell.« Sein Blick war kalt, und seine gutmütige Miene hatte sich in Luft aufgelöst. Sie roch den Whisky in seinem Atem. »Du kannst wenigstens nett zu mir sein, nachdem ich dir ein so großzügiges Trinkgeld dagelassen habe.«
    Cara spielte gerade mit dem Gedanken, ihm das Knie in den Unterleib zu rammen, als aus der Dunkelheit eine Stimme zu ihnen drang.
    »Hey! Was soll das werden?«
    Cara sah auf und erkannte erleichtert, dass Danny gerufen hatte, der jetzt zornig über die Straße auf sie zugelaufen kam. Sobald Hugo ihn sah, ließ er Cara los, aber bevor er flüchten konnte, hatte Danny ihn gepackt. Der erste Hieb traf den schnöseligen Burschen aufs Kinn; der nächste landete in seinem Magen und ließ ihn rückwärtstaumeln. Er wäre wohl umgefallen, wenn Danny ihn nicht am Aufschlag gepackt und wieder hochgezogen hätte, um ihn dann so vor sich hinzuhalten, dass er weiter auf ihn einschlagen konnte.
    »Du magst es wohl gern härter, wie?« Der Junge aus dem East End schlug ihm mit dem Handrücken über den Mund, sodass die Lippe platzte. Das würde bezaubernde Hochzeitsfotos geben, dachte Cara unwillkürlich. »Aber jetzt bist du gar kein so harter Kerl mehr, wie?«
    Blut blubberte aus Hugos Mund, doch Danny schien nicht aufhören zu wollen. So dankbar Cara ihm auch war, dass er sie gerettet hatte, das hatte sie nicht gewollt. Sie sah zwei Polizisten um die Ecke kommen und begriff, dass es höchste Zeit zu verschwinden war.
    »Hör auf, Danny!« Cara zog an seinem Arm, aber er ließ nicht los. Sein zornentbrannter Blick zuckte zu ihr herüber. Irgendwie musste sie zu ihm durchdringen. »Er ist es nicht wert. Komm schon, hauen wir ab«, drängte sie ihn. »Die Bullen kommen schon, und dann fährst du wieder ein.«
    Dieser Satz brachte ihn zur Besinnung.
    »Schon gut, ich hab verstanden.« Er zog Hugo hoch, bis ihre Gesichter auf einer Höhe waren, und zischte eine letzte Warnung: »Rühr nie wieder eine Frau so an.« Dann versetzte er dem anderen Mann einen letzten festen Stoß, dass er rückwärts auf den Hintern fiel.
    Cara packte Dannys Hand. »Jetzt los«, drängte sie. »Wir müssen hier weg.«
    Sie rannten die Straße hinunter und bogen in die geschäftige Wardour Street. Einer der Polizisten setzte ihnen nach, blies in seine Pfeife und rief, sie sollten stehen bleiben, doch sie hängten ihn in der Menge ab. Sobald sie außer Sichtweite waren, hielten sie ein Taxi an und kletterten hinein. Anfangs keuchten beide so schwer, dass sie kein Wort herausbrachten.
    »Danke«, schnaufte Cara schließlich. »Bin ich froh, dass du aufgetaucht bist.«
    »Kein Problem.« Danny wartete kurz ab und fragte dann: »Aber was ist mit Charlie?« So hieß der Rausschmeißer, mit dem Cara gegangen war. »Warum hat er nicht auf dich aufgepasst?«
    »Wir haben Schluss gemacht.«
    »Ach so?« Danny warf ihr einen scheelen Blick zu. »Hat dir den Laufpass gegeben, wie?«
    Sie stieß ihm den Ellbogen in die Magengrube. »Kümmer dich um deinen eigenen Kram.« Tatsächlich hatte sie mit Charlie Schluss gemacht. Er war ein netter Kerl, aber es hatte bei ihr nicht gefunkt. Nicht dass sie Danny das je verraten hätte.
    Lachend meinte er: »Entschuldige, Kleines, du weißt doch, dass ich

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