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Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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Stattdessen rannte sie an der untersten Treppenstufe entlang und schaute zur Avenida del Sol, wo der braune Strom weiterfloss.
    »Tun Sie es nicht!«, flehte Chad.
    »Das würden Sie nicht überleben!«, rief Hanna.
    Sie hatten alle drei ihre Schusswaffen in der Hand. Zum Glück war niemand sonst in diesem Wetter draußen, der sie hätte sehen können. Helena stand da und sah zu, wie Wilsons treibender Körper in der Ferne verschwand. Da Wilson nicht den Kopf hob, um Luft zu holen, fragte sie sich, ob er beim Sprung ins Wasser von einer Kugel getroffen worden war.
    Die Gewehre feuerten weiter, und Pulverdampf waberte im Regen.
    Helena lief auf die Soldaten zu, die auf den Stufen standen und auf Wilson zielten, sah ihre entschlossenen Gesichter – viele noch sehr jungenhaft – und fand es äußerst verwirrend, dass die Männer sie nicht kommen sehen konnten. Helena wollte sie angreifen! Sie schlug mit der Faust nach dem Kopf eines Soldaten, um von Wilson abzulenken, doch ihre Faust ging durch den Mann hindurch. In ihrer Verzweiflung warf sie sich in seine Schusslinie, als er abdrückte.
    Die Kugel ging durch sie hindurch.
    Ganz gleich, was Helena unternahm, sie konnte mit ihren Taten nichts ausrichten.
    Sie schaute zu dem Bischof hinauf, der sichtlich wütend über Wilsons Flucht war. Aufgebracht zeigte er auf Gonzales, dann auf Bingham, der auf dem Bauch liegend am Boden festgehalten wurde.
    »Bringt ihn in die Kirche!«, brüllte er.

54.
    C USCO , P ERU P LAZA DE A RMAS O RTSZEIT : 18.42 U HR 24. J ANUAR 1908
    Bis Gonzales auf die Füße gekommen war und das Gewehr wieder anlegte, war Wilson Dowling über seine Männer und die Sandsäcke hinweggesprungen, fast fünf Meter weit, und das mit auf dem Rücken gefesselten Händen! Gonzales war so verblüfft, dass er nicht reagieren konnte. Dowling kam auf die Beine und sprang kopfüber in den Strom, der über die Plaza de Armas donnerte.
    Das kann er nicht überleben, dachte Gonzales, nicht mit gefesselten Händen.
    Das Wasser war sehr schlammig und hatte unterwegs jede Menge Unrat mitgerissen, Dachziegel, rostige Blechteile, kleine Bäume, selbst die Teile eines zertrümmerten Holzkarrens schossen vorbei. Gonzales hatte solche Wassermassen nur einmal erlebt, als er noch klein gewesen war. Cusco lag in einer Senke, und wenn es stark genug regnete, konnte das zu reißenden Überschwemmungen führen.
    Sowie die Soldaten schossen, brüllte der Bischof: »Lasst ihn nicht entkommen!« Doch bis die Kameraden am Fuß der Treppe waren, schwamm Wilson schon der Avenida del Sol entgegen. Die Männer wussten nicht, ob sie ihn getroffen hatten oder nicht. Gonzales erwog kurz, sich ebenfalls ins Wasser zu stürzen, doch er brachte nicht den Mut auf, in diesem ekelhaften Dreck zu schwimmen.
    Gonzales brüllte jedem, den er sah, Befehle zu, einschließlich der Posten an den Maschinengewehren. »Bildet Suchtrupps! Ich will ihn tot oder lebendig!«
    Der Bischof deutete auf Bingham, der mit der Wange an die Pflastersteine gedrückt dalag. »Bringt ihn in die Kirche!«, befahl er.
    Gonzales riss den hageren Amerikaner auf die Beine, dann stieß er ihn zwischen den Sandsäcken hindurch auf das große Portal der Kathedrale zu. Dabei dachte er in einem fort an Wilson Dowlings Worte, dass er bei seiner Familie zu Hause sein sollte. Er ballte die Fäuste. Wie konnte dieser Teufel wissen, dass auch er ständig daran denken musste?
    Der Bischof stieß die Türflügel auf und ging in die dunkle Kirche hinein. »Legt den Balken vor«, befahl er, dann hinkte er langsam zum Altar im Mittelschiff. Dort ließ er sich schwer auf die Knie fallen und hob den Blick zu der lebensgroßen Jungfrau Maria, die das Jesuskind im Arm hielt.
    Gonzales schloss die Türflügel, was die Geräusche des Unwetters dämpfte. Widerstrebend löste er die Seilschlaufe und legte den großen Balken quer. Als er sich umdrehte, fiel ihm auf, wie dunkel es in der Kirche war. Es brannten nur etwa zwanzig Kerzen, sonst waren es über tausend.
    »Bitte vergib mir, was ich getan habe«, betete der Bischof mit schwacher Stimme, die zwischen den Säulen hallte. Er hielt die Hände unter dem Kinn aneinandergepresst. »Ich bin dein treuer Diener, zu jeder Zeit.« Er schien zu schluchzen.
    Gonzales stieß Bingham weiter in die Kirche hinein und ließ ihn dann an der Stelle stehen, wo Monseñor Pera elf Tage zuvor ermordet worden war. Der Blutfleck auf dem Granit war noch zu erkennen.
    Der Bischof bekreuzigte sich. »Ich glaube an den

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