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Die vergessene Frau

Die vergessene Frau

Titel: Die vergessene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tara Hayland
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für immer. Und er hatte sie zurückgelassen.
    »Weg?«, wiederholte sie. »Wohin denn?«
    Annie wich ihrem Blick aus. »Weiß ich auch nicht.«
    Cara glaubte ihr kein Wort. »Nach Irland?«, wollte sie wissen. »Spanien?«
    Doch Annie antwortete ihr nicht. »Ehrlich, Herzchen, das hat er diesmal nicht einmal mir verraten.«
    Cara fixierte sie argwöhnisch. Sie hatte das starke Gefühl, dass Annie mehr wusste, als sie zugab, aber so gern Annie sie auch hatte, nichts reichte nur entfernt an die Liebe heran, die sie für ihren einzigen Sohn empfand. Nicht einmal die Polizei hatte sie dazu bewegen können, Danny zu verraten, und Cara ahnte, dass sie ebenso wenig Erfolg haben würde.
    Der bei dem Überfall angeschossene Wachmann war inzwischen im Krankenhaus gestorben. Annie weigerte sich zu glauben, dass ihr Sohn einen Mann getötet haben könnte, Cara hingegen war da weniger überzeugt. Sie dachte an die Familie des Wachmannes, an seine Ehefrau und die drei Kinder, und hoffte, dass sie sich irrte. Aber wie die Wahrheit auch aussehen mochte, sie konnte die Augen nicht vor der Tatsache verschließen, dass Danny sie sitzenlassen hatte. Natürlich konnte sie Annie keine Schuld daran geben. Dannys Mutter hatte sie von Anfang an gewarnt, dass es dazu kommen würde. Cara hatte nur nicht auf sie hören wollen. Sie war zu sehr damit beschäftigt gewesen, sich dem Müßiggang hinzugeben.
    »Und was soll ich jetzt anfangen?«, fragte Cara. In die Wohnung konnte sie nicht zurückkehren. Plötzlich hatte sie keine Arbeit und kein Dach über dem Kopf mehr. Danny hatte alles bis auf den letzten Penny eingesackt. Und was er nicht eingesackt hatte, würde die Polizei beschlagnahmen.
    Annie ging zur Küchenschublade und zog einen Umschlag heraus. »Den hat er für dich dagelassen.«
    Cara nahm ihr den Umschlag ab. Sie hatte halb gehofft, dass ein Brief darin liegen würde, aber stattdessen war er mit 10-Pfund-Scheinen vollgestopft. Sie warf einen kurzen Blick auf das Geld und schob den Umschlag Annie zu.
    »Das kann ich nicht annehmen«, sagte sie leise.
    »Ach, plötzlich bist du dir zu gut dafür?«, fragte Annie spitz.
    Cara wusste, wie die ältere Frau das meinte. Monatelang hatte sie keinen Gedanken daran verschwendet, woher das Geld kam, von dem sie lebte – es war ihr einfach egal gewesen. Warum sollte sie plötzlich Gewissensbisse bekommen? Doch sie musste immer an den Wachmann und seine arme Familie denken: So verdientes Geld konnte sie nicht annehmen.
    Sie stand auf. »Ich muss jetzt los.«
    Annie stand ebenfalls auf. »Ach, Herzchen, ich könnte mir die Zunge dafür abbeißen, dass ich das eben gesagt habe. Du weißt genau, dass ich es nicht so gemeint habe.« Plötzlich wirkte sie fast zerknirscht. »Ich bin einfach durcheinander, weil Danny so sang- und klanglos verschwunden ist. Bleib hier, du brauchst dich gar nicht um mich zu kümmern. Du weißt, dass ich immer ein Bett für dich frei habe.«
    »Danke, aber ich komme schon zurecht.« Cara hatte noch ein paar Pfund einstecken, und sie hatte Freunde, die sie hoffentlich ein, zwei Nächte auf ihrem Sofa schlafen lassen würden. Vielleicht bereute Annie wirklich, was sie gesagt hatte, doch mit ihrer Bemerkung hatte sie die Brücke zwischen ihnen eingerissen, und nun gab es kein Zurück mehr. Wahrscheinlich war das nur gut so. Cara hatte das starke Gefühl, dass sie nicht bleiben durfte, weil sie sonst immer nur auf Danny warten und ihr Leben damit zubringen würde, sich nach jemandem zu verzehren, der ihr deutlich gemacht hatte, dass sie ihm nicht wichtig genug war, um sie in etwas so Einschneidendes einzuweihen wie die eigene Flucht ins Ausland.
    Im ersten Moment schien Annie ihr widersprechen zu wollen, doch dann entschied sie sich dagegen. »Du bist mir aber nicht böse, oder?«, fragte sie stattdessen.
    Cara lächelte sie liebevoll an. »Wie könnte ich?« Sie meinte es ernst. Trotz alledem war Annie die Frau in ihrem Leben, die am ehesten so etwas wie eine Mutter für sie gewesen war.
    Die beiden Frauen umarmten sich und hielten sich lange fest, bis Cara sich schließlich löste. Annie brachte sie an die Tür.
    »Komm mich mal besuchen«, verabschiedete sie Cara, als die aus der Tür trat.
    »Ganz bestimmt.«
    Beide wussten, dass sie sich nicht wiedersehen würden. Aber irgendwie erschien es ihnen gnädiger, die Illusion aufrechtzuerhalten, dass sie immer noch etwas verband.
    Dass Danny sie verlassen hatte, traf Cara bis ins Mark. Fast zwei Jahre hatten sie wie Mann

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