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Die vergessene Frau

Die vergessene Frau

Titel: Die vergessene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tara Hayland
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ebenjenem Jungen, den Olivia an diesem Abend für sich gewinnen wollte, davonschreiten sah.
    Olivia hatte sich noch nie so elend gefühlt wie in diesem Moment. Ausgerechnet der Junge, an den sie ihr Herz verloren hatte, konnte die Augen nicht von ihrer Stiefmutter lassen. Plötzlich kam ihr das Kleid, in das sie sich so verliebt hatte, gar nicht mehr so einzigartig vor – sondern eher jung und albern und viel zu mädchenhaft. Wie hatte sie glauben können, sie könnte sich mit ihrer glamourösen Stiefmutter messen? Ihrer wunderschönen Stiefmutter, die in ihrem silbergrauen Satingewand einfach umwerfend aussah und nur aus Brüsten und Hüften zu bestehen schien; während sie, Olivia, wie ein kleines Mädchen in einem Spitzenkleidchen wirkte. Kein Wunder, dass Brett von Franny verzaubert war, dachte sie verbittert, als sie die beiden über die Tanzfläche wirbeln sah. Brett flüsterte ihrer Stiefmutter etwas ins Ohr, woraufhin die lachend den Kopf in den Nacken warf. Selbst ihr Lachen war sexy: Es klang tief und rauchig. Ihre Stiefmutter hatte noch nie so gut ausgesehen, ihr langer Schwanenhals lag frei, und ihr volles rotes Haar fiel in weichen Wellen über ihren Rücken. Das reichte Olivia. Sie drehte sich um und lief davon.
    Von der Bar aus hatte Gabriel verfolgt, was sich an der Tanzfläche abspielte, und verfluchte seine gedankenlose Stiefmutter dafür, wie sie Olivia behandelte. Während der vergangenen Wochen war er Franny gegenüber halbwegs aufgetaut, auch weil er sah, wie sie sich um seine Schwester bemühte. Aber heute Abend hatte sie alles wieder zunichtegemacht.
    Er bemerkte, dass sein Vater ein paar Meter von ihm entfernt stand, ein Glas Whisky in der Hand und den Blick fest auf Franny und Brett gerichtet. Gabriel konnte sich nur zu gut ausmalen, wie es ihn ärgern musste, dass seine frisch angetraute Frau mit einem Teenager schäkerte. Auch die anderen Gäste hatten die beiden bemerkt, und ein leises Tuscheln lief durch das ganze Fest. Gabriel konnte der Versuchung nicht widerstehen, noch einmal nachzutreten. Er schlenderte zu seinem Vater und sagte: »So wie es aussieht, wurdest du gerade durch ein jüngeres Modell ersetzt.« Er nickte zu Franny und Brett hin. »Das ging schnell, wie?«
    Es hatte so witzig geklungen, als er sich die Worte zurechtgelegt hatte, doch sein Vater fixierte ihn mit einem eisigen Blick. Augenblicklich fragte sich Gabriel, ob er wohl zu weit gegangen war.
    »Ich weiß, dass ich dir nicht immer ein guter Vater war«, sagte er steif, »aber das ist kein Grund, meine Frau zu beleidigen. Ich habe genau beobachtet, wie du sie in den letzten Wochen behandelt hast, und ich habe nichts dazu gesagt, da ich weiß, dass das mehr mit mir als mit ihr zu tun hat. Allerdings wäre ich dir dankbar, wenn du deine infamen Kommentare heute Abend für dich behalten würdest. Bei dieser Feier geht es um deine Schwester, nicht um deine kleinlichen Rachefeldzüge.« Er leerte sein Glas. »Und jetzt werde ich mich wieder unter unsere Gäste mischen. Ich würde vorschlagen, dass du das Gleiche tust.«
    Damit spazierte er davon und ließ Gabriel beschämt zurück.
    Duke Carter schlenderte durch das Gehölz, weg von den anderen Gästen, und löste dabei langsam seine Fliege. Er hasste diese Partys mit dem endlosen Geschwätz und dämlichen Gegrinse, obwohl das niemand vermutet hätte, so gut, wie er in beidem war. Aber eigentlich hatte er heute Abend gar nicht herkommen wollen. Er war nur hier, weil Lloyd angedeutet hatte, dass seine Anwesenheit von ihrem wichtigsten Investor erwartet würde. Also war er den ganzen Weg hierhergegurkt, nur um die ewiggleichen Gesichter zu sehen und die ewig gleichen Gespräche zu führen. Seine Begleiterin, eine eingebildete Schnepfe, die sich für die Größte hielt, nachdem sie in diesem Jahr einen Oscar als beste Hauptdarstellerin gewonnen hatte, ging ihm gehörig auf die Nerven, und am liebsten wäre er sofort heimgefahren. Allerdings sollte er wohl mindestens bis Mitternacht hier ausharren, weshalb er beschlossen hatte, sich wenigstens eine kleine Auszeit zu gönnen.
    Immer tiefer drang er ins Gebüsch vor, bis er unversehens auf ein altes Baumhaus stieß. Eigentlich war es wie geschaffen für eine Rauchpause. Er würde sich eine Zigarette gönnen und dann zurückkehren, nahm er sich vor. Er ging hin und ließ sich auf der dritten Sprosse nieder, doch gerade als er nach seinem Feuerzeug tastete, hörte er ein Geräusch aus dem Holzverschlag über ihm. Es klang wie

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