Die vergessene Frau
wollen.« Als sie Olivias besorgte Miene bemerkte, drückte sie zuversichtlich ihre Hand. »Keine Angst – überlass deinen Vater nur mir. Du überlegst dir schon mal, was du anziehen möchtest.«
Gabriel zuckte mit den Achseln. »Wie du willst. Aber vergiss nicht – ich habe dich gewarnt.«
Max war auf Geschäftsreise in Genf. Als er am Abend anrief, unterbreitete Franny ihm ihre Idee. Doch so wie es aussah kannte Gabriel seinen Vater besser als seine neue junge Frau, denn er stellte kurz und knapp klar, dass er keine Party wünschte.
»Aber warum nicht?«, wollte Franny wissen.
»Weil Olivia so verschlossen ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie es genießt, wenn sich einen ganzen Abend lang alles um sie dreht.«
»Aber, Max!« Franny konnte kaum fassen, wie tief sie das enttäuschte. »Es ist ihr Sechzehnter! Natürlich sollte sie den feiern.«
»Die Entscheidung liegt wohl kaum bei dir, oder?« Max klang verärgert. »Olivia ist meine Tochter, und ich halte das für keine gute Idee.«
»Ach, verflixt nochmal«, entfuhr es Franny. Erst erklärte er ihr, sie sollte sich mit seinen Kindern anfreunden, und wenn sie endlich eine Möglichkeit sah, ihnen näherzukommen, legte er ihr Steine in den Weg. »Außerdem ist es zu spät, um noch einen Rückzieher zu machen. Ich habe ihr schon versprochen, dass sie die verdammte Feier machen darf, und es wäre gemein, sie jetzt zu enttäuschen.«
»Dann hättest du das vielleicht vorab mit mir besprechen sollen.«
Es klickte am anderen Ende der Leitung. Franny brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, dass Max einfach aufgelegt hatte.
Später rief er zurück. Bis dahin hatten sich beide beruhigt und bereuten ihren Zwist.
»Ich hätte mich nicht in die Erziehung deiner Kinder einmischen dürfen«, versicherte ihm Franny hastig.
»Nein, es war meine Schuld.« Max seufzte schwer. »Und vielleicht hast du recht – vielleicht sollten wir wirklich eine Party für sie geben.«
Franny war begeistert. Wenn die Feier ein Erfolg war, wäre vielleicht endlich der geeignete Zeitpunkt gekommen, Max von Cara zu erzählen.
Franny stürzte sich in die Vorbereitungen für die Feier. Olivia hatte am achtzehnten August Geburtstag, womit ihr nicht einmal ein Monat blieb, um alles zu planen. Ein Buffet und eine Band zu bestellen war eine Kleinigkeit – mit dem Namen Stanhope war alles zu haben. Die Gästeliste hingegen war nicht so einfach zu erstellen. Olivia hatte beängstigend wenige Freunde. Die Einladungsliste, die sie ihr schließlich überreichte, war in Gabriels Schrift verfasst, was Franny alles verriet. Natürlich war es kein Problem, genügend Gäste zusammenzubekommen. Sie konnten ein paar Geschäftsfreunde von Max einladen, dazu die Führungsriege und die Stars des Filmstudios, um dem Abend Glamour zu verleihen. Und wenn es auch ein bisschen traurig war, dass die meisten Gäste Olivia nie zuvor begegnet waren, so musste Franny doch zugeben, dass es das Mädchen selbst nicht zu stören schien. Olivia war einfach aufgeregt, dass ein ganzer Abend zu ihren Ehren geplant wurde.
Und Franny versuchte, den Abend für ihre Stieftochter zu etwas ganz Besonderem zu machen. In der Woche vor der Feier fuhr sie mit Olivia zum Einkaufen nach San Francisco. Nach einer Nacht im Fairmont brachten sie den nächsten Vormittag damit zu, im White House Kleider anzuprobieren, bevor sie im Teesalon des altehrwürdigen Kaufhauses zu Mittag aßen. Während Franny zusah, wie Olivia glückselig ihr Eisdessert in ihren Mund schaufelte, fragte sie sich unwillkürlich, ob sie sich vielleicht so um Max’ Tochter bemühte, weil sie das nicht für ihre eigene Tochter tun konnte.
Wenn Olivia an ihre große Geburtstagsfeier dachte, wurde sie einerseits ganz aufgeregt und andererseits schrecklich nervös. Wie ihr Vater gesagt hatte, vermied sie es sonst, im Zentrum zu stehen, aber nur weil sie so schnell verlegen und unsicher wurde. Insgeheim hatte sie sich immer gewünscht, bei allen beliebt zu sein und alle unterhalten zu können – so wie ihr Bruder Gabriel. In der Vergangenheit war ihr das immer wie ein fantastischer Wunschtraum erschienen, doch in letzter Zeit hatte sie das Gefühl, besser mit anderen Menschen zurechtzukommen – hauptsächlich dank ihres Bruders.
Olivias Leben hatte sich in diesem Sommer deutlich verbessert. Zwar bekamen sie ihren Vater kaum zu sehen, allerdings kamen Gabriel und sie inzwischen viel besser miteinander aus. Unter seiner sarkastischen und gelangweilten
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