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Die vergessene Insel

Die vergessene Insel

Titel: Die vergessene Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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makellosen Paradeuniform trug er
einen weißen Mantel mit Fellkragen, und die Kapitänsmütze mit dem goldenen Emblem seines Schiffes verlieh ihm etwas fast
Majestätisches.
Sein
Schnurrbart war sorgsam gezwirbelt und stand so
steif von seinem Gesicht ab, als wäre er aus Draht geflochten, und unter dem Mantel klapperte bei jedem
Schritt der Offizierssäbel gegen sein Bein. Als er seinen Sohn und Mike erblickte, unterbrach er sein Gespräch mit McIntire für eine Sekunde, um ihnen ein
freundliches Nicken zuzuwerfen, dann streckte er
dem Direktor zum Abschied die Hand entgegen. »Also
dann sehen wir uns nach den Weihnachtsferien wieder.«
»Frisch ausgeruht und bester Dinge«, bestätigte McIntire. »Und machen Sie sich keine Sorgen. Über die
paar Kleinigkeiten - « Bei diesen beiden Worten warf
er einen unheilschwangeren Blick in Pauls Richtung.
» - werden wir uns schon einig.«
Paul schien plötzlich etwas ungemein Interessantes
am Fenster entdeckt zu haben, denn seine ganze Aufmerksamkeit war auf einen imaginären Punkt irgendwo hinter Miß McCrooder gerichtet. Kapitän Winterfeld drückte McIntire noch einmal die Hand und
wandte sich dann zu ihnen um. McIntire blieb mit der
    Hand auf der Klinke unter der Tür stehen, aber Winterfeld beachtete ihn nicht mehr.
»Michael!« sagte er mit einem erfreuten Lächeln. »Wie
schön, daß wir uns wieder einmal sehen.«
Mike erwiderte Winterfelds festen Händedruck und
lächelte ebenfalls. Winterfeld schien aber sofort aufzufallen, daß irgend etwas mit Mike nicht stimmte. Er
legte den Kopf schräg und blickte ihn eindringlich an.
»Was ist los mit dir?« fragte er geradeheraus. »Du
siehst nicht aus wie ein Junge, der sich auf die Ferien
freut.«
Das liegt vielleicht daran, daß ich kein Junge bin, der
sich auf die Ferien freut, dachte Mike. Er sprach das
aber nicht aus, sondern zuckte nur mit den Schultern.
»Ärger?« erkundigte sich Winterfeld.
»Nein«, antwortete Mike, und Paul sagte im gleichen
Atemzug: »Ja.«
Der Blick seines Vaters wanderte für einen Moment
zwischen seinem und Mikes Gesicht hin und
her.
»Mike hat keinen besonderen Grund, sich zu freuen«,
erklärte Paul. »Er kann in diesen Ferien nicht nach
Hause.«
»Ist das wahr?« Winterfeld blinzelte. »Was ist
passiert?«
»Es ist so«, schaltete sich der Direktor ein. »Gestern
kam ein Brief aus seiner Heimat. Wie es scheint, herrschen in Indien wieder einmal Unruhen. Jedenfalls ist
sein Vormund der Meinung, daß es sicherer für Mike
ist, wenn er die Feiertage hier bei uns verbringt, statt
sich auf die gefahrvolle Reise in eine Provinz zu begeben, in der jeden Moment ein Bürgerkrieg ausbrechen
kann.«
Kapitän Winterfeld runzelte bei
diesen Worten die
Stirn, schwieg aber. Allein die Tatsache, daß Hieronymus Winterfeld - der immerhin ein
hoher
    deutscher Marineoffizier war - seinen Sohn auf ein
englisches Internat schickte, bewies zweifelsfrei, wie
sehr er seine privaten Dinge von politischen Rücksichtnahmen zu trennen wußte. Aber er blieb trotz allem ein deutscher Offizier, und selbst Mike, der sich
nicht die Bohne um Politik kümmerte, war nicht verborgen geblieben, wie angespannt die Lage in Europa
war. Während der letzten Monate hatte sich das Verhältnis zwischen Deutschland und Österreich auf der
einen und so ziemlich dem ganzen Rest Europas auf
der anderen Seite drastisch verschlechtert. Man munkelte sogar von Krieg, aber das hielt Mike für übertrieben.
»Das tut mir sehr leid«, sagte Winterfeld weich. »Ich
weiß, wie das ist, ich bin ebenfalls in einem Internat
gewesen, weißt du? Und die Vorstellung, auch noch
die wohlverdienten Ferien dort verbringen zu müssen...« Er schüttelte den Kopf. »Hast du sonst keine
Verwandten, zu denen du gehen könntest?«
»Nein«, antwortete Mike. Der europäische Zweig seiner Familie war mit seiner Mutter ausgestorben; das
wußte er von seinem Vormund.
»Mike ist nicht ganz allein«, sagte McIntire. »Außer
ihm werden noch vier weitere Schüler
hierbleiben,
und es gibt ja auch noch mich und einen Teil des
Lehrpersonals, das Weihnachten und Neujahr auf Andara-House verbringt.«
Leider, fügte Mike in Gedanken hinzu, zwang sich
aber gleichzeitig zu einem Lächeln und sagte: »Es
sind ja nur drei Wochen.«
»Drei Wochen können eine Ewigkeit sein«, sagte Winterfeld. Ein nachdenklicher Ausdruck erschien auf
seinen Zügen. »Vielleicht gäbe es da doch noch eine
Möglichkeit«, meinte er etwas unschlüssig.
»Welche?« fragte McIntire.
    »Nun, es ist

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