Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
Vom Netzwerk:
Kolonnade ein. Am Klang hörte Wilson, dass sie Militärstiefel trugen. Offenbar eine Zwei-Mann-Patrouille, die den Rand des Platzes entlang der Läden und Verwaltungsgebäude abging. In dem Moment wurde der Wind böig, und der Regen nahm zu. Von dem Prasseln wurden andere Geräusche verschluckt, und der heftige Guss erzeugte eine Dunstwolke unter der Kolonnade, die die Sicht verschlechterte. Wilson drückte sich dicht an die Säule. Wegen des dichten Regens würde er nun vom Platz aus nicht zu sehen sein.
    Die beiden Soldaten waren nur noch wenige Schritte entfernt.
    Er konnte sie vorbeigehen lassen, wenn er wollte.
    Er schob sich um die Säule herum in den Regen und an der anderen Seite zurück unter das Dach. Dann schlich er sich von hinten an und schlug den Männern mit aller Wucht die Köpfe aneinander. Die Schirmmützen dämpften das Knacken der Schädelknochen; dann war wieder nur das Prasseln des Regens zu hören. Wilson tat sein Bestes, um die Männer im Fall aufzufangen und auf den Boden gleiten zu lassen, doch eines der Gewehre fiel klappernd auf das Pflaster und landete in der überschwemmten Gosse. Er hatte Glück, dass sich dabei kein Schuss löste.
    Es donnerte tief und anhaltend, was zu seiner Anspannung beitrug.
    Er packte die beiden Bewusstlosen an den Füßen und zerrte sie ins Dunkel der Hauswand. Er zog dem größeren der beiden den grünen Poncho aus, um ihn sich selbst über den Kopf zu ziehen. Dann hob er die Schirmmütze vom Boden auf – sie war ein bisschen zu klein – und setzte sie auf.
    So trat er unter der Kolonnade hervor und zog das Gewehr aus dem Wasser. Jetzt kam es allein auf seinen Mut an. Sein Plan war es, auf den Brunnen zuzumarschieren und ihn einmal zu umrunden. Dann würde er wissen, ob Helena da war oder nicht. Wilson drückte das Gewehr an seine Schulter, nahm eine stramme Haltung an und ging los.

49.
    C USCO , P ERU
P LAZA DE A RMAS , K OMMANDANTUR
O RTSZEIT : 0.02 U HR
24. J ANUAR 1908
    Von der Kathedrale erklang ein einzelner Glockenschlag. Hauptmann Gonzales war krank vor Sorge um seine Familie. Er saß unter dem Vordach der Kommandantur und schaute in die Regenschleier, die über den weiten Platz fegten. Er wippte nervös mit dem rechten Bein, während er an seiner Zigarette sog, tief inhalierte und den grauen Rauch von den Lippen strömen ließ.
    Gonzales war wütend und frustriert. Er wünschte sich, bei seiner Frau und den Kindern zu sein. Bei einem Blick über die Schulter sah er die Handschellen, die an die weiß getünchte Wand geschraubt waren. Wenn Bingham, dieser Narr, ihm verraten hätte, was er wissen wollte, säße er jetzt überhaupt nicht hier. So aber musste er diesen Wilson Dowling schnappen. Er hatte ihn bereits durch die halben Anden verfolgt und trotzdem nicht zu Gesicht bekommen.
    Ich muss diesen dreckigen Bastard erwischen!
    Er musste an das sadistische Hochgefühl denken, das er empfunden hatte, als er Bingham mit der Eselspeitsche schlug. Er hatte ihn ausgepeitscht, bis Blut durch das Hemd sickerte.
    Die Hand an dem Colt an seinem Gürtel, dachte er noch einmal an den Moment zurück, als er Bingham den Lauf an den Kopf gehalten hatte. Der Wunsch, ihn zu töten, war stark gewesen. Der Amerikaner hatte ihn mit seinem ständigen Gejammer, er brauche Whiskey und Zigaretten, rasend gemacht! Ihm war egal, dass er Amerikaner war oder dass der Präsident der Vereinigten Staaten ein gewisser Teddy Roosevelt war. Der hagere Kerl vor ihm war ein alberner Dummkopf, der den Aufenthaltsort seines Freundes nicht verraten wollte. Gonzales hatte es für den richtigen Moment gehalten, um seinen verängstigten Soldaten ein Schauspiel zu bieten, das sie nicht vergessen würden. Jetzt war nicht die Zeit für Milde oder um, Gott bewahre, für milde gehalten zu werden.
    Und dennoch war er aus irgendeinem Grund unfähig gewesen, zu schießen. Wenn er nur daran dachte, kamen ihm vor Wut die Tränen.
    Wenn sich noch einmal die Chance ergab, sagte er sich, würde er entschlossen abdrücken, ungeachtet der Konsequenzen. Doch tief in seinem Inneren wusste er, dass ihn dieselbe unnatürliche Lähmung befallen hatte wie in der Kirche, als er den Säbel gegen den Bischof ziehen wollte. Wenn er gekonnt hätte, hätte er ihn niedergeschlagen ... weil er genau wusste, dass der Teufel in dem Priester steckte und nach dem Fleisch seiner Frau und seiner Kinder gierte. Hastig bekreuzigte er sich wegen dieser schrecklichen Gedanken und küsste seine Finger.
    Vergib mir, Herr,

Weitere Kostenlose Bücher