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Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube

Titel: Die vergessene Sonne - Ride, C: Die vergessene Sonne - The Inca Cube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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einem billigen Horrorfilm. Doch das Entscheidende war, dass er noch atmete, und Helena würde es den Sanitätern überlassen, ihm das Blut abzuwischen, wenn sie mit der Polizei in den Zug kämen.
    Sie schaute zu Daniel Eravisto, der über den Ausgang des Zwischenfalls erleichtert wirkte. Zuerst hatte er Angst um den Vater gehabt, doch nachdem Helena ihm versichert hatte, dass dieser am Leben sei und es auch bleiben würde, hatte er sich beruhigt. Helena hatte sein Gesicht beobachtet, während der Vater voller Wut davon sprach, den Lauf der Familiengeschichte zu verändern, und ihm angesehen, dass er zweifelte.
    Jetzt kroch der Zug in den Bahnhof. Er gehörte zu einem Vierhundert-Seelen-Dorf am Ufer des Urubamba an der tiefsten Stelle des Tals. Der Himmel war bereits dunkel und der Bahnhof hell erleuchtet, auch die Straßenlampen brannten. Von ferne hörte man das Tosen des Flusses. Helenas Angst wuchs, als der Zug zum Stehen kam. Unter dem rostigen Bahnhofsdach warteten sechs Soldaten in grauer Uniform mit AK-47-Gewehren. Der Zugführer hatte ihnen die Einzelheiten des Vorfalls bereits während der Fahrt durchgegeben. Pablo hatte Helena versichert, er kenne die Soldaten – lauter Cousins von ihm – und man könne sich darauf verlassen, dass sie Don Eravisto und seine Männer in Gewahrsam nehmen würden.
    Helena war nervös, als die Soldaten an Bord sprangen, doch die Übergabe lief glatt.
    Capitán Zevallos war der verantwortliche Offizier. Er wirkte professionell und konzentriert, war dunkelhäutig, schwarzhaarig, dünn und gerade mal einen Meter fünfundsechzig groß. Er fragte wenig danach, wie Don Eravisto in die Lage gekommen war, in der er sich befand. »Unmöglich, dass eine junge Frau wie Sie das mit ihm gemacht hat, hm?«, bemerkte er bloß. Dabei musterte er Helena zweifelnd von oben bis unten. »Es ist nicht mehr nötig, die Waffe auf ihn zu richten, Señorita«, fügte er dann hinzu. »Wir haben die Situation im Griff.«
    Widerstrebend steckte Helena den Colt in den hinteren Hosenbund. Don Eravisto kam gerade zu sich, als zwei Soldaten ihn von der Sitzbank zogen. Sie legten ihm Handschellen an und trugen ihn aus dem Zug. Es war offensichtlich, dass er nicht laufen konnte und kaum wusste, wo er war. Sein Gesicht war so übel geschwollen und blutig, dass er kaum wiederzuerkennen war.
    »Don Eravisto ist hier wohlbekannt«, sagte Zevallos. »Er hat der hiesigen Schule und der Polizei viel Geld gespendet. Ich bin ihm schon häufig begegnet. Viele halten ihn für einen guten Mann. Bei allem Respekt, Señorita, wollen Sie ihn anzeigen?«
    »Er wollte mich erschießen«, antwortete Helena wie benommen. Sie versuchte noch immer zu begreifen, was eigentlich los war.
    Chad schaltete sich ein. »Seine Begleiter haben im Waschraum Kokain genommen.« Doch diese Bemerkung schien Zevallos’ Haltung kein bisschen zu beeinflussen.
    Ohne den Eisbeutel von der Nase zu nehmen, begann Pablo auf Spanisch loszupoltern, Don Eravisto sei verrückt. Er habe die Waffe auf Helena gerichtet und damit gedroht, sie zu erschießen, um seine Familiengeschichte zu ändern.
    Chad stand die ganze Zeit über mit schussbereiter Waffe im Gang, bis auch der letzte von Don Eravistos Männern in Handschellen gelegt und abgeführt war.
    »Das hier ist ein ruhiger Flecken. Es gibt selten Ärger«, sagte Zevallos. »Hier herrscht gute Energie.« Er ballte die Fäuste. »Darum haben die Inkas dort oben die Stadt gebaut, nehme ich an. Sie wussten, dass das ein besonderer Ort ist.«
    Daniel Eravisto wurde als Letzter aus dem Zug gebracht, und Helena fing seinen Blick auf. »Würden Sie mich kurz entschuldigen, Capitán? Ich würde gern ein Wort mit diesem Mann wechseln, wenn’s gestattet ist.« Zevallos deutete mit dem Gewehrlauf an, dass er nichts dagegen hatte.
    »Ich komme mit«, sagte Chad.
    »Es tut mir leid wegen Ihres Vaters.« Helena trat neben den Sohn. Der Regen prasselte auf das Metalldach des Bahnsteigs, sodass eine Unterhaltung schwierig war.
    Daniel Eravisto blieb stehen und somit auch der große Mann, an dessen Handgelenk er gefesselt war, und der Soldat, der ihn bewachte.
    »Warum hat er mich bedroht?«, fragte Helena.
    Daniel wusste nicht, was er sagen sollte. Schließlich zuckte er die Achseln. »Offensichtlich hat er den Verstand verloren.«
    »Sie werden mir doch sicher mehr sagen können als das. Er hat Sie angeblich auf diesen Moment vorbereitet. Was heißt das?«
    »Mein Vater hat ein psychisches Problem und braucht

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