Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
Vom Netzwerk:
Mitternacht bis zur Plaza de Armas durchkommen, sollte ich wissen, wo der Würfel ist.« Er zählte darauf, dass Helena ihn zum Aufenthaltsort führen konnte. Aber würde sie überhaupt dort sein? Er war inzwischen so müde, dass er sich manchmal fragte, ob er sie tatsächlich gesehen hatte.
    »Selbst mit der doppelten Anzahl Kriegerinnen könnten wir diesen Platz nicht stürmen«, stellte Sontane klar. »Er ist wie eine Festung. Da und da sind Geschützstellungen. Sie haben Maxim-Maschinengewehre, die mehrere hundert Schuss pro Minute abfeuern können.«
    »Wir werden im Schutz der Dunkelheit vorrücken.« Acllas Stimme klang fest.
    »Wo ist der Kristallbehälter für den Würfel?«, fragte Wilson.
    »Der kommt morgen«, antwortete Aclla. »Er wird auf einem anderen Weg befördert, der sicherer ist.«
    »Wir waren besorgt, dass du uns verrätst und der Behälter dann unseren Feinden in die Hände fällt«, erklärte Sontane.
    »Es hat keinen Zweck, Risiken einzugehen«, pflichtete Wilson bei. »Schließlich ist noch nicht erwiesen, auf welcher Seite ich stehe.« Er rieb sich nachdenklich das Kinn. »Ihr müsst mich bis Mitternacht zur Plaza de Armas bringen. Und dabei dürft ihr auf keinen Fall gesehen werden. Wenn die Männer von Cusco als Kollektiv denken, müssen wir sie glauben lassen, dass ihr noch nicht da seid. Wenn sie mich sehen, meinetwegen. Mich erwarten sie ohnehin.«
    Aclla nickte. »Nur sechs von uns werden dich heute Abend begleiten, darunter Sontane, Sepla, Polix, Orelle und Ilna. Die anderen halten sich rings um die Plaza de Armas in Bereitschaft.«
    Sontane zeigte mit dem Finger auf ihn. »Wenn sie dich festnehmen, überlassen wir dich dem Tod.«
    Aclla schlug mit der Faust auf den Tisch. »Genug! Du wirst ihn wie befohlen mit deinem Leben beschützen! Verstanden?«
    »Ja, Oberste«, antwortete Sontane pflichtschuldig.
    Als Wilson zu seinem Bett ging, bemerkte er wieder die Pfützen unter den tropfenden Stalaktiten. Wilson legte sich hin, zog die Decke über sich und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Aclla ihren Brustpanzer abnahm und an die Wand hängte. Sie sah atemberaubend aus, und ihre Entschlossenheit wirkte ebenso anziehend auf ihn.
    Schließlich schloss er die Augen, setzte die Heilung seiner wunden Füße in Gang und entledigte sich seiner Rückenschmerzen. Er würde seine ganze Kraft und Schnelligkeit brauchen, wenn er den Ausflug in die Innenstadt von Cusco überleben wollte. Der Inka-Würfel war ungeheuer mächtig, wie nun immer deutlicher wurde. Er hatte Hiram Bingham in sein Netz gezogen, und noch war nicht klar, ob Wilson nicht dasselbe Schicksal erleiden würde.
    Im Hintergrund hörte er die Tropfen in unregelmäßiger Folge in die Pfützen fallen.

48.
    C USCO , P ERU
1600 M ETER VOM S TADTZENTRUM ENTFERNT
O RTSZEIT : 22.50 U HR
23. J ANUAR 1908
    Es hatte eine gute Stunde gedauert, um die sechs Kilometer vom Poroy Picchu zur Kammlinie vor Cusco zurückzulegen. Die meiste Zeit über hatten sich Aclla und ihre schwarz verhüllten Kriegerinnen darauf konzentriert, sich leise zu bewegen, und dafür das Tempo gedrosselt. Doch es gab offenes Gelände, wo Aclla befahl zu sprinten. Nachdem sie die Höhlen verlassen hatten, waren sie am Südhang des Berges hinabgestiegen, durch einen lichten Eukalyptuswald gelaufen und einem angeschwollenen Bach gefolgt, der auf einem Talrücken floss und dann nach Westen abfiel, wo Cusco lag.
    Die Stadt lag in einer großen, flachen Senke, die mehr als sechs Kilometer lang und gut drei Kilometer breit war. Rund zweihundertvierzig Meter über der Stadt erstreckte sich eine trostlose Hochebene, wo wenig wuchs. Die Bäume, die einmal rings um die Stadt gestanden hatten, waren abgeholzt und verfeuert worden, sodass es außer Dunkelheit und Regen keine Deckung mehr gab, sobald Acllas Trupp in das weite Tal hinuntersteigen würde.
    Wilson stand auf dem Kamm und schaute durch den Dunst zu den wenigen Lichtern, die die Lage der Stadt markierten. Ab und zu, wenn die Wolkendecke aufriss, konnte man erkennen, wo die gepflasterten Straßen verliefen und wo die kleinen Lehmziegelhäuser dichter beieinanderstanden. Dies war einst das Zentrum des Inka-Reichs gewesen, dachte Wilson – das Herz des heiligen Pumas, der Ort, wo Manco Cápac, der erste Inka-Herrscher, den goldenen Stab des Sonnengottes hingeworfen und verkündet hatte, dies sei der Nabel der Welt. Und genauso sah die Senke aus, wie ein gigantischer Nabel. Doch es gab auch praktische Gründe, um dort

Weitere Kostenlose Bücher