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Die vergessene Frau

Die vergessene Frau

Titel: Die vergessene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tara Hayland
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Olivia genau, dass es ihm sehr wohl etwas ausmachte. Sie war hin- und hergerissen. Sie wusste, dass sie eigentlich losgehen und nach Franny sehen sollte, aber sie wusste auch, dass sie damit ihren Bruder vor den Kopf stoßen würde. Sie freute sich schon auf den heutigen Tag, und sie wollte bestimmt nicht, dass Gabriel ohne sie fuhr. Sonst nahm er sie nie mit, wenn er sich mit seinen Freunden traf, doch seit ihr Vater verkündet hatte, dass er Franny heiraten würde, versuchte ihr Bruder anscheinend, sie öfter in seine Pläne einzuschließen. Sie wusste nicht recht, ob er sich anders verhielt, weil sie inzwischen älter war und er sie nicht mehr ganz so kindisch fand, oder ob er es nur tat, um ihre Stiefmutter zu ärgern. Aber warum auch immer er es tat, sie wollte diese neue Vertrautheit keinesfalls aufs Spiel setzen.
    »Wahrscheinlich hast du recht«, sagte sie zögerlich. »Fahren wir.«
    Sie wusste eigentlich nicht, was er heute vorhatte, nur dass sie am Strand ein paar seiner Freunde treffen wollten. Sie fuhren etwa vierzig Minuten auf dem Highway 1 nach Norden, dann bremste Gabriel den Mustang ab und lenkte ihn auf einen Schotterparkplatz. Abgesehen von zwei weiteren Wagen, die dort abgestellt waren, hatte Olivia den Eindruck, dass sie mitten im Nichts gelandet waren.
    »Wo sind wir hier?«, fragte sie.
    »Das wirst du schon sehen«, sagte Gabriel nebulös.
    Erst als sie ausgestiegen und an den Klippenrand getreten waren, sah Olivia die geschützte Bucht tief unter ihnen. Gabriels Freunde waren schon unten – zwei Mädchen und zwei Jungs – und lagerten unter zwei riesigen, rosa-weiß gestreiften Sonnenschirmen.
    »Wie sind sie da hinuntergekommen?«, wollte Olivia wissen. Sie konnte nirgendwo einen Weg entdecken.
    »Hier entlang.«
    Sie folgte Gabriel durch ein Gebüsch zu einem Trampelpfad, der direkt in den Fels gehauen worden war. An manchen Stellen ging es steil bergab, und die Steine waren mit schleimigem Moos überzogen. Gabriel, der diesen Weg offensichtlich schon Hunderte Male gegangen war, übernahm die Führung und trug beide Strandtaschen, während Olivia ängstlich nachfolgte. Doch schließlich standen beide auf dem Strand.
    Gabriels Freunde kamen sofort angelaufen, um sie zu begrüßen.
    »Du hast es geschafft, Kumpel!«, begrüßte ihn ein Junge und schlug ihm auf den Rücken.
    Es war ein großer, muskulöser junger Mann mit dunklen Haaren und Augen. Gabriel stellte ihn als Teddy vor. Daneben gab es noch den streberhaft wirkenden Brett mit seinen sandblonden Haaren, einem drahtigen Körper und Brille. Die zwei Mädchen in ihren Pünktchen-Bikinis hießen Trudy und April und waren beide ebenso blond wie aufgekratzt.
    Olivia kam sich plötzlich viel zu jung vor und hielt sich schüchtern abseits. Normalerweise verbrachte sie ihre Freizeit nicht einmal mit Gleichaltrigen, und hier waren alle mindestens zwei Jahre älter als sie.
    »Mir ist furchtbar heiß«, sagte Trudy, die Hübschere der beiden. »Los, wir gehen ins Wasser.« Selbst wenn sie damit die ganze Gruppe gemeint hatte, waren ihre Augen dabei fest auf Gabriel gerichtet.
    »Toll! Ich bin dabei«, sagte April und ergriff ihre Hand.
    Die beiden Mädchen rannten los zum Meer und ließen Olivia allein bei den drei Jungen stehen.
    »Hast du Lust zu schwimmen?«, fragte Gabriel seine Schwester.
    »Ich habe keinen Badeanzug mitgenommen«, entschuldigte sie sich.
    »Lass dich davon nicht abhalten«, meinte Teddy zwinkernd.
    Gabriel versetzte ihm einen Hieb auf die Schulter. »Hey! Das ist meine Schwester.«
    »Entschuldige«, sagte Teddy sofort. Er sah zu den beiden Mädchen, die im Wasser plantschten. »Ich glaube, ich gehe mal rüber und kühle mich ab.«
    Er rannte los. Olivia merkte, wie ihr Bruder ihm neidisch nachsah.
    »Mach dir meinetwegen keine Gedanken.« Sie griff in ihre Tasche und zog ein Buch heraus. »Ich bleibe einfach hier und lese.«
    Gabriel zögerte, als überlegte er, was er jetzt tun sollte. Er wusste, wie sensibel Olivia war, und wollte sie nur ungern allein lassen.
    Brett schien seinen Gewissenskonflikt zu ahnen. »Geh schon«, mischte er sich ein. »Ich bleibe hier und unterhalte Olivia.«
    Gabriel sah von seiner Schwester auf Trudy, die ihn aus dem Wasser rief. Es gefiel ihm nicht, Olivia allein am Strand zu lassen, aber wenn Brett sagte, dass er sich gern um sie kümmern würde … Er hatte einige Freunde, die er keinesfalls mit seiner kleinen Schwester allein gelassen hätte – Teddy zum Beispiel –, doch Brett war

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