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Die vergessene Frau

Die vergessene Frau

Titel: Die vergessene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tara Hayland
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wenn es dir wirklich so schlecht geht?«
    Das andere Mädchen verzog das Gesicht. »Die habe ich schon vor einer Stunde genommen.«
    Das überraschte Cara nicht. Mel war berüchtigt dafür, arbeitsscheu zu sein. Ronan behielt sie nur in seiner Truppe, da die Kunden ihr überschäumendes Temperament liebten.
    »Ich decke dich«, bot Cara ihr wie so oft an.
    Die Augen der Rothaarigen leuchteten auf. »Wirklich?«
    »Natürlich.« Cara scheuchte sie mit einem Handwedeln weg. »Und jetzt hau ab. Bevor ich es mir anders überlege.«
    Mehr brauchte Mel nicht zu hören. Schon eilte sie davon.
    Oben im Besprechungsraum stand Ronan Carter neben seinem Boss Finnbar Sullivan und blickte in den Club. Dank des venezianischen Spiegels sahen sie genau, was sich unten abspielte, ohne dass es jemand merkte.
    »Die Kleine von Annie macht sich gut?« Finnbar beobachtete ein großes, schlankes, dunkelhaariges Mädchen, das an der Bar stand.
    Ronan folgte dem Blick seines Chefs. »Wer, Cara? Ja, die ist wirklich fleißig.«
    Er schaute zu, wie Cara ein Tablett mit Drinks nahm und auf Mels Tische zusteuerte. Er ahnte sofort, was passiert war – der Rotschopf drückte sich ständig vor der Arbeit, und Cara sprang jedes Mal für ihre Freundin ein. Sie war gut in solchen Sachen und übernahm gern Schichten, wenn eines der anderen Mädchen krank wurde oder aus familiären Gründen nicht arbeiten konnte.
    »Eine hübsche Truppe, wie?«, sinnierte Finnbar und warf einen letzten Blick in den Club unten. Zufrieden, dass der Laden lief, wandte sich der Gangsterboss vom Fenster ab und setzte sich. Er zückte eine Zigarette. »Danny kommt bald wieder raus«, bemerkte er, während er sie anzündete.
    Ronan nickte. Er hatte das schon gehört und freute sich für den Burschen. Er hätte keine achtzehn Monate im Knast verbringen wollen. Aber er war auch ein ganz anderer Mensch als Danny Connolly. Ronan hatte nie als einfacher Gauner enden wollen. Danny hingegen war ein Hitzkopf und immer auf einen Streit aus. Er saß seine Zeit stoisch ab, denn für ihn gehörte das zu dem Leben, für das er sich entschieden hatte. Er merkte gar nicht, wie schwer das für diejenigen war, die ihn liebten.
    »Annie ist bestimmt froh, wenn er wieder da ist«, kommentierte Ronan.
    Und sie war bestimmt nicht die Einzige, dachte er, den Blick wieder auf Cara gerichtet. Alle im Club wussten, dass sie in Danny verschossen war – und jeder zog sie damit auf. Sie hatte sich in den vergangenen Monaten von Grund auf verändert. Ronan dachte daran zurück, wie sie das erste Mal in seinem Büro gesessen hatte, aggressiv und abweisend zugleich. Seither war sie zu einer eleganten, weltgewandten jungen Frau herangereift. Es wäre bestimmt interessant, was Danny jetzt, wo sie erwachsen war, von ihr hielt.
    Cara arbeitete am Abend von Dannys Entlassung im Eclipse. Zwar hatten alle gewusst, dass seine Entlassung bevorstand, doch das genaue Datum hatte niemand gekannt. Gegen neun Uhr abends machten die ersten geflüsterten Gerüchte die Runde – Danny Connolly war wieder in der Stadt.
    Cara reagierte auf die Neuigkeit mit derselben gelösten Nonchalance, mit der sie inzwischen allem begegnete. Inzwischen waren zwei Jahre vergangen, und ihr gefiel der Gedanke, dass sie endlich erwachsen geworden war, dass sie nicht mehr das treue kleine Hündchen war, das Danny überall nachgelaufen war. Gut, sie hatte ihm zwar weiterhin wöchentlich geschrieben, aber das bedeutete nicht, dass sie seinetwegen in Ohnmacht fallen würde. Im Gegenteil, seit zwei Monaten ging sie lose mit Charlie, einem der Rausschmeißer im Club. Und auch wenn sie noch ab und zu an Danny dachte, so war sie doch inzwischen eindeutig zu alt für solche Mädchenschwärmereien, ermahnte sie sich, während sie an der Bar darauf wartete, dass ihre Getränkebestellung ausgeführt wurde. Sie würde Danny Connolly nicht mehr anhimmeln und ihre Zeit nicht mehr mit ihm vergeuden.
    Mitten in diesem Gedanken erstarrte sie. Denn gerade als sie sich geschworen hatte, ihn bei seiner Rückkehr mit jener lässigen Gleichgültigkeit zu begrüßen, die er verdient hatte, kam der Mann persönlich in den Club. Als sie merkte, wie rau und düster er aussah, spürte sie das altvertraute Ziehen in der Magengrube und wusste, dass ihr Danny allen guten Vorsätzen zum Trotz immer noch unter die Haut ging.
    Erst bemerkte er sie gar nicht. Zahllose Bekannte umringten ihn, klopften ihm auf den Rücken und wollten ihn auf einen Drink einladen. Es war, als

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